Kaiser Franz Josef regierte bis 1867 absolut. Er orientierte sich am aufgeklärten Absolutismus.
Das ist eine Geschichte aus dem Buch
Lechner, J.
Linz: Fink, 1859.
Wie Moses aus dem Felsen Wasser schlug,
Und für sein Volk der Fels dann schätze trug,
so schlägt des hocherhab'nen Kaisers Hand
Hier schätze aus der Felsenwand.
Es sind nun 74 Jahre verflossen, als der letzte Hauptstollen am Hallstätter Salzberge und zwar am 8.Oktober 1782, 1200 Fuss ober dem Spiegel des See's von Hallstatt, angeschlagen wurde. Dieser Stollen führt den Namen der nun längst in Gott ruhenden glorreichen Kaiserin Maria Theresia.
Um der aufhabenden Pflicht Rechnung zu tragen, damit den Nachkommen fernerer Jahrhunderte der unbegränzte Reichthum des dortigen Salzberges erschlossen werde, wurde es Bedingnis, ähnliche Vorbereitungsbaue anzulegen.
Dieses ward Veranlassung zu einem Feste, welches in der Erinnerung der Bevölkerung und allen Theilnehmern fortleben wird; denn es war zu schön und durch die Allerhöchste Gegenwart der kaiserlichen Majestäten zu bedeutungsvoll, um jemals dem Ge-
dächtnisse zu entschwinden.
Kaum graute der Morgen des 13. Oktober, als der Donner aufgestellter Pöller und die Bergknappen-Musik-Bande, welche zu Schiff den See befuhr, das Zeichen gab, das der langersehnte Tag heranrücke, wo seine Majestät der Kaiser und Ihre Majestät die Kaiserin in Mitte einer biedern, treu ergebenen Bevölkerung zu erscheinen geruhen werden.
Alsbald, obwohl an einem Werktage, sah man ganz Hallstatt im Feierschmucke, mit Fahnen und Laub geschmückt, ja jedes Häuschen, selbst solche der allerbescheidensten Art, deren dieser Ort so viele zählt, war nach Kräften verziert, die Bewohner in ihrer festlichsten Bekleidung,– die entferntere Bevölkerung, weit über die Gebirge schon während finsterer Nacht herüber steigend, mit ihren Bergstöcken bewaffnet, die Plätze nächst dem See ausfüllen; denn nicht vermochten sie in ihren Wohnplätzen auszuharren, damit ihnen das Signal nicht entgehe, welches die beglückende Ankunft der kaiserlich königlichen Majestäten verkünde, so düster der Himmel, die Berge und Felsen ringsum von dichtem Nebel verschleiert, so enthüllte sich der Horizont in schönster Klarheit und die ängstlich vermisste Sonne erschien in Pracht und Fülle, um Bote eines Lichtes zu sein, welches Oesterreich mit seinem Glanz erfüllet.
Um 9 Uhr vernahm man Schüsse von der Gosaumühle, und war somit die glückliche Ankunft der Majestäten verkündet. Der Amtsvorstand der Salinen-Verwaltung hatte die Allerhöchste Einschiffung in ein bereit gehaltenes zierlich geschmücktes Schiffchen zu leiten und eine grosse Anzahl Schiffe, theils von Fremden, theils von der Bevölkerung eingenommen und belastet, hatte und suchte das Glück, die k. k. Majestäten zu begleiten.
Es war um 10 Uhr, als unausgesetzte Schüsse erfolgten und unter dem Geläute des kleinen, so lieb und fromm dahingestellten Kirchleins von Hallstatt seine Majestät der Kaiser und Ihre Majestät die Kaiserin mit sn. Excellenz dem Herrn General-Adjutanten FML. Grafen Grünne, nebst mehreren hohen Notabilitäten des Waffenstandes, und der dem kaiserlichen Hofstaate zugehörigen hohen Damen in der Lahn nächst dem Salinen-Amtshause landeten, von seiner Excellenz dem k. k. Herrn Finanz-Minister Freiherrn von Bruck, seiner Excellenz dem Herrn Statthalter vom Lande ob der Enns Freiherrn von Bach, dem Sectionschef der Bergbehörde und den gesammten Beamten dortortiger Werke, sowie auch den Repräsentanten der politischen Behörde ehrfurchtsvollst mit einem dreimaligen „Glück auf!“ empfangen. Sogleich wurde von den kaiserlichen Majestäten der Weg zu dem Platze der Feierlichkeit angetreten.
Ihre Majestät die Kaiserin sammt den Damen der allerhöchsten Begleitung wurden, der Steile des Berges wegen in bereitgehaltenen Tragsesseln getragen.
Am Fusse des Salzberges stand eine Triumphpforte im schönsten grünen Schmucke mit der zum Herzen sprechenden Aufschrift: „Glück auf!“ und rechts und links waren Berggnomen abgebildet, die Attribute und Ausbeute des Bergwerkes, theils auf der Schulter,theils in den Händen tragend. Bis zur Höhe des Festplatzes war der Weg entlang mit grünem Laubgewinde geschmückt, welches einen überaus reizenden Anblick gewährte.
Es mochte 10 Uhr sein, als die allerhöchsten Majestäten, der Kaiser in gekannt ritterlichster Haltung mit dem edlen Blick der Habsburger, die hohe Kaiserfrau in bezauberndster Anmuth und Milde, auf der Höhe des Festplatzes eintrafen, empfangen von dem hochwürdigsten Herrn Bischofe von Linz, gesammter Geistlichkeit und den Beamten des Salzbergbaues.
Nachdem der hochwürdigste Bischof den Majestäten das Weihwasser gereicht, erscholl von den mit ihren Fahnen aufgestellten Bergknappen der so schöne als ergreifende Bergmannswunsch, in einem dreimaligen „Glück auf!“ und ein donnerndes, kaum enden wollendes „Vivat!“ mit den Fanfaren der Musik und der lieblichen Volkshymne beurkundete die Freude und das Glück, die allerhöchsten kaiserlichen Majestäten begrüssen zu dürfen.
Ein Zelt, weiß und roth, von elegantester Drapirung, in Mitte mit dem Kaiserbilde geschmückt, vorne zwei Betschemel, in Arbeit und Form würdig, kaiserliche Andacht zu tragen, der Altar und Predigtstuhl im schönsten gothischen Style von Baumrinde mit Moos und Laubwerk geziert, einfach und doch schön, im Vordergrunde das Portal zum Eingange des neuen Stollens ebenfalls in geschmackvoller Bauart mit der Inschrift: „Franz Josephs-Stollen“ und Bergstufen mit Sinnigkeit in pyramidaler Form geordnet und aufgestellt, war
Alles, wohin das Auge blickte, im Einklange mit der hohen Bedeutsamkeit des Festes.
Der hochwürdigste Bischof celebrirte die heilige Messe und während der ganzen Dauer derselben sah man beide Majestäten in rührendster Andacht knieend vor dem Allmächtigsten.Während der Messe wirkte die am Salzberge terassenförmig aufgestellte Bergmusik, und der Gesang-Verein aus Ischl, letzterer mit überraschend schönen Kräften. Pöllerschüsse verkündeten in weite Ferne die kirchlichen Abschnitte der heiligen Handlung.
Nach beendetem Gottesdienste überreichte seine Excellenz Herr Finanz-Minister Freiherr von Bruck an seine Majestät Schlägel und Eisen, worauf Höchstselber und Ihre Majestät die Kaiserin sich zum neu zu erschliesenden Stollen verfügten und die drei Schläge führten „im Namen der untheilbaren heiligen Dreifaltigkeit und unter dem Schutze der heiligen Barbara.“
Ein ertönend dreimaliges „Glück auf!“, schmetternde Fanfaren, der Donner der Geschosse und abermals die Volkshymne waren das Echo des von den Majestäten an dem neuen Stollen-Eingange gesprochenen Gebetes.Hierauf erfolgte von dem hochwürdigsten Herrn Bischofe die Einweihung des Stollens mit Abhaltung der herkömmlichen Gebete. Ein Te Deum endete das kirchliche Fest, worauf die Majestäten in einem im Zelte aufgelegten Buche die Allerhöchsten Namen einzutragen geruhten. Ein wiederholt gesprochenes „Glück auf!“ und begeisterte Lebehoch-Rufe, das Geläute der Glocken, die Schüsse der in weiten Räumen postirten Pöller machten den Schluss dieser ebenso würdigen als erhebenden Handlung, worauf unter nochmaliger Darreichung des heiligen Weihwassers die beiden kaiserlichen Majestäten den Salzberg verließen, um sich zu einem Dejeuner in das Salinen-Amtshaus zu verfügen, wozu nebst der hohen Umgebung die Vorstände der Behörden beigezogen zu werden, das hohe Glück genossen.
Bei diesem Mahle sprachen se. Ercellenz Herr Finanz-Minister Freiherr von Bruck den tiefgefühlten Dank an seine Majestät den Kaiser aus für die höchstgnädige Eröffnung des neuen Stollens, worauf von den geladenen Anwesenden ein dreimaliges „Glück auf!“ gebracht wurde. Während der Tafel spielte die Berg-Musik-Bande und wirkte der Gesang-Verein aus Ischl.Es mochte 1 Uhr Nachmittags sein, als sich die kaiserlichen Majestäten zu Schiffe begaben, um die Abreise zur Gosaumühle anzutreten, woselbst Hof-Wägen zur Weiterfahrt nach Ischl harrten.Vor der Abfahrt in der Lahn wurden Ihren Majestäten von der großen Anzahl anwesender Gäste und dem versammelten Arbeitspersonale nochmals ein dreimaliges „Glück auf!“ gebracht.
Kaum hatte das Schiff, welches die Majestäten trug und die Schiffe, welche den hohen Hofstaat und die hohen Gäste einnahmen, einen Theil des See's erreicht, als wie durch einen Zauber und als wären die unzählbaren Fahrzeuge plötzlich aus der Tiefe des See's zur Oberfläche gedrungen, Hunderte von Schiffchen erschienen, zierlichst mit Kränzen, Reisig und Fähnchen geschmückt, das Kaiserschiff umgebend. Zwei Schiffe mit Musik und dem Gesang-Verein trugen abwechselnd Musik- und Gesangstücke vor; auch Alpengesang war zu vernehmen. Ganz Hallstatt war zur See, keine Familie blieb zurück, denn Alles wollte nochmals Antheil nehmen an dem Ende des Festes und an dem Anblicke der Majestäten.
Der See still und ruhig, von keiner Welle bewegt, der Himmel tiefblau, die Sonne rein und mild, vertheilte ihre goldenen Strahlen mit Grosmuth und Liebe auf alle, welche dem Kaiser-Zuge folgten.Allüberall, zu Wasser und zu Lande, waren Pöller aufgestellt, welche sich fast wie ganze Batterien mit furchtbarer Kraft entluden. Dem Berichterstatter sind es Klänge aus altbekannter Zeit, aber das hundertfältige Echo, welches die Berge und Felsen in einer nie geahnten stärke wiedergaben, war das Imposanteste, welches wir jemals in solcher Art gehört. Es däuchte uns, als sei dieses gewaltige Echo die Sprache der Bergriesen, welche dem hohen Kaiserpaare ein „Glück auf!“ zuriefen.
Fürwahr, es war eine wahre, echte Kaiserfahrt!–
Die kolossalen Felsen, welche Hallstatt umschliesen, als: der Salzberg, der hohe Plassen, der Hirlatz, der Krippenstein und Saarstein und im Hintergrunde der Dachstein– haben solches Schauspiel nie gesehen, und werden in Jahrtausenden Zeugnis geben von dieser schönen Feier und von der Liebe eines Volkes zu seinem Herrscher.
Aber so wie Alles endet,– so auch dieses Fest.
Immer näher und näher kam man dem Ziele, und als in der Gosaumühle gelandet und die Volkshymne nochmals gespielt wurde, waren die letzten Klänge noch nicht verhallt, als das hohe Kaiserpaar unserem Auge entschwand. Und so rufen wir aus vollem Herzen ein nochmaliges „Glück auf!“ seiner Majestät dem Kaiser, Ihrer Majestät der Kaiserin und dem Gesammt-Vaterlande.
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