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Die Fachschule

Autorenbild: Gerhard ZaunerGerhard Zauner

Aktualisiert: 19. Juli 2024

Die Fachschule in Hallstatt wurde am 19. Mai 1873 in's Leben gerufen.

So waren die ersten Jahre.

Dieser Zeitungsartikel aus der (Linzer) Tages-Post 18. Dezember 1879 erklärt viel aus der ersten Zeit der Fachschule.


Nachrichten aus Linz und Oberösterreich.

Linz, am 17. Dezember 1879.
Fachschule für Holz-Schnitzerei und Marmor-Bearbeitung in Hallstatt. 
Von einem Freunde unseres Blattes wird uns geschrieben: Wie alljährlich, besuchte ich auch vor Kurzem das im vollsten Winterkleide prangende, eben auch um diese Jahreszeit so schöne Salzkammergut und vorzüglich das romantische Hallstatt und unterließ es nicht, die im steten Fortschreiten befindliche Fachschule für Holzschnitzerei und Marmorbearbeitung unter der tüchtigen Leitung des Herrn Direktors Hanns Greil in Augenschein zu nehmen. — 
Vor Allem fiel mir ein großes plastisches Werk in die Augen; es war die Dekoration eines Hochaltar-Rahmens mit Aufsatz für die Pfarrkirche in Ischl, welche eben vollendet, zur Goldfassung und Aufstellung dahin gesendet wurde. Beim Aufsatze des Rahmens in der Mitte befindet sich ein kräftig gehaltenes Schild mit Festons und dem Monogramm Christi, zu beiden Seiten des Schildes wirkungsvolles Blattwerk in einfacher klarer Verschlingung sich über die Breite des Rahmens ausdehnend. Die Breite des schwungvollen Aufsatzes ist 4 Meter, die Höhe 1 1/2 Meter. In den Füllungen des Rahmens befindet sich zart gehaltenes, durch die feine Behandlung des Reliefs schön wirkendes Ranken-Ornament, nach den herrlichen Motiven der italienischen Renaissance. Den Abschluß bildet ein gleich dem Aufsatze kräftig behandeltes Blattwerk, sich zu beiden Seiten an Consolen anschließend und in einem Schilde endigend. Der Entwurf des Ganzen ist nach den Angaben des rühmlich bekannten Malers Georg Mader (Mader weilt gegenwärtig im Winter in Innsbruck), eines Tirolers, der schon seit Jahren die Ischler Pfarrkirche mit herrlichen Fresken schmückt und vom Fachschulleiter Greil. Weiters bot sich dem Auge ein Bücherschrank aus Nußholz, bestimmt nach Fiume, in maßvoller deutscher Renaissance. Die Füllungs-Ornamente in zarter, eleganter Durchbildung, ebenso die Ornamente an den Pilastern. Die Berhältnisse in der Architektur, das Auge befriedigend, die Proselirung kräftig und elegant. 
Auch liegen Entwürfe von Greil vor für einen Speisetisch und Kredenz das Eichenholz, ebenfalls nach demselben Bestimmungsort, welche im Winter ausgeführt und eine stielvolle malerische Wirkung hervorbringen werden. Auch waren mehrere kleine Bücherschränke, die nach Meran bestimmt, zu sehen. Einer davon war bei der im verflossenen Sommer zu Ischl stattgefundenen kunstindustriellen Ausstellung exponirt und wurde auch in der Kritik ehrenvoll erwähnt. Aus Ziibelholz lagen verschiedene Gegenstände in origineller Form vor. Zur Weihnachts-Ausstellung in Graz schickte die Schule eine Collektion Marmor Gefäße in reicherer und einfacher Form, welche eine Spezialität Die Zahl der ordentlichen Schüler ist 30. Alle Arbeiten wurden von den Schülern, welche vom Inslebentreten der Schule hier sind, oder solchen, welche sich hier erst weiter ausgebildet haben, verfertiget und dürfen sowohl der Direktor der Anstalt Herr Greil, als der Werkmeister Herr Johann Engleitner auf die bisher erzielten Resultate mit Recht stolz sein. Die Leistungen dieser Fachschule finden auch in weiten Kreisen Würdigung und schreibt diesbezüglich Professor W. F. Exner in der „Wiener Abendpost":
Die Hallstätter Schule ist ein blühendes Institut, und ist das Verhältniß von den durch sie verursachten Kosten zu den ganz eminenten Leistungen ein staunenerregendes. Die Fach-, Zeichen- und Modellirschule mit Lehrwerkstätte für Holz- und Marmorbearbeitung in Hallstatt besitzt nur einen Lehrer, der zugleich Leiter der Anstalt ist, und einen Werkmeister und hat ein Gesammtbudget von 2100 fl. Die Frequenz dieser Schule, in welcher Holzschnitzerei, Möbelbau und Marmordreherei getrieben wird, findet ihre Beschränkung durch die Unzulänglichkeit der Lokalitäten. Alle Zweige der Holz- und Marmorbearbeitung werden in einem einzigen Lokale betrieben; mäßig große Räume sind für den Zeichen- und Modellir-Unterricht gewidmet.
Trotz der Ärmlichkeit der Lokalitäten, trotz der Vielseitigkeit der von der Anstalt zu verfolgenden Zwecke, trotz der ungenügenden Zahl von Lehrkräften haben es der Leiter der Fachschule Herr Greil und der verdienstvolle Werkmeister Engleitner verstanden, der Schule und ihren Erzeugnissen einen über die Grenze des Salzkammcrgutes weit hinausreichenden, wohlverdienten Ruf zu erwerben. Die beiden Lehrkräfte verdienen unbedingtes Lob und der reichlichst gespendete Beifall würde nicht zu viel sein für die ausgezeichneten Fachkenntnisse und die hingebungsvolle Verwerthung der selben durch die beiden genannnten Männer.
Man rühmt mit Recht bei dem Alpenbewohner die angeerbte hohe Begabung für Holzschnitzerei in technischer Beziehung und gleichzeitig den ganz wunderbaren Formensinn desselben. Diese hervorragende Begabung, welche den süddeutschen Gebirgswohner ziert, ist jedoch in Hallstatt nicht in einem exceptionellen Maße vorhanden. Alles ist daher auf die Leistungen der Lehrer zurückzuführen In Hallstatt macht man die reizendsten Möbeln in Frührenaissance oder bäuerlichen Geschmacke und benützt dabei mit vielem Geschicke das heimische Zirbelholz. Der Raschberger Marmor kommt durch die Arbeiten im Hallstätter Atelier zur erneuerten Geltung.
Die Hallstätter Schule ist nicht im Stande, ohne den Lehrzweck der Anstalt aus dem Auge zu verlieren, den vielseitig anlangenden Bestellungen zu entsprechen. Die Jungen verdienen sich schon im zweiten Jahre ihrer Anwesenheit an der Schule so viel, um bei der verarmten Bevölkerung der dortigen Gegend den Neid erwachsener Arbeiter zu erregen. 
Eine sehr glückliche Beziehung zwischen der Volksschule und der Fachschule in Hallstatt ist dadurch eingeleitet worden, daß es den Schülern der Volksschule gestattet ist, in der schulfreien Zeit an der Schule das Zeichnen und die erste Stufe des Schnitzens zu betreiben. 
Diejenigen von diesen außerordentlichen Schülern, welche am meisten Talent und Fleiß zeigen, werden dann nach erfüllter Volksschulpflicht als ordentliche Schüler in die Fachschule aufgenommen und erreichen um so eher und gründlicher das vorgesteckte Ziel. Der häufig gehörte Vorwurf gegen unsere moderne Volksschulgesetzgebung, der darin besteht, daß man in Gegenden, wo nur sehr unvollkommene Volksschul- Anstalten möglich sind, die Knaben bis zum vierzehnten Lebensjahre in der Schule zurückhält, sie dadurch an der Erlernung eines Handwerkes in der baldigen Gewinnung eines Lebensunterhaltes hindert, ohne ihnen doch eine gründliche Bildung zu geben — dieser Vorwurf ist durch die Kombination der Fachschulthätigkeit mit jener Volksschule in Hallstatt vollständig entkräftet, und auch von diesem Standpunkte aus möchten wir die Hallstätter Schule als eine Musteranstalt bezeichnen.
Die bisher von der Hallstätter Schule ausgebildeten zwölf Individuen verdienen sich auf Grund der erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten ganz selbstständig ihren Unterhalt. Von denselben sind zwei als Holz- und Steindreher in Hallstatt sebst beschäftigt. Die Hallstätter Fachschule ist eine Zierde Österreich's, sie verdiente ein eigenes Haus, eine glänzende Dotation und ein reiches Maß äußerer, öffentlicher Anerkennung, wollte man sie ihrem inneren Werthe nach behandeln.
Sie verdient es aber nicht unter dem Losungsworte „Sparsamkeit" zu leiden; in solchen Fällen wird die Sparsamkeit zur unverantlichen Verschwendung.

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