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Die Kinderhochzeit und die Kleinkinder-Bewahranstalt.

Autorenbild: Gerhard ZaunerGerhard Zauner



Eine Kinderhochzeit in Hallstatt.

In Hallstatt fand Sonntag unter dem Protektorat der Gräfin Anna Almassy ein von der Tochter der ehemaligen Kammersängerin Wilt, Frau Direktor Fanny Göttinger, arrangiertes Wohltätigkeitsfest statt, dessen Hauptanziehungspunkt eine von einheimischen Kindern dargestellte Hochzeit mit allen Gebräuchen, wie sie früher in Hallstatt üblich waren, bildete. Die einzelnen ungemein anziehenden Bilder dieses von Fräulein Grete Wilt nach Angaben des dortigen „Hochzeitsladers" Herrn Spitzer in Szene gesetzten Festspieles wurden kinematographisch aufgenommen und werden als ein interessanter Beitrag zur oberösterreichischen Ethnographie im Laufe des Herbstes in der Wiener Urania zur Vorführung gelangen.




Auspeisung der Kriegs Schulkinder-Suppe zur Zeit des ersten Weltkrieges.



Der evangelische Pfarrer und Gemeinderath in Hallstatt, Herr Konrad Ludwig v. Sattler, beabsichtigt im Namen der gesammten armen Bewohner Hallstatt's einen Aufruf an edle Menschenfreunde um milde Bei­träge zur Gründung einer Kleinkinder- Bewahranstalt zu Hallstatt zu erlassen.


Die Bevölkerung dieser Gegend besteht größten Theils aus dürftigen Bergknappen, Salinenarbeitern, Holzknechten, See­fahrern deren Geschäft und Lebensweise es mit sich bringt, daß sie beinahe den ganzen Tag vom Hause entfernt sind.

Wie die Männer, so müssen auch die Weiber, um den Lebensunterhalt für ihre oft zahlreiche Familie zu ge­winnen, ihrem Erwerbe in der Ferne nachgehen. Die Salzträgerinnen verlassen z. B. zu diesem Ende schon um 4 Morgens ihre Wohnung und kehren erst spät Abends dahin zurück. Während des ganzen Tages sind die Kinder sich selbst überlassen und werden von den Eltern in die dumpfen Wohnungen eingesperrt. Wie, nachtheilig dies auf Geist und Körper einwirke, welches Gefahr für Gesundheit und Leben der Kinder damit verbunden sei, davon haben die dort so häufig vorkom­menden Fälle des Kretinismus der durch die Verwahr­losung der Kinder in ihrer zartesten Jugend wohl haupt­sächlich begründet sein dürfte, davon haben manche Fälle der Verkrüppelung, des Ertrinkens der Kinder und neuerlich im kurzen Zeiträume eines Jahres zwei unglückliche Ereignisse hinlängliche Beweise geliefert, es verbrannten nämlich zwei Kinder, die im geheizten Zimmer allein zurückgelassen und eingesperrt waren, mit dem Feuer spielend auf schauderhafte Weise.


Die Er­richtung einer Kleinkinder-Bewahranstalt würde ein Ka­pital von etwas über 4000 fl. C. M. in Anspruch neh­men; die Bevölkerung Hallstatts ist in ihrer Konfession gemischt, es soll jedoch nach der Absicht des Bittstellers bei der Aufnahme und Behandlung der Kleinen ein kon­fessioneller Unterschied nicht gemacht werden.


Wir glau­ben im Interesse der Humanität diesem Aufrufe Ver­breitung geben und ihm den besten Erfolg wünschen zu sollen.

Möge er hauptsächlich von den zahlreichen Bade­gästen gehört werden, welche jene Gegend kennen gelernt haben.

Der Administrator des Verlages dieser Zeitung, der rühmlichst bekannte Menschenfreund Herr Mi­chael Edler v. Rambach, ist erbötig, auch diesem guten Werke seine Theilnahme zuzuwenden und milde Beiträge zu dem angeführten Zwecke anzunehmen und zu sammeln.

























Abgetippter Text von dieses Anzeige (Dank und Nachricht) befindet sich weiter unten.


Dank und Nachricht

Als im November v J. der achtungsvollst Unterzeichnete einen Aufruf und Bitte: an die edlen Bewohner Wiens, welche das Ischlerbad besuchten, machte, und um gütigste Beiträge zur Gründung einer Kleinkinderbewahranstalt im benachbarten Hallstatt bat, fand dessen Aufruf und Bitte in der Wener Zeitung, November Nr.266 und 282 die freundlichste Wärme.

Der Unterzeichnete fühlt sich verpflichtet, den edlen Gebern, sowohl seinen herzlichsten Dank im Namen der armen Bewohner Hallstatts für die liebreiche Theilname darzubringen, als auch jenen freudigst die Nachricht zu geben, daß auch der allerh. kaiserl. Hof allergnädigst Interesse für die Grünung der Kleinkinderbewahranstalt bezeigt habe und namentlich ihre kaiserl. Hoheit Frau Erzherzogin Sophie, voll der huldreichen Theilnahme für die armen Kinder Hallstatts, das großmüthigste Geschenk von 5000 fl C.M. allergnädigst spendeten, und überdies die allerhöchste Protektion über diese Anstalt nehmen zu wollen, huldreichst erklärten.


Auf höchster Anordnung wurde bereits ein Haus sammt bedeutendem Grundstücke in der Lahn angekauft und durch die umsichtige Verwaltung des hiesigen k. Salinenverwalters dasselbe aufs zweckmäßigste hergerichtet und wird schon im Frühjare benützt werden können. Die kaiserliche Geberin hat außerden gnädigst zu erklären geruht, alle ferneren Unkosten aus Höchsteigenem bestreiten zu wollen und für die weitere Einrichtung huldreichst Sorge zu tragen.


Durch andere gütige Wohltäter ist die Summe von 771 fl. eingegangen, wovon 600 fl. in Obligationen und das übrige in Sparcassenbücheln angelegt sind, welche die Bestimmung haben, als Reservefond für außerordentliche Ausgaben zu verbleiben.-


Ihre kaiserl. Hoheit, bereits seit einer Reihe von Jahren die größte Wolthäterin der hiesigen armen Gebirgsbewohner, mit Segen in aller Mund genannt, hat sich durch diese neue große Wohlthat, der Gründung einer Kleinkinderbewahranstalt allhier, ein unvergängliches Denkmal gestiftet, dessen Segen auf die kommenden Geschlechter übergeht. Mit freudiger Zuversicht darf der Menschenfreund hoffen, daß diese Anstalt den heilsamen Einfluß auf die körperliche und geistige Entwicklung und echter Religiosität und aller Tugenden ausüben werde.


Möge die Allgütige dafür die Allergnädigste Frau Erzherzogin und das ganze a.h. Kaiserhaus mit seinem reichsten Segen überschütten, so wie alle die liebreichen Wohlthäter, welche freundlichst ihre milden Gaben darreichten; und der dankbarst Gefertigte hat nur noch die herzliche Bitte, es möchten all jene edlen Geber, wenn sie künftiges Jahr oder später wieder Hallstatt besuchen, auch diese Anstalt mit ihrem besuche beehren, wo die Kindlein durch ihre liebreiche Sorge, fröhlich an leib und Geist gedeihen, und so sich ihres Werkes der Liebe erfreuen.

Hallstatt im Dezember 1852.

Conrad L v. Sattler

evangelischer Pfarrer und Gemeinderath







Aus: Reiseberichte aus Aussee in der Steiermark.


Ehe wir unsere Mittheilungen über die Erlebnisse in Hallstatt fortsetzen, wollen wir noch Einiges über die Ver­hältnisse seiner arbeitenden Classe erzählen.

Die Bewohner von Hallstatt sind größtentheils ärarische Arbeiter und ihre Entlöhnung ist mit den übrigen Ortschaf­ten, wo die Arbeiter vom Aerar bezahlt sind, wohl gleich. Bringt man aber das mit in Anschlag, daß sich der Hallstätter Arbeiter nur von seinem sehr schmalen Lohne (von welchem später eingehender berichtet wird) ernähren muß. so steht er insofern den ärarischen Arbeitern anderer Orte weit nach, die in der Regel sich in der freien Zeit einige Nebenverdienste sichern können. Seine Lebensweise muß des­halb überaus kümmerlich genannt werden. Mangel an guter Nahrung, gesunder Wohnung sind denn auch die Ursache, daß in Hallslatt sehr verkümmerte Individuen herumschleichen.

Dazu kommt auch die vernachlässigte Erziehung der Kinder. Der Vater ist die ganze Woche auf dem Salzberge; die Mutter hat oft weder Zeit noch Geschick zur Erziehung. So kommt endlich die gänzliche leibliche Entartung als Folge heraus. Man findet wohl auch nicht bald so viel Cretins wie in Hallstatt. Dieses Übel hat die Erzherzogin Sophie wohl erwogen und in seinen Ursachen durchschaut, als sie den Plan faßte, in Hallstatt eine Kinderbewahranstalt zu gründen. Diese steht unter der Leitung dreier Schulschwestern aus Hallein. Das Werk ist wohl das schönste Denkmal für die hohe Frau. Das Klösterlein der Schulschwestern steht auf der Lahn, zehn Minuten von Hallstatt südlich. Ein schöner Garten, theils zur Benützung der Kinder, theils zum Nutzgebrauch liegt dabei. Anstoßend ist ein kleiner Kuhstall denn die Schwestern betreiben auch etwas Oekonomie. Der Herr Pfarrer von Hallstatt stellte mich Nachmit­tags den Klosterschwestern vor. Wir hatten uns kaum gesehen, so thaten wir schon wie alte Bekannte. Ich habe überhaupt die Erfahrung gemacht, daß man sich nirgends leichter bewegen kann, als unter züchtigen Klosterfrauen. Denn es fällt da weg alle Etiquette und es genügt vollkommen die Beobachtung des guten Tones. Die Vorsteherin ist eine Blutsverwandte eines liberalen Statthalters im Kaiserthume Oesterreich. Sie beklagte, ja beweinte fast die tiefen Verirrungen ihres Vetters. Auf Verlangen trug ich meinen Namen in ihr Gedenk­buch ein und verewigte so den Tag, welchen ich zu den glücklichsten meines Lebens zähle. Ehe wir schieden, klagten mir die guten Schwestern, daß sie die Arbeitsschule wegen Mangels an Mitteln nicht übernehmen könnten. „O, wenn Sie, sagten sie zu mir gewendet, o, wenn Sie durch ein Fürwort uns eine kleine Hilfe zuwenden können, so vergessen Sie nicht auf uns." -- „Ich werde Sie nicht vergessen", erwiederte ich, die Hand auf mein Herz ge­legt. Und ich habe sie auch nicht vergessen. Weil hier der geeignete Platz zu sein scheint, so will ich per parenthesin etwas aus Hallstatt Bezügliches beifügen.



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