Aus Stadt und Land.
Am Fuße des Dachsteins.
Hallstatt. 1. Mai.
Um fünf Uhr früh weckt mich eine furchtbare Explosion.
Was war das?
Ruhig und friedlich liegt der See. Die himmelhohen Gipfel ringsum, schon umstrahlt von der Frühsonne, wissen auch von nichts.
Da donnert's noch einmal.
Dröhnt über den See, rollt durch das Tal. Gleichzeitig setzt Musik ein. Fröhliche Marschmusik schmetternder Hörner. Dazwischen krachen drei gewaltige Schüsse weiter.
Unaufhörliches donnerndes Wogen in der Luft.
So weckt in Hallstatt der 1. Mai die Menschen.
Die Musik zieht weiter.
Bald höre ich sie schwächer, bald nähert sie sich wieder. Es ist die Musikkapelle der Hallstätter Salzbergknappen. Weiße Federbüsche wehen im Winde. Gelbe Verschnürung, gekreuzte Hämmer auf schwarzem Tuch. Merkwürdig, wie ihre Revolution an Überlieferung anknüpft. Vom anderen Ufer des Sees streben hochschnebelige Kähne Hallstatt zu. Frauen und Männer stehen an langen Rudern.
Festlich gekleidet.
Am Hallstätter Hauptplatz.
Schmuck gekleidete Arbeiterkinder mit rotem Wimpel stehen im Halbkreis um die Stufen des kirchlichen Denkmals, von denen aus der Redner sprechen wird. Hinter den Kindern Hunderte Männer und Frauen in der schmucken Tracht, die hier getragen wird. Der Redner beginnt:
„Hier im Angesichte der Berge, wo die Freiheit wohnt..."
Ja, hieher hat sie sich geflüchtet, als die Gegenreformation wütete. Hier hat sich protestantischer Trotz gegen katholischen Glaubensterror erhalten, hier steht das lutherische Gotteshaus neben der katholischen Kirche.
„Hoch der 1. Mai!" „Hoch, hoch, hoch!"
Das „Lied der Arbeit" von der schmucken Bergarbeiterkapelle angestimmt, wird von den Versammelten begeistert gesungen. Sie brauchen die Häupter nicht zu entblößen, denn sie haben die Hüte schon abgenommen, als der Redner das erste Wort gesprochen.
Der 1.Mai ist ihnen Andacht, Gottesdienst. Als das Arbeiterlied verklungen ist, leert sich der Platz. Auf dem See streben die hochschnäbeligen Kähne wieder strahlenförmig auseinander. Das Festgeräusch weicht feiertäglicher Stille.
Hallstatt ist rot, hat einen roten Bürgermeister. Und rot ist das ganze Traunviertel bis nach Ebensee.
"Eja" im "Abend".
Comments