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Die Goiserer in Wien

Autorenbild: Gerhard ZaunerGerhard Zauner

Der Film ist vom Youtube Kanal von Heinz Unterberger.




Die Goiserer in Wien.

Von L. Nowak, Wels.

Das war zu Kaiser Josefs Zeit in Wien. Da mußte der Wehr- und Wassermeister Seitner, der damals im Bärenwirtshaus zu Goisern saß, mit seinen Arbeitern nach Nußdorf bei Wien. Es gab dort ein Stück Arbeit am Strombett der Donau zu richten.

Der Kaiser Josef schaut überall nach. Er interessiert sich für alles. So muß er doch auch seine Goiserer besuchen, den Wehr- und Wassermeister mit seinen Knechten. Er findet Gefallen an ihrer tüchtigen Arbeit, oft geht er nach Nußdorf hinaus und schaut ihnen beim Werken zu, sieht sich den Seitner genau an, wie er beaufsichtigt und kommandiert, als der Sohn eines Bergvolkes, das sich schon Jahrhunderte lang mit wilden Wässern herum­schlagen muß.

Einmal kommt der Kaiser zu Mittag und trifft die Wehrleute beim Essen. Was werden sie denn anders essen als ihre schmalzgebackenen „Nocka", das National­gericht der Salzkammergutmänner, der Bergknechte, Holz- und Wasserknechte, das Männer besser machen als Weiber, weil sie bei der Arbeit unter der Woche nichts anderes essen.


Der Kaiser schaut. Sitzen sie da, die Leut' aus dem wilden Gebirg und hat jeder eine runde schwarze Pfann' vor sich voll goldgelber Nocken und laßt sich's gut schmecken. Der Kaiser verlangt, das ihm noch unbekannte Essen zu kosten. „Ich möchte kennen lernen, was ihr esset. Kocht ihr heute für mich!" „Geschwind! Geschwind!", in aller Eil rennt einer um weißes Mehl und aus dem werden dann dem Kaiser die Nocken gemacht.

Der Wassermeister Seitner hat das alles zuerst nicht so in Acht gehabt, er, der Wehrmeister, ist doch nicht fürs Kochen da, sondern fürs Verbauen. Dann sieht er, wie einer der Köche dem Kaiser strahlend vor Stolz eine Pfann' mit Nocken bringt. Da geht er doch hinzu— sieht den Herrscher den ersten Nocken aufbrechen— und aus goldgelb gebackener Hülle quillt's blütenweiß hervor.

Seitner schüttelt den Kopf. Er getraut sich noch nichts zu essen, aber er mißbilligt den kleinen Betrug. Was sie essen, hat der Kiaiser zu kosten verlangt— und so schnee­weiße „Nocka" ißt nicht einmal der Wassermeister selber—geschweige denn die Knechte!

Seitner schweigt. Der Kaiser ißt ein gut Teil des schmackhaften- enfachen Gerichtes, dann geht er mit freundlichem Gruß von dannen.

Und dem Kaiser Josef muß die Salzkammergütler Kost gemundet haben, denn bald kommt er wieder zu Mittag und verlangt wieder „Nocken".

Da geht der Wassermeister selbst in die Küche, kommt gerade dazu, wie der Kochknecht wiederum voll Freud', daß er so eins Ehr' eingelegt hat mit seiner Kunst, aber­mals das Weiße Mehl hernehmen will, fällt ihm in den Arm und sagt ernst und ruhig: „.Haltaus!" Und weist auf die Kiste mit dem schwärzeren Mehl:


„Des nehmt's mir dös Mehl, von dem ös eßt's! Der Kaiser hat enker Kost verlangt und wann die Nocka aus dem feinern Mehl sand --- sand's nimmer die enkern!— Ma musst in allem Aufrichtig sein!"

Also gsschieht's und der Knecht muß folgen. Ein bisserl zaghaft trägt einer dann die Nocken dem Kaiser auf. Seitner tritt neben ihm zum Tisch.

„Dös is's, was mir essen, Majestät," sagte er. AIs der Kaiser diesmal den ersten Nocken aufbricht, sieht er, daß heute schwärzeres Mehl genommen worden ist. Der schaut den Seitner an, der ruhig und tapfer da­ steht. Er ahnt den Zusammenhang.

Der Kaiser Josef ißt auch die schwarzen Nocken, und tut auch dem wirklichen Gericht der Wasserknechte alle Ehre an. Wie er sich von dem einfachen Tisch erhebt, klopft er dem Seltner auf die Achsel und sagt:

„Sie sind ein braver Mann, Wassermeister." „I kann keine Falschheit nit leiden." „Ich auch nicht!"

Der Kaiser drückt dem Bärenwirt zum Schluß die Hand. Der fühlt eine merkwürdige Erleichterung, daß der Kaiser jetzt wirklich alles genau weiß und über die Küche der Wasserleute ganz im klaren ist. Nach einigen Tagen kam der Kaiser noch einmal. Und diesmal brachte er dem Wassermeister etwas mit: eine kleine silberne Dose voll funkelnder Dukaten. Die drückt er dem Mann in die Hand:

„Für Ihre Auf­richtigkeit, Seitner!"

Die Arbeit der Goiserer Wasserleute an der Donau bei Nußdorf erreichte auch ihr gutes Ende. Die Goiserer zogen mit dem wohlverdienten Lohn in den Taschen wieder in ihre Bergheimat zurück. Die Männer waren zeitlebens stolz auf das Stück Arbeit, das sie zu Wien geleistet hatten— die Frauen, die sie begleitet hatten, erzählten immer wieder von der Größe und Pracht der Kaiserstadt, von den schönen Kleidern und die Sage von den gelben und roten Schuhstöckerln, die sie getragen, kam bis auf die fernen Enkelinnen herab.

Als dauerndes Wahrzeichen erhielt sich die kleine silberne Dose in der Familie Seitner. Die Dukaten ver­schwanden freilich daraus, waren gut zur Ausstattung der Töchter, das zierliche Silberbebältnis aber blieb. Durch eine der Töchter des Wassermeisters, Maria Anna, kam das Kleinod in eine Salzkammergutfamilie anderen Namens, doch ist es heute noch dort zu finden.

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