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Der Mahnruf

Autorenbild: Gerhard ZaunerGerhard Zauner

Aktualisiert: 19. Juli 2024



Am 15. November 1946 erschien der Mahnruf für Freiheit und Menschenrecht bis März 1948 als Zeitung des Bundes der politisch Verfolgten.


Der Neue Mahnruf Zeitschrift für Freiheit, Recht und Demokratie, erscheint am 1. Oktober 1948 bis Heute (Wiki). Der neue Mahnruf 1/2021 Download

Er ist die Zeitung vom KZ-Verband .



Hier sind einige Artikel aus dieser Zeitung ausgesucht, die das Salzkammergut betreffen.



Reminiszenzen. Ein Text von Fritz Wintermeier, er war Gründer der Betreungstelle ehemaliger Schutzhäflinge in Bad Ischl.


Tatsachenberichte eines Beschönigers. Hugo Walleitner, ein Ischler Grafiker wurde damals als Homosexueller von den politischen Häftlingen nicht anerkannt.


Skandalöse Behandlung von Freiheitskämpfern. 1948 Karl Gitzoller, Matthias Haslinger und Fritz Plieseis im Gefängnis.


Film: Die letzt Etappe, der erste Film aus Ausschwitz, im Lehar Kino.


4. Bundesdelegiertentag der Widerstandskämpfer und Opfer des Faschismus in Bad Goisern. Maria Stromberger, der Engel von Ausschwitz wurde geehrt.


Bad Ischl vor Zerstörung bewahrt. Die Stadt wurde noch vor dem Einzug der Amerikaner befreit. Von Franz Kain.


Neue Aktivitäten am Toplitzsee? In der Geschichte kommt mein Vater vor..






Reminiszenzen

Plastisch greifbar, in tiefster Seele aufwühlend, ersteht vor unserem geistigen Auge der 6. Mai 1945, der unvergeßliche Tag unserer Befreiung aus dem Konzentrationslager Ebensee, aus den Fängen einer todwunden, aber umso gefährlicheren Bestie.

Heute erkennen wir die ganze Größe des damaligen Geschehens. Wir waren am Ende unserer physischen und seelischen Kraft. Auch bei den Stärksten und Widerstandsfähigsten drohte eine Psychose, die im gegebenen Augenblick längst geplantes und wohldurchdachtes Handeln in Frage stellte.


Es ging in den letzten Tagen buchstäblich um das nackte Leben, alle Bande menschlicher Gemeinschaft mußten in diesem Inferno, in dieser brodelnden Masse Mensch zerreißen. Unsere Nerven waren bis zum äußersten Zespannt. Eine negative Reaktion, das heißt eine Veränderung der Situation etwa in dem Sinne, daß unsere Hoffnung auf das Kommen unserer Befreier sich in den nächsten zwei Tagen nicht erfüllte, mußte den inneren und äußeren Zusammenbruch im Gefolge haben. Wir wußten dies und waren uns über die unvorstellbaren Folgen im klaren. Potenzierte Verzweiflung einer unsagbar geschwächten, gemarterten und gefolterten Masse von etwa 18.000 Menschen im Stadium des Verhungerns mußte sich grauenvoll auswirken.

Zwei Möglichkeiten mußten ins Auge gefaßt werden: Völlige Lethargie oder Aktivierung aller Instinkte. Im letzteren Falle würde es zu einem Kampf aller gegen alle kommen und sich auswirken auf das breite Land. Verantwortungsvolle Häftlinge waren sich darüber im klaren. Es wurde geplant und gehandelt.

Die Magazine leerten sich, Jahre hindurch. den Häiftlingen entzogene Genußmittel und Bekleidung wurden ihrer Bestimmung zugeführt. Eine ad hoc aus den Reihen der Häftlinge gebildete internationale Lagerpolizei verhütete bis zur Ankunft unserer amerikanischen Befreier das Chaos.

Die SS, diese nazistische Edeltruppe, diese KZ-Schlächter, hatte sich in die Berge geschlagen, Landespolizei das Lager umstellt. Jetzt zählten wir nach Stunden. Und dann kam die unvergeßliche Nacht zum 6. Mai 1945. Friedhofstille im Lager, obwohl sicherlich nur wenige schlafen. Die Lagerpolizei, bewaffnet, durchstreift das ganze Lager, sichert die Blocks. Die immer geschäftige Fama raunt, jeder weiß etwas, niemand weiß etwas Konkretes. Furchtbar ist der Druck, der auf allen lastet. Unerträglich ist die Spannurg. Immer weiter rückt der Zeiger der Uhr. Im verschwommenen Grau zwischen Nacht und Morgen liegt, äußerlich ruhig, das Lager.


Dann Wecken wie immer. Die Blocks speien die Massen aus. Die Lagerstraßen sind gestopft voll Menschen. Am Rande der Straßen beginnt wieder das Sterben. Hungertod! Wer von uns kennt ihn nicht! Diese Ruinen, diese menschlichen Wracks, die ein Regime unfaßlicher Barbarei aus blühenden Menschen gemacht hat, sie wanken, suchen einen Halt, gleiten zur Erde. Ein letztes Aufbegehren, kaum merklich —- tot!

Irgendwer trägt ihn fort zum Krematorium. Vielleicht der Bruder, vielleicht der Vater, vielleicht der Sohn. Hart ist dieses Sterben.

noch jetzt, wo es sich nur noch um Stunden handeln kann und die Welt nimmt uns wieder auf. Um einiges. später — . wir sind wieder frei! Unfaßlich ist uns das Ganze wohl noch heute. Die verwirrende Fülle von unvergeßlichen Eindrücken, die seelische Entspannung nach den vorausgegangenen Tagen und Nächten äußerster Wachsamkeit und Aktivität — unsere Nerven versagten.

Damals-haben wir geweint. Und wir sahen Amerikaner im Lager, Kampftruppen, die alles Grauen eines Krieges gesehen und erlebt hatten, sie schämten sich nicht der Tränen angesichts dieser unsagbar dankbaren Elendsgestalten. Heute wollen wir uns erinnern, daß wir uns damals das Versprechen gegeben haben, mit ganzer Hingabe und mit all unseren Kräften für die Verwirklichung unserer demokratischen Ideale zu kämpfen. Das sind wir den ungezählten Toten, das sind wir unseren Kameraden aus allen Ländern, die unter der Tatze nazistischer Diktatur stöhnten, schuldig.

Denkt immer daran. Eine Welt ging in Trümmer. Das Antlitz. der Erde trägt untilgbare Spuren nazistischer Barbarei. Unsagbares Elend ist über die Menschheit gekommen. Uns erwächst eine heilige Verpflichtung im Gedenken an unsere Toten, an die Opfer, die eine ganze Welt gebracht hat für die Verwirklichung des demokratischen Gedankens: Wir dürfen nicht müde werden im Kampf gegen den Faschismus in all seinen Erscheinungsformen, gegen politische Indolenz und Indifferenz, die langen Hebel der Reaktion.

Wenn wir ehemaligen politischen Häftlinge nach vorwärts blicken und uns unserer Aufgaben bewußt sind, so erwarten wir von den berufenen Stellen Einsicht und Wahrung unserer Belange. Seit nunmehr Jahresfrist singt man uns ein hohes Lied, schwelgt man in Superlativen über das, was wir in den Konzentrationslagern erdulden mußten. Wir glauben fast, es geschieht in der Absicht, mit Worten schlecht verhehlte Sorge um Pfründen und Sinekuren, wenn nicht Schlimmeres, zu verbrämen.


Ihr aber, Kameraden aus aller Welt, die ihr von dem einen Gedanken beseelt seid, der Freiheit den Weg zu ebnen, wo immer ihr am Aufbau einer neuen Welt, am Aufbau eures Landes arbeitet, werbt für den demokratischen Gedanken, daß er Gemeingut werde. Hämmert in eure Gehirne den Kampfruf: Merzt den Faschismus aus durch Welt-Demokratie! Fritz Wintermeier.

Mit Gleichgesinnten, Gründer der Betreungstelle ehemaliger Schutzhäflinge in Bad Ischl.

Später Displaced Pesons Komitee








„Tatsachenberichte“ eines Beschönigers. Im ,Selbstverlag des Verfassers“ ist in Ischl ein Buch erschienen, das sich ,,Zebra, ein Tatsachenbericht aus dem Konzentrationslager Flossenbürg“ nennt, - und als Autor einen gewissen Hugo Walleitner hat.

Diese ,.Tatsachenberichte“ sind ein ganz übles Machwerk und entsprechen ganz der Psyche und Moral der "BVer“ *, das heißt also, der Grün- oder Schwarzwinkligen; diese Elemente sind jedem ehemaligen politischen Häftling in übler Erinnerung.

Hugo Walleitner trug nach den Angaben unserer Kameraden, die in Flossenbürg waren, den Winkel der Homosexuellen und war kein politischer Häftling. Als charakteristisch für seine Sudelei sei darauf hingewiesen, daß er neben anderen üblen Subjekten als Beispiel für einen ,.guten und kameradschaftlichen Oesterreicher“ einen gewissen Sepp Edlinger aus Salzburg erwähnt, der ein übler Capo im Steinbruch (Hallencapo), darüber hinaus noch ein für die Lagerinsassen gefährlicher Spitzel und Zuträger der SS war.

* BV - Berufsverbrecher


Im Mai 2022 wird Hugo Walleitner im Gedächtnisbuch Oberösterreich geehrt.

Aus der Webseite:

Das Gedächtnisbuch Oberösterreich ist eine Sammlung von Biografien zu Personen, die im Nationalsozialismus aus den verschiedensten Gründen verfolgt waren oder durch widerständiges Handeln gegen das NS-Regime ihr Leben in Gefahr brachten. Die Beiträge werden von Personen gestaltet, die einen persönlichen, örtlichen oder inhaltlichen Bezug zu ihnen haben. Das Buch ist im Linzer Mariendom und ab Herbst 2021 auch im Schlossmuseum Linz öffentlich zugänglich und wird jährlich mit neuen Biografien erweitert.







Skandalöse Behandlung von Freiheitskämpfern.


lm November 1948 wurden unter der Schweren Anklage, Diebstähle und Enbrüche verübt zu haben, die Kameraden Karl Gitzoller, Matthias Haslinger und Fritz Plieseis verhaftet. Ohne in Bad Ischl die notwendigen Erhebungen anzustellen, wurden die Genannten von der Gendarmerie ins Kreisgericht Wels überstellt und eine systematische Pressekampagne gestartet.


Schadenssummen von 30.000 bis 100.000 S wurden genannt und hämisch die Tatsache kolportiert, daß alle drei Mitglieder des KZ-Verbandes sind. Nachdem Fritz Plieseis mangels jegichen strafbaren Tatbestandes schon früher aus dem Strafverfahren ausgeschieden war, fand am 10. Mai 1949 vor dem Schöffensenat beim Kreisgericht in Wels unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten Dr. Müllner die Hauptverhandlung gegen Gitzoller und Haslinger statt, die nach zweistündiger Verhandlung mit einem völligen Freispruch mangels jeglichen Schuldbeweises endete. Und das nach fast sechsmonatiger Untersuchunsghaft! Unbeeinflußt von politischen Strömungen und streng prüfend hat das Gericht den Freispruch gefällt und es kann mit Genugtuung festgestellt werden, daß der Senat mit seltener Gründlichkeit und Objektivität diesen Fall behandelt hat.

Der Ausgang des Prozesses läßt nunmehr die Frage offen, wer für die unverantwortliche Hetze, wer für die Haft, wer für die seelische Not, für den materiellen Schaden, wer für den Rufmord an diesen Menschen die Verantwortung trägt? Haslinger und Gitzoller sind Männer, die unter Hintansetzung jeder Gefahr für Freiheit und Leben gegen den Hitler-Faschismus und für die Befreiung Oesterreichs gekämpft haben. Beide haben für ihren Einsatz in Gestapokerkern vegetiert. Beide haben, als dies noch mit Gefahr für Leib und Leben verbunden war, in der illegalen Abwehrbewegung gearbeitet und kein Opfer gescheut im Kampf gegen die Hitler-Okkupanten. Es gibt Länder, beispielsweise Frankreich, da verbeugt man sich in Ehrfurcht vor diesen ersten Bürgern der Nation. Und was geschieht in Oesterreich? Zielbewußt, systematisch und mit gemeinsten Mitteln unterhöhlt man die materielle und moralische Basis dieser Menschen. Beispiele hierfür haben wir ohne Zahl, und wenn gewisse Kreise von Privilegien sprechen, die heute für politisch Verfolgte nicht mehr am Platze seien, so erhellt hieraus evidierend; welche demagogischen Kräfte am Werk sind.

Unverschämte Verfolgung von Freiheitskämpfern






„Die letzte Etappe" in Bad Ischl Am 28. August wurde im Lehar-Theater (Bad Ischl) eine gut besuchte Aufführung des Films ,,Die letzte Etappe" abgehalten, der eine Begrüßungsansprache der Kameraden Pr. Artur Prxyborski aus Wien und Pfarrer Helmut Bergmann aus Hallstatt voranging. ,,Als überzeugter Christ und Katholik**, so erklärte Dt. Przyüborski, betone ich, daß uns nicht Rache bewegt, das Vergangene nicht zu vergessen, sondern, daß wir uns nur vor einer Wiederholung des verbrecherischen Wahnsinns schützen wollen. Die Ausführungen Pfarrer Bergmanns gipfelten In die Feststellung, daß Oesterreich niemals wird leben können, wenn die Erkenntnisse, die die politisch Verfolgten sammelten, verlorengingen.







Immer für Oesterreich! 4. Bundesdelegiertentag der Widerstandskämpfer und Opfer des Faschismus abgehalten.


An einem der schönsten Flecken unserer Heimat, in der Ortschaft Goisern, wurde am 5. und 6. November der 4. Bundesdelegiertentag des Bundesverbandes österreichischer Widerstandkämpfer und Opfer des Faschismus (KZ-Verband) abgehalten. 140 Delegierte aus allen Bundesländern Oesterreichs und zahlreiche Gäste nahmen an dieser Tagung teil, der gerade in der jetzigen Situation eine außerordentliche Bedeutung zukommt. Die Referate und die Diskussion auf diesem Kongreß haben weit über die Reihen der Widerstandskämpfer und Opfer des Faschismus hinaus Bedeutung. Das Salzkammergut, in dessen Bergen im Herbst 1944 und Frühjahr 1945 österreichische Widerstandskämpfer, Deserteure der Hitler-Wehrmacht und Flüchtlinge aus den Konzentrationslagern gemeinsam den Kampf gegen die SS aufnahmen und wo durch das Eingreifen der Widerstandsgruppe Sepp Plieseis das schöne Bad Ischl vor der Zerstörung bewahrt wurde, gaben dieser Tagung den würdigen Rahmen.


Der Bericht des Präsidiums Der erste Beratungstag, der unter Vorsitz des Mitgliedes des Bundespräsidiums, Kamerad Pfarrer Kock, abgehalten wurde, war den Ausführungen des Präsidiums gewidmet.


Vor Eingang in die Tagesordnung gedachten die Delegierten der in den letzten Jahren verstorbenen Kameraden, insbesondere der beiden Präsidiumsmitglieder Kamerad Ingenieur Wegerer und Dr. Neuhaus. Der Kampf der österreichischen Widerstandskämpfer und Opfer des Faschismus um die Erfüllung ihrer Forderungen, um Liquidierung der Ueberreste des Nationalsozialismus und um die Erreichung des österreichischen Staatsvertrages kam im Bericht über die Tätigkeit der Organisation des Vizepräsidenten Kamerad Otto Horn zum Ausdruck. Kamerad Horn betonte, daß es dem einmütigen Auftreten der in unserer Organisation zusammengeschlossenen Kameraden zu verdanken war, wenn in den vergangenen Jahren bedeutende wirtschaftliche Effolge erzielt werden konnten. Diese Jahre waren aber auch erfüllt vom Kampf gegen das Vordringen reaktionärer und faschistischer Bestrebungen. Kamerad Horn erinnerte in die diesem Zusammenhang an die zahlreichen Aufmärsche und Kundgebungen ehemaliger SS-Angehöriger und anderer militaristischer und nazistischer Organisationen und wies darauf hin, daß es gelungen ist, diesen Provokationen mit Hilfe anderer Organisationen erfolgreich entgegenzutreten. Auch verschiedene Fälle von Diskriminierungen, wie zum Beispiel der Major Käs von der Widerstandsgruppe Major Biedermann, gelang es abzuwehren. Kamerad Horn verwies auch darauf, daß es als Erfolg unseres Kampfes gewertet werden muß. wenn die Auszahlung der Juni 1952 beschlossenen Haft- und Beamtenentschädigung im wesentlichen bis Ende 1954 abgeschlossen werden konnte. . . Dies war nur möglich, weil sich unsere Kameraden, gestützt auf die Gemeinsamkeit des Kampfes in Kerkern und Konzentrationslagern, nicht einschüchtern und entmutigen ließen, sondern in zahlreichen Demonstrationen Kundgebungen und Vorsprachen bei maßgeblichen Funktionären des Bundes und der Länder für die endliche Erfüllung unserer gerechten Forderungen eintraten. Kamerad Horn wies auch auf die Bedeutung der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer und auf unsere Mitarbeit in deren Rahmen hin. Nur so war es möglich, im Frühiahr des vergangenen Jahres gemeinsam mit der FIR anläßlich des 10. Jahrestages der Befreiung des KZ Mauthausen eine international beschickte mächtige Kundgebung im ehemaligen Konzentrationslager Mauthausen abzuhalten. Auch das von der FIR im vergangangenen Herbst veranstaltete internationale Treffen der Widerstandskämpfer in Wien wurde durch die Mitarbeit unserer Kameraden möglich gemacht.

Die neue politische Situation Die neue politische Situation, die sich aus, dem Abschluß des Staatsvertrages ergibt, und die Aufgaben der Widerstandskämpfer und Opfer des Faschismus war der Inhalt der Ausführungen des Präsidenten des Bundesverbandes, Kamerad Dr. Wilhelm Steiner. Kamerad Dr. Steiner bezeichnete es als einen siegreichen Kampf um Oesterreich, daß es gelungen war, im heurigen Jahr den österreichischen Staatsveitrag abzuschließen und dadurch unserem Land als souveränen, neutralen und demokratischen Staat eine neue Basis für seinen Aufbau zu geben. Kam. Dr. Steiner betonte, daß es nicht zu zuletzt der Kampf der Widerstandskämpfer und Opfer des Faschismus war, daß dieser Staatsvertrag Wirklichkeit wurde. Von entscheidender Bedeutung jedoch ist es, wie dieser Staatsvertrag politisch angewendet werden wird. Was dieser Staatsvertrag ermöglicht, ist die endliche Freimachung des Weges, das österreichische Volk zum Begriff der eigenen Nation zu führen und sein Bewußtsein, eine eigene Nation zu sein, zu wecken.

„Es ist demnach“ — so erklärte Kamerad Dr. Steiner — „widersinnig, auf der einen Seite diesen Staatsvertrag, der eine Niederlage der Kalten Krieger und der Gegner Oesterreichs bedeutet, abzuschließen, diesen jedoch über die Hintertreppe in das Gegenteil zu verwandeln, indem man versucht, die Freiheit Oesterreichs in wirtschaftliche Unfreiheit umzuwandeln. Dafür Sorge zu tragen, daß dies nicht geschieht, ist auch eine unserer Aufgaben.“

Wir sind keine Rachegötter Zur Frage der beabsichtigten Amnestie für Kriegsverbrecher erklärte Dr. Steiner:

„Wir Widerstandskämpfer sind keine Rachegötter, noch waren wir es, denn wären wir es 1945 gewesen, wären heute so manche Probleme, wie zum Beispiel die Frage der Amnestie für die Kriegsverbrecher, Mörder und Schänder der Menschenwürde von sich aus gelöst. Wir werden nicht nachlassen, gegen diese unmoralischen Forderungen unsere Stimmen zu erheben und dagegen aufzutreten.“ In den Tagen der Befreiung gab es noch keine österreichische Polizei oder Gendarmerie, aber — so erklärte er — es gab pflichtbewußte österreichische Widerstandskämpfer, die mit der Waffe in der Hand, ohne daß sie einen Eid dazu nötig gehabt hätten, nichts anderes getan haben, als was zu tun die heute bestehende Polizei und Gendarmerie eidgemäß auch mit der Waffe zu tun verpflichtet ist: nämlich einen Feind des Vaterlandes zu bekämpfen, und wenn er sich wehrt, unschädlich zu machen. Dr. Steiner nahm auch dagegen Stellung, daß prominente Wirtschaftsgrößen der Nazi-Aera heute wieder Positionen in österreichischen Betrieben erhalten. Er führt an, daß der ehemalige Generaldirektor der Hermann-Göring-Werke und frühere Außenminister Dr. Guido Schmidt eine Stelle als Generaldirektor der österreichischen Semperitwerke antreten soll. Er verwies auch darauf, daß für jene Menschen in prominenten Stellungen, die noch heute, nach Abschluß des Staatsvertrages, mit Westdeutschland liebäugeln und Oesterreich wieder zum zweiten Deutschen Reich machen wollen, kein Platz in unserer Heimat sei. Er wandte sich ganz besonders an Nationalpräsident Dr Gorbach, der noch nach Abschluß des Staatsvertrages von Oesterreich als von einem deutschen Staat sprach, und forderte ihn auf, sein Nationalratsmandat niederzulegen. Dr. Steiner schloß seine bemerkenswerten Ausführungen mit dem Wunsche, daß dieses unser Oesterreich seine selbstgewählte Neutralität, Freiheit und Unabhängigkeit schätzen und verteidigen möge und dessen heranwachsende Jugend auch verstehen soll, warum ihre Väter und Mütter lieber in die Zuchthäuser und Konzentrationslager gegangen sind, als ihre Vaterland Oesterreich zu verraten. Dieses Erbe haben wir, die Widerstandskämpfer und Opfer des Faschismus, zu verwalten.


Grüße der FIR Die Grüße der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) überbrachte der Sekretär der FIR, Kamerad Siegfried Berliner. Er beglückwünschte die österreichischen Kameraden zum Abschluß des österreichischen Staatsvertrages und versprach, daß die Internationale Organisation der Widerstandskämpfer und Opfer des Faschismus immer und überall auch die Interessen der österreichischen Kameraden vertreten wird. Kamerad Rudolf Jakl Mitglied der Opferfürsorgekommission beim Bundesministerium für soziale Verwaltung sprach über die wirtschaftlichen Fragen unserer Organisation. Er betonte die Bedeutung des von uns bereits vor einem Jahr veröffentlichten Memorandums das die Forderungen der Widerstandskämpfer und Opfer des Faschismus hinsichtlich der Novellierung des Opferfürsorgegesetzes, der Haft- und Beamtenentschädigung und die Widergutmachung enthält. Auch Kamerad Jakl betonte, daß es uns trotz starker Anfeindungen gelungen war, die bereits bestehenden Entschädigungsgesetze nicht nur zu halten, sondern auch noch zu verbessern. Er fordert jedoch nach wie vor den Zusammenhalt. Nur der gemeinsame Kampf kann die gesetzliche Verankerung der noch ausstehenden Wünsche und Forderungen der Opfer des Faschismus erzielen. Nach dem Kassabericht, der von Kameradin Dr. Hedrich gebracht wurde, berichtete noch Kamerad Fordes für die Redaktion und Kamerad Lewit für die Administration des „Neuen Mahnruf“. Der zweite Beratungstag war vor allem der Diskussion der Delegierten gewidmet. Die Debatte, an der sich über 20 Redner beteiligten, war getragen von dem hohen Verantwortungsbewußtsein das die Delegierten in ihrer Sorge um Oesterreich haben.

Eine mutige Frau wird geehrt Eingangs gedachte Dr. Danimann des heldenhaften Kampfes, den die an der Tagung anwesende ehemalige Krankenschwester des KZ Auschwitz, Maria Stromberger, (Dokumentarfilm ORF: Maria Stromberger - Der Engel von Auschwitz) führte, die, unter Hintanhaltung ihrer persönlichen Sicherheit und im vollen Bewußtsein der sie zu erwartenden Strafe, Kurierdienste für- die Häftlinge des KZ Auschwitz leistete. Durch langanhallenden Beifall ehrte die Tagung diese mutige Frau. Kamerad Gaiswinkler berichtete unter Protestrufen der Versammelten, daß ehemalige Nationalsozialisten nach dem Muster der Racheprozesse verlangen, daß unser Kamerad Sepp Plieseis für die Erschießung des ehemaligen Ortsgruppenleiters von Bad Ischl unter Mordanklage gestellt werde, obwohl die Erschießung im Rahmen einer Befreiungsaktion durchgeführt wurde. Kamerad Schrempf aus Ebensee schilderte den Vorfall, wie er von Gendarmen über eine Aeußerung einvernommen wurde, die er in einer geschlossenen Gemeinderatssitzung gemacht habe. Kamerad Dr. Danimann (Wien) berichtete über einige Erfahrungen der Kampagne um die 11. Novelle zum Opferfürsorgegesetz in Wien. Er regte an, eine Broschüre mit Episoden aus dem Kampf unserer Kameraden zusammenzustellen und zu veröffentlichen. Kamerad Horn (Wien) stellte den Begriff „Spätheimkehrer“ klar und betonte, daß es sich bei diesen nicht um rehabilitierte, sondern um begnadigte Verbrecher handle und es bedauerlich sei, daß man mit ihnen nicht auch eine Liste ihrer Verbrechen mit mitgeschickt habe. Wir bekennen uns — so erklärte Kamerad Horn — frei und offen zum Widerstandskampf und zu seinen Kämpfern. Kamerad Guilhauman (Wels) betonte die Notwendigkeit der Einheit der Widerstandsbewegung. Kameradin Herrmann (Tirol) überbrachte die Grüße des Bundes der Opfer des politischen Freiheitskampfes in Tirol und erklärte, daß wir alle eine große Familie seien, die immer Zusammenarbeiten müsse. Sie gab die Erklärung ab, daß die Tiroler Kameraden mit dem Bundesverband auf das innigste Zusammenarbeiten werden. Ein Sprecher der Fachgruppe Polizei nahm zu den bereits erfolgten Diskriminierungen unserer Kameraden in der Exekutive und die Einsetzung von Offizieren der Hitler-Polizei Stellung. Ich war Zeuge — so erklärte er — eines konkreten Falles, wo Polizeipräsident Holaubek einen im Auftrag der sowjetischen Besatzungsmacht Verhafteten der Besatzungsmacht übergeben hatte, ein Vorgehen, das gesetzlich völlig begründet war. Aber man muß sich entscheiden; wenn das als Menschenraub erklärt wird, was Grünberger und Kothbauer getan haben, dann muß man auch Polizeipräsident Holaubek wegen Menschenraubes unter Anklage stellen. Auf seinen Antrag beschloß der Kongreß unter langanhaltendem Beifall die Absendung von Solidaritätstelegrammen an die sich in Haft befindlichen Freiheitskämpfer in der Exekutive und wählte den Freiheits Freiheitskämpfer Sepp Plieseis in das Ehrenpräsidium des Kongresses. Weiterlesen





SONDERNUMMER MAI 1995


Bad Ischl vor Zerstörung bewahrt Die Stadt wurde noch vor dem Einzug der Amerikaner befreit


In Linz hielt Gauleiter Eigruber noch drohende Reden, und er machte die Drohungen auch wahr. „Ich decke jeden Volkssturmmann, jedes Exekutivorgan und jedes Mitglied der NSDAP, wenn er gegen Verräter sofort von der Schußwaffe Gebrauch macht“, erklärte er und konnte noch verkünden: „Die ersten zwei Fahnenflüchtigen hängen seit gestern an der Brücke von Enns.“

Das geschah noch am 18. April 1945. Aber im Salzkammergut konnten zur selben Zeit, dank der unermüdlichen und aufopferungsvollen Arbeit der Freiheitsbewegung, schon Taten gesetzt werden, die der sinnlosen Zerstörungswut Einhalt geboten und dazu führten, daß die Wahnsinnsbefehle Eigrubers und seiner Clique nicht mehr furchtbare Wirklichkeit werden konnten.

Nach der Befreiung Wiens Bald nach der Befreiung Wiens trafen im altbekannten Hotel Post in Bad Ischl Männer der unterschiedlichsten Weltanschauung zusammen. Inmitten zurückflutender Heeresmassen und SS-Truppen, die sich weiter in die Alpenfestung zurückziehen wollten, fand hier, mitten im Zentrum von Bad Ischl, eine Beratung statt, die schwerwiegende Entscheidungen zu treffen hatte. Bad Ischl war eine offene Stadt, weil es zu einem Lazarettzentrum geworden war. Im Hotel Kaiserkrone, im Hotel Elisabeth und im Hotel Bauer waren Verwundete untergebracht, dazu kamen evakuierte Frauen und Kinder aus vielen Teilen Deutschlands und dazu noch Tausende Flüchtlinge aus jenen Gebieten, die bereits von der Front überrollt waren. Aus dieser Situation ergaben sich für die Männer, die sich zum Ziel gesetzt hatten, Bad Ischl vor Untergang und Zerstörung zu bewahren, besondere Aufgaben. Es war eine bunt zusammengewürfelte Gesellschaft, die sich hier getroffen hatte, aber die Sorge um die Stadt war das einheitliche Band, und jeder der Männer wußte, daß es seinen Kopf kosten würde, wenn die Pläne, die sie hier ausarbeiteten, scheitern sollten oder wenn die Machthaber von diesen Plänen erfuhren.

Wichtige Beschlüsse An der Besprechung nahmen teil: Oberst a.D. Wöhrle, Karl Fahmer, der angesehene Kapellmeister der Salinenmusik, Graf Altenburg, der in der Kaiservilla wohnte und ein Enkel Kaiser Franz Josephs war, der Hotelier Koch und dessen Mutter, Bahnhofsvorstand Binna, die Wehrmachtsoffiziere Brandweiner und Kloimstein, der Besitzer der bekannten Wagnermühle Wagner, Medizinalrat Doktor Prochaska, der Leiter des Kurmittelhauses, sowie die Widerstandskämpfer Favoretti und Sepp Plieseis. Bei der Beratung, die um Mitte April statt stattfand, wurden drei wichtige Beschlüsse gefaßt: Ein Parlamentär sollte zu den alliierten Truppen entsandt werden, um ihnen die Lage der Stadt zu schildern und ihnen die Versicherung zu geben, daß ihnen in der Stadt kein Widerstand entgegengesetzt werde. Die Sprengladungen sollten aus den Brücken entfernt werden, weil es im Falle einer Sprengung zu Kampfhandlungen kommen würde, die sich auf die offene Stadt verheerend auswirken würden. Schließlich sollten die gefährlichsten Scharfmacher der NSDAP verhaftet werden. Natürlich konnten diese Maßnahmen nicht gleichzeitig durchgeführt werden. Die erste Aufgabe, die bewältigt werden konnte, war die Entsendung eines militärischen Parlamentärs zu den amerikanischen Truppen. Bald nachdem der Parlamentär zurückgekehrt war, konnten auch die Sprengladungen von den Brücken entfernt werden. Einer der Offiziere, die nun zu dem Befreiungskomitee gehörten, gab dem verantwortlichen Sprengmeister, der dienstverpflichtet war, den Befehl, die Minen zu entfernen. Dieser glaubte, daß die Anordnung wirklich von den militärischen Stellen kam und führte den Befehl strikte aus. „Wir erfuhren von den Offizieren viele Nachrichten, die sonst nicht so leicht zu uns gekommen wären“, berichtet ein Teilnehmer an den Beratungen im Hotel Post, „und das machte unsere Aufgabe leichter.“ Die Ereignisse drängten, und es mußten neue Maßnahmen ergriffen werden. Es kam zu einem kühnen Handstreich, der einzigartig dasteht in den Tagen vor der Befreiung, weil er sich zu einer Zeit ereignete, da in Mauthausen noch 33 Kommunisten und Sozialisten ermordet wurden und die Hinrichtungen in dem Raum, über den die Gauleitung noch gebieten konnte, sprunghaft anstiegen. „Durch die beiden Offiziere erfuhren wir, daß der Stadtkommandant Oberst Münster sich abgesetzt hatte“, erzählt ein Kamerad, der an der Bewegung dieser Tage führend beteiligt gewesen war. „Diese Tatsache war natürlich in Bad Ischl nicht bekannt, nur einige Offiziere wußten davon. Wir gingen nun dazu über, die Autorität des geflüchteten Kommandanten für uns auszunützen. Wir ließen in der Druckerei Plasser Plakate drucken, die folgendes anordneten: Die Zivilbevölkerung hat sofort alle Waffen abzuliefem, außerdem wird für das Stadtgebiet ein Ausgehverbot während der Nachtstunden verhängt. Diese Plakate wurden angeschlagen, und da sie die Unterschrift von Oberst Münster zeigten, wurden die Anordnungen auch eingehalten. Es sammelten sich Waffen an, mit denen die Freiheitskämpfer ausgerüstet werden konnten. Um der „Anordnung von Oberst Münster“ Nachdruck zu verleihen, wurde der Inhalt des Plakats auch ausgetrommelt. Einer der Offiziere, die bei uns mitmachten, ging mit einer Patrouille in der Umgebung der Stadt umher, und nach einem Trommelwirbel und Trompetenstößen wurde wie in alten Zeiten die Anordnung bekanntgegeben. Gleichzeitig wurde der Befehl ausgegeben, die drei gefährlichsten Fanatiker in Bad Ischl zu verhaften, und wieder konnte die Sache so eingefädelt werden, daß die Exekutivorgane glaubten, der Befehl käme von der Stadtkommandantur. Die drei wurden verhaftet und ins Bezirksgericht eingeliefert." Schwerwiegender Fehler Das Plakat hatte jedoch einen Fehler: Man hatte in der Eile vergessen, ein Datum unter die Anordnung zu setzen, und das machte den Anschlag natürlich verdächtig. Außerdem wußten verschiedene Offiziere, daß Oberst Münster ja gar nicht mehr da sei, und plötzlich tauchten Gegenbefehle auf. Es ist nie bekanntgeworden, von wem diese Gegenbefehle ausgingen. Jedenfalls hörte die Waffenabgabe wieder auf, und auch die drei verhafteten politischen Leiter wurden wieder freigelassen. Jetzt war höchste Gefahr im Verzüge, denn nun lag es auf der Hand, daß in Bad Ischl zwei Kräfte miteinander ringen, und dieses Ringen mußte über kurz oder lang einer Entscheidung zutreiben. Inzwischen hatten sich in Bad Ischl neue Truppenkörper zusammengezogen. Im Pfandlwald lagerten große Truppenverbände, ebenso im Rettenbachtal, im Wald zwischen der Traun und dem Attersee, an der sogenannten Engleithenstraße und von dort bis zum Pötschenpaß hinauf.

SS im Haus Miramonte Die Truppen wäre noch alle intakt und schwer bewaffnet. Wenn in Bad Ischl etwas passieren würde, das den Kampf auslöste, und die Truppen eingreifen würden, dann wäre das Schicksal der Stadt, die zu normalen Zeiten etwa 10.000 Einwohner gehabt hat, jetzt aber rund 40.000 Menschen in ihren Grenzen hatte, besiegelt gewesen. Den Ortsgruppenleitem, die nun wußten, daß die letzte Entscheidung heranreifte und die nun wieder frei waren, war alles zuzutrauen. Besonders gefährlich war die Besatzung des Hotels Miramonte oberhalb von Kaltenbach. Hier hatte sich eine SS-Truppe einquartiert, die sich als Luftwaffeneinheit tarnte und schnell ihre Fahrzeuge mit einem anderen Anstrich versah. Es ist anzunehmen, daß sich zwischen den politischen Leitern von Bad Ischl und der SS im Hotel Miramonte Fäden spannen. Die SS im Miramonte und seiner Umgebung wurde zudem täglich stärker. Sie erzielt Zuzug aus dem Konzentrationslager Ebensee, von wo sich Offiziere und Unteroffiziere absetzten, die schwere Blutschuld auf sich geladen hatten. Dieser Gruppe war zuzutrauen, daß sie in einem letzten Verzweiflungsakt die ganze Stadt in ihren eigenen Untergang mit hineinreißen würde.

Bürgermeister unter Kontrolle Das Komitee im Hotel Post, das nun in Permanenz tagte, bekam Nachricht, daß die SS in Kaltenbach sich anschicke, die Gesetze einer offenen Stadt mißachtend, in den Kern der Stadt einzudringen, um das Hotel Post „auszuheben“. Die Freiheitskämpfer überlegten, ob sie dem geplanten Angriff nicht zuvorkommen und ihrerseits das Hotel Miramonte stürmen sollten. Man kam aber davon ab, weil dieser Kampf sehr verlustreich sein und sich schnell ausweiten hätte können. Außerdem war anzunehmen, daß die SS über keine schweren Waffen verfügen würde und daher war die Verteidigung des Hotel Post leichter. In fliegender Eile wurde alles in Verteidigungsbereitschaft gebracht. Als sich die Dinge so zugespitzt hatten, erschien ein einzelner amerikanischer Panzer. Er kam offenbar im Zusammenhang mit den Verhandlungen des Parlamentärs, die dieser eine Woche vorher geführt hatte. Er war von Mitterweißenbach heraufgekommen und fuhr langsam durch die Stadt. Das Befreiungskomitee im Hotel Post war der Meinung, daß nun der Einmarsch der Amerikaner erfolgen würde und gab die Anweisung, daß sich die Freiheitsbewegung nun öffentlich zeigen soll. Auf den Straßen sah man auf einmal Hunderte Menschen, die, mit einer roten Armbinde versehen, ihre Zugehörigkeit zur Freiheitsbewegung bekundeten. Eine Delegation des Komitees ging zum Bürgermeister und eröffnete ihm, daß er bis zum Eintreffen der amerikanischen Truppen die Weisungen des Befreiungskomitees zu befolgen habe. Er willigte ein und blieb daher noch im Amt.

Auf des Messers Schneide Der Vorhutpanzer war indessen von Bad Ischl nach Goisem gefahren und war dort, am Fuße des Pötschenpasses, auf Widerstand gestoßen. Darauf machte er sofort kehrt und fuhr über Bad Ischl zurück. Kurz darauf wurden die Heereskolonnen und die Zivilbevölkerung am Fuße des Pötschenpasses von einem Jagdbomberverband mit Bomben belegt und mit Bordwaffen beschossen. Nun stand das Schicksal von Bad Ischl noch einmal auf des Messers Schneide. Das Komitee faßte den Beschluß, die zwei fanatischen Ortsgruppenleiter wieder zu verhaften. Sie wurden bei der Festnahme, da sie Widerstand leisten wollten, erschossen. Sie waren die einzigen Opfer jener Tage, und auch sie wären nicht umgekommen, wenn sie wenigstens jetzt ihre sinnlose Haltung aufgegeben hätten.

Große Depots sichergestellt In den Tagen vom 2. bis 5. Mai 1945 übte das Befreiungskomitee in Bad Ischl die Macht aus, noch bevor die amerikanischen Truppen die Stadt besetzten. In der Villa Rothstein bei Lauffen war ein riesiges Depot für Verpflegung und andere Waren untergebracht. Das Lager wurde beschlagnahmt und bewacht. Auch dies geschah noch immer inmitten von starken Truppen, die sich traunaufwärts bewegten. So konnte die Verpflegung für die nächste Zeit gesichert werden. Die Befreiung von Bad Ischl war das Signal zum Losschlagen in Goisem, und die Macht des „Dritten Reiches“ hatte im Salzkammergut zu bestehen aufgehört, zu einer Zeit, da in Linz noch das Standgericht wütete. Am 5. Mai marschierten dann, von Salzburg kommend, amerikanische Truppen in Bad Ischl ein, und als die Spitze das Rathaus erreichte, konnte von der Freiheitsbewegung eine unversehrte Stadt in voller Ordnung übergeben werden. Wenn es in Bad Ischl nicht gelungen wäre, den sinnlosen Zerstörungsbefehlen entgegenzuwirken, und wenn dadurch die Bombardierung und die Verheerung der Stadt verhindert werden konnte, dann verdankt die Stadt diese ersparten Opfer den tapferen Männern jener Tage, die in der Stunde der höchsten Gefahr unter Einsatz ihres Lebens für ein gemeinsames Ziel in Aktion getreten sind.




Neue Aktivitäten am Toplitzsee? Wer sucht was für wen? - Sponsoren aus Hamburg finanzieren Geheimforschung


Das bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges von dem in Nürnberg zum Tode verurteilten Wiener SS-Obergruppenführer Emst Kaltenbrunners geleitete Berliner Reichssicherheitshauptamt (RSHA) machte in der „Alpenfestung“ den tiefen Toplitzsee zum vermutlich zuverlässigsten, da wässernen Tresor für seine Agentenlisten, gefälschten Pässe vieler Staaten, Falschgeldbestände im Werte von Millionen RM und raffinierte Fälscherwerkzeuge sowie -technik. Zusätzlich versenkte die Marineversuchsstation der Deutschen Wehrmacht Reste ihrer „Wunderwaffen“produktion und -entwicklung. Seitdem wurde und wird es um diesen oberösterreichischen See nicht still. Vor zehn Jahren wurde die letzte aus der BRD gestartete große Tauchaktion mit einem bemannten Unterwasserforschungsboot registriert. Der Historiker und Politikwissenschafter Markus Köberl aus Bad Aussee versuchte 1990 vergeblich, mit der Broschüre „Der Toplitzsee - Wo Geschichte und Sage Zusammentreffen“ endgültige Klarheit zu schaffen, verwickelte sich aber in viele Widersprüche. Am 28. Jänner 1993 nun machte die in Bad Aussee herausgegebene „Alpenpost“ mit folgender Siebenzeilenmeldung Furore: „Prof. Dr. Hans Fricke plant heuer im Frühjahr Forschungsarbeiten in Hallstatt und auch Arbeiten im Toplitzsee. Die Tauchfirma Zauner aus Hallstatt wurde vom Max-Planck-Institut für Dr. Fricke engagiert, um auf den Comoren nach Quastflossem zu suchen.“ Wer nachforscht, stößt in diesem Falle wieder auf viele Ungereimtheiten, Falschauskünfte, falsch gelegte Spuren und geheimgehaltene Akten. Korrigierte Falschmeldung Der zitierte Prof. Fricke legte nach seinen dutzendfachen Tauchgängen mit dem GEO-Tauchboot bei Interviews Wert auf den wissenschaftlichen Charakter seiner Forschungen für die namhafte bundesdeutsche „Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften“, ein in München eingetragener Verein. Prof. Fricke ortete vor allem versenktes SS-Geheimmaterial und deutsche Kriegsmarinewaffensystem-Reste. Welche österreichisch zuständige Behörde ihm mit welcher Begründung die ausgedehnten - zeitlich wie räumlich - Tauchfahrten genehmigt hatte, blieb bis heute in der Öffentlichkeit unbekannt. Prof. Frickes Tauchergebnisse indes zwangen den damaligen deutschen Bundesminister Dr. Leeb, am 13. September 1984 mit einjähriger Verspätung schriftlich auf Anfrage hin zu erklären: „Damit ist nun die seinerzeitige Auskunft des Bundesministers für Inneres, der Toplitzsee sei nach den Bergeaktionen in den fünfziger und sechziger Jahren ausgeräumt, widerlegt worden.“ 1987 platzte dann Prof. Frickes vorgeschobene „Max-Planck-Gesellschaft“-Legende: Die Generalverwaltung der wissenschaftlich-seriösen Fördergesellschaft gab bekannt: „Herr Prof. Fricke ist Gastforscher an unserem Institut für Verhaltensphysiologie. Er finanziert seine Forschungsprojekte mit Mitteln, die er auf Grund konkreter Begutachtung seiner Forschungspläne bei verschiedenen Stellen erwirbt.“ Im Falle der 1983er Toplitzsee-,Expedition“ führen die Sponsorenspuren verworren, doch endgültig zur GEO-Redaktion des Hamburger Medienkonzems Grüner + Jahr AG & Co. Sicher nicht zufällig zur Hintergrundhausmacht der Hamburger Illustrierten „stem“, dessen Verleger Dr. Gerd Bucerius (CDU) schon 1959 mit hohem Aufwand die Falschgeldsuche seines Starreporters Wolfgang Löhde sofort abbrechen ließ, als die dieser auf die ersten hundert Kilogramm Geheimakten des RSHA gestoßen war und sie über Wasser analysierte. Löhde mußte schließlich für den „stem“ einen datenmäßig vielfach gefälschten „Tatsachenbericht verfassen und damit die Weltöffentlichkeit zu täuschen versuchen. Die Ortungen ungehobener verteerter RSHA-Kisten durch die Kieler Spezialfirma „Ibak“ verschwanden damals schnell in dem Tresor in der Manageretage des „stem“. Wie weit es überhaupt erlaubt ist, in Österreich geborgene, angeblich weltsensationelle Forschungsgegenstände ins Ausland zu verbringen und bewiesenermaßen der internationalen Forschung vorzuenthalten, muß noch jetzt zuständigkeitshalber geklärt werden, bevor Prof. Fricke wiederum in Österreich aktiv werden kann.

Wird der Toplitzsee endgültig geräumt? Die deutsch-österreichische Kooperation zwischen Professor Fricke und dem Gastwirt sowie Hobbytaucher Gerhard Zauner aus Hallstatt läßt aufhorchen. Bisher hat laut der Grazer Ausgabe der „Kronen-Zeitung“ Zauner aus Salzkammergutseen nur folgende „Schätze"

bergen können: „eine gefälschte Fünf-Pfund-Note“, eine originalversiegelte Mineralwasser Mineralwasserflasche aus dem Jahre 1881, ein massives Messingbügeleisen, ein Augsburger „Lebens-Essenz-Fläschchen“ und ein Salbentiegelchen. Allerdings kennt Zauner auch diverse Unterwasserliegestätten von Fliegerbomben und Raketensprengköpfen. Seit Anfang Februar dieses Jahres liegt der Wiener Generaldirektion der österreichischen Bundesforste und der Politischen Expositur in Bad Aussee ein Antrag der in Oldenburg stationierten „Forschungsgruppe Toplitzsee“, die von Heinz Riegel präsidiert wird, der ebenfalls bereits 1959 am Toplitzsee agierte, vor, die bei den erneuten Tauchaktionen einen Beobachterstatus beansprucht. Diese deutsche Forschungsgruppe verfügt vermutlich über das umfangreichste private Toplitzsee-Archiv. Aus Prag ist zu erfahren, daß der slowakische ehemalige KZ-Häftling im Sachsenhausener SD-Geldfälscher-„Untemehmen Bernhard“, Adolf Burger, der kürzlich in Berlin eine fundierte historische Dokumentation auf den Büchermarkt gebracht hat, mit seinen dokumentarischen Unterlagen zum Toplitzsee aufbrechen will. Es wäre ratsam und erforderlich, antifaschistische Kräfte in alle Toplitzsee-Forschungsaktivitäten zu integrieren. Die Zeit drängt, auch Zauner meint, laut „Kronen-Zeitung“: „Das Wasser im Toplitzsee hat jetzt nur 8 Grad an der Oberfläche, unten knapp null Grad. Im Sommer wäre der See zwar wärmer, aber so trüb, daß man unten nichts sehen kann. Deshalb müssen wir im Frühjahr oder im Herbst tauchen!“

Julius Mader, Berlin






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