top of page
Suche

Die Braut des Bergmanns.

Autorenbild: Gerhard ZaunerGerhard Zauner

Eine schöne Ballade von einer alten Sage über die Frau vom Mann im Salz.


Vor dem Spiegel auf den Zehen

Steht die junge Bergmannsbraut.

Ei, wie sich so selbstgefällig

Heut das munt're Ding beschaut!


Schwarzes Häubchen, schwarzes Mieder

Stehen ihr auch gar zu gut,

Und der rothen Bänder spottet

Ihrer Wangen Rosenglut.


So vom Spiegel zu dem Fenster,

Und von da nach dort zurück,

Drängt sie Magdlichkeit und Sehnen,

Und der Liebe junges Glück.


Viel zu langsam von den Kuppen

Schwindet ihr der Sonne Licht,

Ach, so seufzet sie, wie lange

Währt doch heute seine Schicht.


Und sie tritt hinaus zur Schwelle,

Wandelt hin den stein'gen Pfad,

Doch kein Bergmann will erscheinen,

Und kein Bräutigam sich nah't.


Horch, da gellt das Stollenglöckchen!

Weh' ein Unfall ist gescheh'n,

Und in Angst und grauser Ahnung

Meint die Ärmste zu vergeh'n.


Sieh, da kommt's den Bühl herunter,

Lauter Jammer füllt die Luft:

„Eingestürzet ist der Salzberg

Und den Bräutgam birgt die Gruft!"


Da, besinnunglos zur Erde

Sinkt die arme Bergmannsbraut,

Statt der Hochzeitsglocke tönte

Ach, des Todtenglöckchen Laut.


Und in Gram und Thränen schwindet

Fürder ihr der Tage Zahl,

Denn das Glück, das sie verloren,

Lächelt nicht ein zweitesmal.


Nimmer harrschet ganz die Wunde,

Wird auch milder gleich ihr Schmerz,

Denn so herber Schlag verletzet

Allzutief ein weiblich Herz.


Doch ergeben dem Geschicke,

Trägt sie was der Herr beschied,

Einsam der Erinn'rung lebend

In dem Grubenhaus am Ried.


Aber als der Tag gekommen

Der gerissen Hand aus Hand,

Steht sie wieder vor dem Spiegel

Wie am Hochzeitstag sie stand.


Schwarzes Häubchen, schwarzes Mieder,

Schmücken sie wie dazumal,

Doch von ihrer Wangen Blässe

Spricht des Herzens inn're Qual.


So, als Braut geschmücket wandert

Sie zum Kirchlein unverweilt,

Und ihr Geist entflieht zur Sphäre

Wo der Frühverlorne weilt.


Und an jedem Jahrestage

Schmückt sie sich als Bergmannsbraut,

Alten Pfad zur Kirche wandelnd

Ohne Wort und Klagelaut.


Fünf und fünfzig Lenze schwanden

So dem schwergeprüften Weib,

Silbern ist ihr Haar geworden

Und gekrümmt und welk ihr Leib.


Da zur Kirche geht sie wieder,

Einst im alten Hochzeitsstaat,

Mit dem schwarzen Wollenhäubchen,

Mit dem Röckchen von Brokat.


Sieh, was läuft das Volk zusammen,

Welch ein Lärmen und Gebraus?

Aus dem längst verfallnen Schachte

Grub man einen Knappen aus.


Blond von Haaren, roth von Wangen,

Noch geschwellt von Jugendkraft,

Wie vor vielen, vielen Jahren

Ihn der Tod dahingerafft.


Ward von ihm des Grabes Schauder

Durch die Soole doch verbannt,

Aber von der Knappschaft keiner

Der den Jügling hätt erkannt.


Da von ihrem Pfade lockt es

Auch das Mütterchen herbei,

Und sie schaut die Jünglingsleiche

Und dem Mund entfährt ein Schrei.


Denn, der noch in Jugendfülle,

Vor ihr liegt, das ist ja er,

Den seit ihrem Hochzeitstage

Sie gesehen nimmermehr.


Schluchzend sinkt sie auf die Leiche,

Ihrer selbst nicht mehr bewußt,

Neigt das Haupt und hebt es nimmer

Von des Auserkornen Brust.


So vereint ins Grab auch senkten

Sie darauf das seltne Paar,

Bräutigam mit goldnen Locken

Und die Braut mit weißem Haar.




Aus der Teufe

1802-1866 [KomponistIn]

Wien: Gerold, 1856.

81 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Comments


bottom of page