Von Ludmilla Nowak.
Die Beleuchtung
Eine alt Hallstätter Erinnerung aus der Franz-Josef-Zeit.
Sie war nur einmal im Jahr, aber dieses Einmalige war gerade das Schöne an der Sache. Wir waren damals in Hallstatt in den Ferien, bei der Großmutter, später beim Onkel, mein Bruder und ich.
Sonst liefen wir in den Bergen herum wie die Wilden, mit anderen als Vorläufer der heutigen Touristik.
Aber wenn's gegen den 18. August ging, wurden wir vorübergehend ruhiger. Da kam Kaisers Geburtstag! Wir stiegen auf den wunderschönen holzduftenden Alt-Hallstätter Bodenraum hinauf und suchten "die Schachtel mit den Lampions". Die wurden dann gemustert, ausgebessert mit Pickgummi. Natürlich tat dabei ich, das Mädel mehr, aber der Bruder half schon auch dazu. Es waren alte Lampions, man war sparsam, aber gerade das war auch wieder so schön. Die sah man alle Jahr einmal und dann hatte man seine Freude daran, dass der große Lampion, der schönste, darauf Mond und Stern zu sehen waren, wieder da war.
Manchmal machte man doch ein paar neue Lampions dazu, aus einfachen Holzstöckeln mit färbigem Papier, aber nie allzu viele, denn auf das Schiff konnte man ja doch nur eine beschränkete Anzahl geben. Ja, auf die brave, lange Plätte mussten die Lampions hinauf, die sollte zu Franz Josefs Geburtstag lichtergeschmückt paradieren!
Dann kam der große Tag, der 17. August, als Vorabend. Ängstlich schaute man nach dem Wetter, fragte alle Nachbarn und das Barometer und wenn's glückte, wenn's schön blieb, wurde dann gleich in aller Früh die Fuhr aus der Schiffhütte gerudert und es entstand ein Klopfen und Hämmern, ein Messen und Befestigen der Holzstäbe, die daran genagelt wurden. Oben wurde dann ein Draht gespannt, darauf die Lampions gehängt, hinten am Steuer und vorn am Kranzling einer angebracht und wir waren fertig.
Es ging im ganzen Ort so zu. An anderen Stellen machte man sich noch viel größere Mühe. Da wurde das große Bergschiff geschmückt von der Saline. Das gab aus! Da werkten die Arbeiter, kaiserliche Angestellte, noch viel fleißiger!
Auch an Häusern rüstete man schon zur Beleuchtung. Unsere würdige Hausverwalterin beleuchtete alle Jahre in den Fenstern mit eigens dazu gerichteten einfachen Holzleuchtern, alle gleich, in denen die Kerzen gesteckt wurden.
Alles war in Tätigkeit, alles darauf bedacht, dass das Kaiserfest wieder recht schön würde. So viele aßen ja doch in Hallstatt jahraus jahrein das "kaiserliche Brot" in Bergwerk und Sudhütte und auch die Beamten im schönen schlossähnlichen Amtshaus drüben in der Lahn.
Abends begann die Festlichkeit. Wir bestiegen unsere Plätte, Großmutter, Mutter und wir zwei Geschwister. Am Steuer war heute niemand von uns unruhigen jungen Leuten, da hatten wir einen erprobten älteren Hallstätter, meist unseren guten Nachbarn, der das beleuchtete Fahrzeug langsam und sicher lenkte.
Ach, es war herrlich! Schwimmende Lichter am See, stete Lichter am Land. Vom Winkel herüber grüßte immer eine lange Zeile Lichter, die anscheinend an der Straßenplanke befestigt waren; nur eine einfache Lichterreihe, aber Winkel war da. Das kleine Winkel im Bergwinkel.
Feierliches Dunkel und Glanz und Licht!
Das schönste von allen Schiffen war immer das Bergschiff. Majestätisch und groß zog es einher und darinnen konzertierte die Salinenkapelle auf dem Wasser. Fesch erklangen die alt-österreichischen Märsche: Unter dem Doppeladler, der Radetzkymarsch, die Deutschmeister, o' du mein Österreich!
Zahllose erleuchtete Schifflein, Plätten, Gondeln, mit Einheimischen und Fremden glitten auf der dunklen Flut. Vom Wasserspiegel blitzte der Widerschein von Land und See. Auf den Bergen brannte Höhenfeuer.
Auch die Wagner-Sängergesellschaft Gottinge-Wilt-Jäger, damals bekannte und berühmte Namen, jeder Villen- und Hausbesitzer, war jedes mal mit einem feenhaft geschmückten Schiff vertreten. Einmal war es ein großes Schiff und die Herrschaften brachten von dort aus auf den Wellen wundervolle Lieder zu Gehör. Noch höre ich in der Erinnerung Herrn Heinrich Gottinger selbst die Wolfgang-Arie aus Wagners Tannhäuser singen: „Oh du, mein goldener Abendstern...“
Man war wie in einem Märchen. Die hohen, finsteren Berge, die stillen fernen Feuer daran und die Lichter im Tal, dazu Musik und Gesang. Die Sterne am Himmel, manchmal feierte auch der Mond noch mit. Die frische Bergluft; der Duft des Sees.
Eine gute Weile dauerte der Glanz, das Gleiten und Flimmern der Lichter durch die Nacht. Dann zogen die Schiffe eins nach dem anderen heim und die Kerzen im Ort wurden nach und nach ausgelöscht.
Dunkle, feierliche Nacht blieb allein.
Aber die Lichter und die Feierlichkeit hafteten noch lange im Sinn.
Am nächsten Tag war das feierliche Kaiseramt, wozu alle Bergleute, hoch und nieder, mit ihrer Musik ausrückten, die Veteranen, deren Fahnenpatin meine Großmutter war, die Feuerwehr. Hallstatt feierte gebührend seinen hohen Brotherrn
Diese zauberhafte Land und Seebeleuchtung war nur einmal im Jahr. Aber denen, die sie noch erlebt haben, bleibt sie unvergesslich.
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