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Die Revolution in Ischl und deren Folgen.

Autorenbild: Gerhard ZaunerGerhard Zauner

Aktualisiert: 2. Okt. 2022





Revolution in Ischl und deren Folgen.

(Vom Jahre 1600 bis 1608.)


Aus G. J. Kanzler's höchst interessantem Werke: Geschichte des Marktes und Kurortes Ischl sammt Umgebung

Ischl : Wimmer in Linz ; 1881

Bei diesen obigen Link geht's zu dem Buch.



Am 3. Februar 1600 erging von Seite des Kaisers Rudolf II. der strenge Befehl, daß die Protestantischen Prädikanten keinerlei Taufen und Trauungen bei Bürgern oder Bauern vornehmen dürften.

Ein neuerlicher Erlaß vom 28. März desselben Jahres verfügte sogar die Abschaffung der protestantischen Schulen und verbot die Ausübung dieses Religionsbekenntnisses sowohl in Linz, Steyr, Wels, wie auch in allen anderen Städten und Märkten des Landes.

Als aber die drei Stände Oberösterreichs (Herren, Ritter und Städter) im Namen ihrer Leidensgenossen dagegen protestirten, gab der Landesverweser Erzherzog Mathias am 16. Februar 1601 an alle Protestantischen Prediger und Schullehrer in Städten und Märkten die kategorische Weisung, das Land binnen acht Tagen zu verlassen.

Ein derartiger Vorgang war nun am wenigsten geeignet, die allgemeine Unzufriedenheit zu beseitigen, umsomehr als die Majorität der Landstände durch ihr Benehmen den Ungehorsam ermuthigte. Aller Orten regte sich neuerdings die vielköpfige Hydra der Revolution, überall gab es Gewaltthaten gegen katholisch oder protestantische Pfarrer, und auch im Salzkammergut, wo fast alle dazu gehörigen Arbeiter, sowie die Bewohner der Märkte schon lange dem protestantischen Glauben anhingen, erhob sich im Sommer des Jahres 1601 ein bedeutender Aufruhr. Besonders waren es die Ischler unter ihrem der­zeitigen Marktrichter Joachim Schwarzl, welche sich durchaus nicht geneigt zeigten, ihren Glauben wegen der Reformations-Verordnungen des Kaisers zu ändern.

Hier begann denn auch der Aufstand, indem Schwarzl in alle Häuser seines Bezirkes ein Buch schickte mit der Aufforderung, daß sich jeder, der protestantisch bleiben wolle, einschreiben möge.

Dies geschah Anfangs Juni 1601 und hatte zur Folge, daß sich fast alle Bewohner des Salzkammergutes als Protestanten erklärten, weil auch andere Märkte und Orte das Vorgehen des Ischler Markt­richters guthießen und nachahmten.

Es ereignete sich nun, daß in demselben Monate eine große Prozession von mehr als tausend Personen aus der Abtenau mit dem dortigen Pfarrer und Landrichter gegen die Gosau hinzog. Kaum war dies be­kannt geworden, als sich die protestantischen Bauern und Bewohner von der Gosau bewaffnet entgegen stellten, sie zurücktrieben und mit Spott und Schimpf­reden behandelten.

Diesen Exzeß berichteten der anwesende Pfarrer und Landrichter an den Kaiser, welcher dann am 6. Juli ein Dekret erließ, worin das Vorgefallene scharf gerügt und die neuerliche Ermahnung beigefügt wurde, zur katholischen Religion überzutreten.

Durch eine Kommission sollte dieser Befehl überall in der Umgegend von Ischl öffentlich vorgelesen werden zu welchem Zwecke nun der Gmundner Salzoberamtsmann Veit Spindler als Oberpfleger von Wildenstein, dann der Administrator von Traunkirchen und der Dechant von Gaspoltshofen als geistliche Obrigkeiten am 25. Juli in Ischl ankamen.

Sie verkündeten am nächsten Tage das kaiserliche Patent auf öffentlichem Platze vor einer sehr geringen Zuhörerschaft und setzten an Stelle Joachim Schwarzl's, der sich unterdessen nach Wien begeben hatte, einen anderen ergebeneren Richter ein. Des Abends zogen die Kommissäre nach Lauffen, wo sie sehr lange bei strömendem Regen unter freiem Himmel aushalten mußten, denn alle Hausthore waren geschlossen, niemand fand sich, der sie beherbergt hätte. Endlich wurden sie von einem Weibe, dessen Mann nicht anwesend war, aufgenommen. Als sie am andern Tage das Dekret bekannt machen wollten, fand sich kein Mensch auf dem dazu bestimmten Platz ein. Nichtsdestoweniger verlasen sie das Schriftstück in vorgeschriebener Weise und setzten den verdächtigen Marktrichter ab, natürlich nur mit Worten, da ihnen Niemand gehorchte.

So zogen sie denn weiter nach Goisern, wo sie die Einwohner vor sich forderten, zur Ruhe und Arbeit, wie auch zur Befolgung des Dekretes zu bereden suchten.

Die Bauern dagegen erklärten, dem Kaiser in Poli­tischer Hinsicht gewiß gehorchen zu wollen, in Religions­sachen jedoch nur ihrem Gewissen folgen zu können.

Als die Kommissäre hierauf am 27. Juli in die Gosau gekommen waren, ließen sie zuerst katholischen Gottesdienst halten, bei welchem aber die drei Sendboten ganz allein erschienen, während sich von der Einwohnerschaft Niemand blicken ließ. Auch hier wurde dann das Patent vor einem kleinen Auditorium ver­lesen, welches gleich den übrigen Bewohnern nichts davon wissen wollte, Protestantische Prediger verlangte und trotzig fortging.

Unterdessen fanden in Ischl in der Wohnung des abwesenden Joachim Schwarzl (dem späteren Sigmund Seeauerhause an der Traun) eifrige Berathungen und vielbesuchte Zusammenkünfte statt, deren Resultat war, daß man den 28. Juli für den allgemeinen Aufstand bestimmte. An diesem Tage trafen die kaiserlichen Kom­missäre in Hallstatt ein, um auch dort die Verordnung bekannt zu machen und die Gemeinde zum Gehorsam zu verweisen. Sie ahnten nicht, daß ihre Sendung hier ein trauriges Ende nehmen werde.

In der Nacht vorher schon hatten die Verbündeten durch Boten in allen Orten, der Verabredung gemäß, „ansagen" lassen (wie man es nannte), infolgedessen zur festgesetzten Zeit mehrere Tausend Aufrührer nach Hallstatt kamen, die Pfannen auslöschten, alle Arbeit sperrten und laut schrien:

Der Leib gehöre zwar dem Kaiser, die Seele aber Gott!

Man solle ihnen nur protestantische Prediger geben.

Der Zorn der Aufständischen richtete sich be­sonders gegen Daniel Hofmandl, „Einnehmeramts-Gegenschreiber", der sich durch sein Benehmen allge­mein verhaßt gemacht hatte, weßwegen man ihm auch die meiste Schuld an diesen „Neuerungen" und deren Folgen zuschrieb. Vergebens gab sich die Kommission alle Mühe, die aufgeregten Leute zu beschwichtigen; wirkungslos verhallte ihr Versprechen, daß sie alle Beschwerden anhören und Ausschüsse des Volkes mit sicherem Geleite nach Linz oder Prag befördern würde. Derartige Worte von „Erledigung aller Beschwerden" waren ja seit dem Bauernkrieg längst als bloße Phrase bekannt. Hatte doch ohnedies eine Depu­tation aus dem Salzkammergute erfolglos in Prag um freie Religionsübung gebeten!

Zufällig traf es sich nun, daß gerade an diesem Tage einer der Abgeordneten, und zwar ein Schneider, von Prag nach Hallstatt zurückkehrte und mit auf­stachelnden Worten erzählte, der Gegenschreiber Hofmandl habe bewirkt, daß der Mitgesandte Stadelmann in den Kerker geworfen worden sei.

Ob letzteres auf Wahrheit oder Verabredung be­ruhte, ist bis heute unentschieden, doch hatte diese Mittheilung zur Folge, daß das aufgeregte, mit Spießen und Hellebarden bewaffnete Volk die Wohnung der Kommissäre im Hallstätter Hofhaus umschloß. Am Morgen des folgenden Tages hörte man den Salzober­amtmann gar nicht mehr an, sondern ergriff den Gegenschreiber, legte ihn in Eisen und nahm sogar die kaiserlichen Kommissäre gefangen, welche unter Hohn und Spott zu Fuß durch die Märkte Goisern und Laufen bis nach Ischl geschleppt wurden, ja sogar mehrmals dem Tode ausgesetzt waren.

Als der Volkshaufe mit den Gefangenen in Ischl ankam, riß man den Gegenschreiber weg, führte ihn auf's Rathhaus und warf ihn in Ketten; die Kom­missäre aber mußten im Amtsgebäude bleiben.

Alles war nun in Bewegung, den ganzen Tag zogen die Verbündeten Protestanten und ihre Anhänger im Markte herum, berathend und die gefangene Kom­mission bewachend. Da der Salzoberamtmann vernahm, daß man ihn längere Zeit gefangen halten wolle, um das Schloß Wildenstein zu überrumpeln, bewerkstelligte er in der Nacht mit seinen Kollegen die Flucht nach Wildenstein, in dessen festen Mauern sie sich geschützt glaubten Doch die Rebellen drangen auch bis hieher und bedrohten die Burg, so daß die Kommission am 4. August Nachts 1 Uhr gezwungen war, ihr Versteck mit Benützung unterirdischer Gänge zu verlassen.

Noch jetzt zeigen sich Gänge und Klüfte im Wildensteinfelsen, von denen nur einige ein weiteres Vordringen in die Tiefen des Berges gestatten. Die größte Kluft befindet sich unterhalb des Schlosses und ist von der Straße aus sichtbar. Sie beginnt mit einer Klamm in der Breite von 2 Metern, die schließlich von rundlichen, durch enge Öffnungen getrennten Felsblöcken erfüllt ist. Eine der Öffnungen bildet den Eingang in eine Höhle, in welcher aber sofort ein 3—4 Meter tiefer, senkrechter Absturz beginnt, über den man bei einer Begehung am 11. Juli 1879 mittelst Seiles abstieg.

Der innere Raum besteht in einer unregelmäßigen Kammer, die sich mehrfach zu verzweigen scheint, doch ist nur ein von Nord nach Süd ganz gut begehbarer aber steil abfallender enger Gang praktikabel. Beim Verfolgen desselben zeigt sich bis in eine Tiefe von 15 Metern noch Tageslicht, dort aber kommt man zu einem nicht ungefährlichen Punkte, zu einem tiefen Schlott, den man nur in gebückter Haltung zu passiren vermag. Jenseits dieser Stelle erhöht sich dieser Raum.

In unmittelbarer Nähe des Schloßes befinden sich noch zwei Mündungen, deren eine verschüttet ist, während die zweite eine bedeutende senkrechte Tiefe hat.— Das kleine noch gegenwärtig am Fuße der Anhöhe stehende Häuschen soll vormals den Dienstleuten von Wildenstein zur Wohnung angewiesen und durch einen geheimen unterirdischen Gang mit dem Schloße verbunden gewesen sein.


Wegen Mangel eines anderen sicheren Weges flüchteten sie unter mannigfachen Beschwerden zu Fuße über das unwirthliche, unbekannte Gebirge nach Strobl, St Wolfgang, Mondsee, von dort erst nach Gmunden und Linz, um dem Erzherzoge Mathias das Vorgefallene zu berichten.

Die Ischler und ihre Bundesgenossen glaubten nun, daß der Salzamtmann nach Wien gereist sei, schickten ebenfalls 28 Abgeordnete dahin ab, jagten aber unterdessen alle etwa noch amtirenden katholischen Pfarrer und Kirchendiener der Orte Ischl, Hallstatt, Goisern, Gosau weg, nahmen die Kelche, Urkunden, Kirchen- und Sakristeischlüsssl e.c. zu sich und behandelten auch den noch in Ketten liegenden Gegenschreiber sehr schlecht. Ihr Muth wuchs umsomehr, als inzwischen Joachim Schwarzl zurückgekehrt war, welchen man mit Jubel empfing und neuerdings als Marktrichter einsetzte.

Dieser Mann besetzte jetzt alle erledigten Pfarr­stellen mit lutherischen Prädikanten oder Pastoren, organisirte und kommandirte die Rebellen, ordnete Wachposten in- und außerhalb des Marktes Ischl an, ließ alle das Salzwesen betreffenden Arbeiten einstellen und sammelte das ganze Pfannhaus-Personale theils mit, theils ohne Gewalt unter seine Fahne.

Der Landesverweser Erzherzog Mathias, welchem die Kommissäre Alles schleunigst mitgetheilt hatten, berichtete die Ereignisse an den Kaiser und sagte in seinem Schreiben, daß sich die Rebellen rühmten, den Beistand der oberösterreichischen Stände und landesfürstlichen Städte zu haben.

Deßhalb erließ Rudolf II. am 15. August einen Befehl an die Stände, sie sollten doch den Aufruhr stillen, die Rädelsführer ergreifen und dieselben ent­weder selbst behalten oder dem Landeshauptmann aus­liefern.

Die Stände kamen auch am 25. August zu einer Berathung zusammen, wählten Kommissäre aus ihrer Mitte, welche nach Gmunden und in das Salz­kammergut ziehen, die dortigen Gemeinden belehren, zur Ruhe und Arbeit ermahnen und sich über die Ursachen der Rebellion erkundigen sollten. In dieser Absicht baten sie den Landesverweser um ein Patent, mit daß der Salzamtmann und seine Leute sich den Kommissären zur Verfügung stellen und den nöthigen Beistand leisten möchten.

Erzherzog Mathias willfahrte zwar diesem Wunsche, erklärte sich aber mit solch leichten Maßregeln nicht einverstanden, sondern verlangte, man solle die Rädels­führer mit Gewalt festnehmen und dem Salzamtmann übergeben. Während diese Antwort erst am 6. Sep­tember bekannt wurde, waren die Kommissäre schon am 4. September in Gmunden, wo sie den Salzamtmann und dessen Beamte zur Berichterstattung und Beratschlagung beizogen. Bereits am 5. September war die Kommission in Ischl und forderte im Laufe des nächsten Tages den Richter und Rath des Marktes vor sich, verwies denselben ihr eigenmächtiges Vorgehen und befahl, so­wohl den Gegenschreiber freizulassen, wie auch die verjagten katholischen Pfarrer wieder einzusetzen.

Joachim Schwarzl entgegnete darauf, er sei weder beim Beginne des Aufruhrs in Ischl gewesen, noch könne er ohne Wissen und Willen der Gemeinde den gefangenen Schreiber ausliefern, es sei daher nothwendig, die Bürger aller betheiligten Orte herbeizu­rufen.

Demzufolge verlangten die Kommissäre, es mögen entsprechende Ausschüsse gewählt werden, welche denn auch in zahlreichen Gruppen von Hallstatt, Lauffen, Goisern und Gosau am 7. September in Ischl an­kamen, den Schreiber freiließen und mit den Kom­missären übereinkamen, daß die Märkte, sowie die Salz- und Holzarbeiter ihre Beschwerden (welche gegen den Salzamtmann, den Pfleger von Wildenstein und dessen Gegenschreiber, vorzüglich aber gegen den Religionszwang gerichtet waren) schriftlich einreichen sollten.

Nachdem nunmehr eine oberflächliche Ruhe einge­treten war, kehrte die Kommission am 8. September nach Gmunden, dann nach Linz zurück, und die Arbeiten begannen wieder in gewohnter Weise. Doch schon am 13. September schickten alle Gemeinden des Salzkammergutes ein Schreiben an die Kommission nach Linz, worin sie erklärten, sie hätten nun alles Mögliche gethan, die Arbeiten wieder begonnen, aber betreffs der Religion könnten sie nicht nachgeben; sie wären nun schon so lange Jahre Protestantisch und jetzt verlange man, daß sie plötzlich katholisch würden, welche Religion ihnen ja gar nicht bekannt sei.

Deßhalb möge die Kommission bewirken, daß man alles beim Alten lasse, bis der Kaiser entschieden habe.



Rudolf II. sendete am 12. Oktober an all' diese Gemeinden und Arbeiter einen Erlaß, in welchem er versprach, daß ihre Beschwerden untersucht werden sollten. Bezüglich der Religion müsse er aber schon jetzt erklären, daß er von seinem früheren Willen nicht abgehen könne, sondern auf's Neue fordere, die katholischen Pfarrer zurückzuführen, ihnen zu gehorchen und von nun an im katholischen Glauben zu leben.

Eine solche Erledigung war nicht geeignet, die Gemüther zu versöhnen, sondern fachte das noch glimmende Feuer der Revolution auf's Neue an. Alle Arbeiten blieben eingestellt, die Grenzen wurden be­wacht, mit Bollwerken und Verhauen befestigt.

Immer weiter griff der Geist des Aufruhrs um sich, als der Kaiser beschloß, gegen die Bewohner des Salzkammergutes kräftigere Maßregeln zu ergreifen, seine Befehle mit Gewalt durchzusetzen, und in Steiermark Truppen gegen sie zu sammeln. Überdies er­suchte er den Erzbischof von Salzburg, Wolfgang Dietrich von Reitenau, Ruhe und Gehorsam zu fördern. Dieser säumte nicht durch Abgeordnete ein Schreiben nach Ischl zu schicken, mit welchem er sie zur Be­folgung der kaiserlichen Befehle, zur Anerkennung und Wiedereinsetzung der katholischen Pfarrer ermahnte und die Aufforderung beifügte, man solle Ausschüsse zu ihm schicken, um über alle Beschwerden zu berathen.

Die Ischler und deren Verbündete wendeten sich nun an die ihnen günstig gesinnten Stände von Oberösterrelch (Herren, Ritter und Städter), klagten, daß der Kaiser schon Truppen in der Steiermark rüste, daß man Blockhäuser errichte und Kanonen mitführe, wesshalb Tyrannei und Verwüstung bevorstehe; die Stände mögen Hilfe leisten, weil die Truppen wohl noch über andere Städte und Schlösser herfallen, sie zum katho­lischen Glauben zwingen würden, und überdies auch von Salzburg her Gewalt drohe.

Obwohl die 3 weltlichen Stände in Religion und Gesinnung mit den Gemeinden in und um Ischl übereinstimmten, konnten sie doch jetzt nicht helfen, denn es erging ihnen selbst nicht besser. Auch sie mußten der Gewalt weichen, als der Kaiser in eben dieser Zeit den Großkomthur des Johanniterordens nach Linz schickte, der im Vereine mit dem Landeshauptmanne alle Befehle, welche Rudolf II. betreffs der Religion erlassen hatte, unnachsichtlich ausführte.

Es kam jetzt eine traurige Zeit über Ischl, denn am 23. Februar 1602 drangen plötzlich unter dem Oberbefehle des Hans Kaspar von Stadion 1200 Mann zu Fuß und 136 Reiter salzburgisch- erzbischöflicher Truppen von drei Seiten in das Ischler Thal ein.

Ein Theil, welchen Graf Paar commandirte, rückte über den Pötschenberg und besetzte Goisern; ein anderer kam unter Führung des Hauptmannes Giebel (auch Grübel) über das „Gschütt" in die Gosau und Stadion selbst zog mit 600 Mann nach Ischl.*)

*) Über je 100 Mann commandirte ein Unter-Anführer, von denen Griming, Auer, Walter, Amsperaer und Perner genannt werden.

Als die salzburgischen Landsknechte schon ganz nahe waren, rückten ihnen mehrere hundert Rebellen aus dem Markte mit Trommeln, Pfeifen und ge­waltigem Getöse entgegen. Doch Stadion ließ Feuer geben, wodurch viele Bauern getödtet wurden, und zwang die übrigen zur Flucht, welche sich theils in den benachbarten Wäldern, theils in Ischl selbst ver­steckten.


Hierauf lagerten sich die Truppen am Heisperger Felde (in der Gegend des jetzigen Hotel vorm. Bauer), stellten eine Kanone auf und schaffen aus derselben 3 eiserne Kugeln, deren jede 3 Pfund wog, in den Markt. Zwei dieser Kugeln flogen in das am Kreuzplatze befindliche Haus des Lederermeisters Andre Wibmer (jetzt Gottwaldhaus). Bald drangen die Soldaten in den Markt, suchten alle Rebellen, die sich verborgen hatten, auf, nahmen die meisten derselben, darunter den Marktrichter Joachim Schwarzl, gefangen, Plün­derten mehrere Häuser, zerstörten drei derselben, welche einigen Rädelsführern gehört hatten, bis auf den Grund und erbauten an deren Stelle ein Hochgericht.

Sämmtlichen Einwohnern wurden die Waffen (Spieße und Hellebarden) abgefordert, und schließlich hielt der Obercommandant Graf Stadion blutiges Gericht über die vorzüglichsten Rebellen, von denen er einen in Ischl, einen in Hallstatt und zwei in Gosau auf grausame Weise hinrichten ließ.

Im Markte Ischl war es ein ehemaliger Advokat, Michael Haller, welcher wegen seiner Theilnahme an der Empörung öffentlich geviertheilt und dessen Kopf sammt Körpertheilen, in den Straßen des Marktes zerstreut, zum abschreckenden Beispiele aufgehängt wurde.


Ebenso fanden in der Gosau zwei protestantische Bauern, Andre Haager und Maister Michael Baader (der Leitgeb- Bauer genannt), auf ähnliche Weise den Tod.

Nirgends durfte man evangelische Prediger be­herbergen; wer es wagte, wurde unnachsichtlich als Rebelle hingerichtet.

Nach „gethaner Arbeit" zogen die Truppen keines­wegs ab, sondern blieben noch mehrere Monate in der Gegend und ließen sich gut versorgen, wozu auch die Ischler täglich 3 „Hoff" Roggen, 3 „Kändel" Wein, 3 Pfund Fleisch und 1 fl. Geld geben mußten. Diese Abgabe und der Übermuth der Lands­knechte, in jener Zeit keine kleine Plage, bewirkten, daß die Bewohner der 5 Orte endlich nachgaben und versprachen, die katholische Religion sammt ihren Priestern wieder einführen zu wollen.

Jetzt erst zogen die Truppen weiter, nahmen aber den Marktrichter Joachim Schwarzl nebst 8 anderen Hauptanführern nach Salzburg mit, von wo dieselben dann nach Linz geschickt wurden.

Man liest nun sowohl in den Specialgeschichten, wie auch in den meisten Chroniken, daß es bis zum heutigen Tage unbekannt geblieben sei, welchem Schicksale Schwarzl und seine Genossen verfielen. Aus den Gemeindeakten und mehrfachen Prozessen des 17. Jahr hundertes läßt sich jedoch Nachweisen, daß Schwarzl und seine Genossen nach ausgestandener Kerkerstrafe bald zurückkehrten und der Ersterer als einfacher „Bürger", ohne Macht und Einfluß, bis zum Jahre 1632 in Ischl lebte.')

Die Kerkerhaft dürfte nicht allzu strenge gewesen sein, denn Niclas Wolfensperger, Gastwirth in Linz, klagt den Schwarzl am 20. Mai 1611 wegen einer Schuld von 584 fl. l6 kr. „für abgekauften Wein und bar geliehenes Gelt, als Schwarzl im Hauptschloß Linz verarrestiret war."

Von all' diesen Verwüstungen und Gräueln, welche über unser stilles schönes Thal soviel Jammer und Elend brachten, scheint Goisern, trotzdem es im Jahre 1602 nur 62 Katholiken und 1569 Lutheraner beherbergte, am meisten verschont geblieben zu sein; wenigstens fand dort keine Hinrichtung statt, weil während der Anwesenheit des Oberbefehlshabers Stadion mehrere Abgesandte von diesem Orte in Ischl erschienen waren, angeblich einen Fußfall thaten und um Gnade baten, welche man ihnen zusicherte.

Am schlimmsten erging es den Ischlern, denen Rudolf II. im Jahre 1602 wegen ihres Ungehorsames alle Privilegien, Rechte und Freiheiten abnahm.

Wohl ist die diesbezügliche Urkunde, deren Aufbewahrung für den Markt Ischl allerdings nicht sonderlich wünschenswerth erschien, verloren gegangen, doch erfahren wir die Thatsache des Privilegiums-Verlustes sowohl aus den damaligen Gemeindeakten, wie auch aus der später mitgetheilten Original­urkunde Ferdinands II. vom Jahre 1628, wodurch diese Strafe wieder ausgelassen wurde.


Dadurch war Ischl auch des früheren Marktgerichtes verlustig, an dessen Stelle nun der Verweser als „Oberrichter" trat. Dieser berief sechs Bürger— „Asses ores"— an seine Seite und gestattete denselben behufs Regelung der inneren Marktangelegenheiten, Einen aus ihrer Mitte zum „angesetzten Richter" zu wählen. In dieser Eigenschaft fungirte vom Jahre 1602 bis 1609 der Salzfertiger Wolf Schiel.

Als der Landeshauptmann Lebel von Grewfburg, der eifrigste Verfechter des katholischen Glaubens, im Jahre 1602 gestorben war, erhoben sich neue Umtriebe im Lande, die schärfsten Verordnungen wurden nicht befolgt, alle Gesetze umgangen und selbst Gewaltthaten kamen wieder zum Vorschein. Daß auch Ischl neuerdings Protestantische Pastoren beherbergte, beweist ein Ehekontrakt, welcher zwischen Hans Weißbacher (Diener des Pflegers Plasser in „Puchhaimb") und Christina Menhartin („Huettererstochter") von Ischl am 22. Juni 1604 im „Predigeramte zu Isch!" geschlossen wurde.

Wie sehr die Achtung des Volkes vor Rudolf II. allmählig verschwunden war, zeigte sich besonders, als Erzherzog Mathias am 25. April 1606 nach Ungarn ging und sich zum Haupte des Hauses Österreich erklären ließ. Da schlossen die oberösterreichischen Stände ein Bündniß mit Mathias, und gewährten diesem eine Geldunterstützung, wofür sie jedoch volle Religionsfreiheit verlangten. Am 25. Juni 1608 kam nun jener Vertrag zustande, zufolge dessen Mathias ganz Österreich und Mähren erhielt. Doch wurde unser Land nicht glücklicher, denn Volk und Herrscher strebten einander entgegen, und es erwuchsen daraus traurige Folgen.

Vor allem bat man den Kaiser Mathias um ungehinderte Religionsübung, worüber mannigfach Unterhandlungen gepflogen wurden. Die oberöster­reichischen Stände, ungeduldig und kühn, warteten den Erfolg nicht ab, führten den protestantischen Kult am 30. August 1608 eigenmächtig, jedoch mit voll­kommener Achtung der Rechte der Katholiken, wieder ein und zum Erstaunen, sowie zur höchsten Freude des Volkes hielt man wieder öffentlich Protestantischen Gottesdienst. Dadurch entstanden neue Streitigkeiten mit dem Landesfürsten, weßhalb die Stände erklärten, sie würden den Gewissenszwang nicht länger dulden und dem Kaiser jede fernere Unterstützung versagen, wenn er nicht die Freiheit der Religion schütze.

In die Enge getrieben, Unterzeichnete Mathias am 19. März 1609 die sogenannte „Kapitulation", wodurch dem Adel, den Städten und Märkten nebst anderen Freiheiten auch die Ausübung der Protestantischen Religion gewährt wurde.— Doch scheint dieses Dekret nicht überall beachtet worden zu sein, da am 24. April 1609 Wolfgang Freiherr von Jörger noch­mals für die Protestanten des Salzkammergutes bat, welchem Gesuche der König am 12. Mai desselben Jahres willfahrte.

Das hatte hauptsächlich für Goisern Wichtigkeit, wo die Protestanten stets in großer Majorität waren, während Ischl seit seinem Privilegiumsverluste, wenig­stens dem Anscheine nach, katholische Gesinnungen hegte, den einst so gefeierten Joachim Schwarzl gänzlich mißachtete, ihn nicht nur mit seiner Schuldforderung an den Markt abwies, sondern im Gegentheile aufgrund einer anderen Klage die Arreststrafe über ihn verhängte. Im Geheimen hingen jedoch viele Bewohner des letztgenannten Marktes dem Protestantismus an und sympathisirten auch mit den Führern der bald darauf ausgebrochenen größten und letzten Bauern­rebellion.






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