Die Salinenarbeiter einst und jetzt.
- Gerhard Zauner
- 11. Feb. 2021
- 18 Min. Lesezeit

Arbeiter Zeitung 5. August 1900 Sozialpolitik.
Die Salinenarbeiter einst und jetzt. *)
*) Die Wirtschafts und Verwaltungspolitik des aufgeklärten Absolutismus im Gmundner Salzkammergut.
Von Viktor Felix Kraus. Freiburg 1899.
*) Wie die Salinenarbeiter im vorigen Jahrhundert gelebt haben, hat uns die ausgezeichnete Arbeit von Dr. v. Kraus gezeigt, die unseren früheren Artikeln zugrunde gelegt war. Diese reizvolle historische Untersuchung erfährt nun durch die Mittheilungen des Finanzministeriums über die gegenwärtige Lage der Salinenarbeiter (Mittheilungen, VI. Jahrgang. 5. Heft. Juli 1900) eine willkommene Ergänzung.
Die amtliche Darstellung wird freilich nicht allen Ansprüchen gerecht, die an eine wissenschaftliche Untersuchung zu stellen sind, sie ermöglicht aber doch, von den Lohn- und Arbeitsverhältnissen der Salinenarbeiter ein deutliches Bild zu geben.
Das Salzmonopol des österreichischen Staates ist fast vier Jahrhunderte alt.
Im Mittelalter stand dem König zwar das Bergregal zu, allein die Ausübung desselben war einzelnen Leuten verliehen worden.
Erst als unter Max I. die Geldbedürfnisse des Staates sich steigerten und die ganze Verwaltung eine größere Straffheit erhielt, wurden diese Gerechtigkeiten um je 300 Gulden Rheinisch abgelöst und der Staat nahm den Salzbergbau in eigenen Betrieb.
So ist im Jahre 1514 das Salzmonopol in Österreich entstanden. Es erstreckte sich vorerst nur auf das Salzkammergut. Galizien mit seinen Salzbergwerken gehörte ja damals noch nicht zu den Habsburgischen Ländergebieten.
Von dem Augenblick an, da das Monopol des Staates eingriff, entstand im Salzkammergnt eine eigenthümliche Verwaltungsorganisation, die vor allem zeigt, wie der Staat für die in seinen Betrieben beschäftigten Arbeiter sorgte. Von staatlichen Salinenbeamten waren zu gleicher Zeit auch die Beamten für die übrigen Verwaltungsausgaben des Staates, sie stellten die Leitung des Salinenbetriebes, die Politischen Behörden, die Richter in einer Person dar. Die Bewohnerschaft des Salzkammergutes in ihrer großen Mehrheit war in und beim Salzbergbau beschäftigt und daher vollständig von diesen Beamten abhängig.
Der Umstand, daß die Beamten den Staat als Unternehmer und als Verwaltungsorganisation zugleich vertraten, ermöglichte es nun, daß alle staatlichen Funktionen in den Dienst des Salinenbetriebes gestellt wurden. So wurde das Salzkammergut durch drei Jahrhunderte ein von der übrigen staatlichen Organisation ausgenommenes Gebiet. Alle Thätigkeit der Verwaltung richtete sich auf die Hebung des Salinenbetriebes, und so finden wir im Salzkammergnt eine Wirthschaftsorganisation, die zeigt, in welch starker Weise damals der Staat in das Wirthschaftsleben eingreifen konnte.
Um den Salinenarbeitern niedrige Löhne zahlen zu können, wurde zunächst die gesammte Versorgung des Salzkammergutes mit Lebensmitteln unter strenge Aufsicht gestellt und durch künstliche Maßregeln, Ausfuhrverbote, Verpflichtungen zur Lieferung von Vieh und Getreide eine gleichmäßige Versorgung mit den Unterhaltsmitteln erzielt.
Das Reformationslibell Leopold 1. vom 2. Jänner 1659 hatte einen Hofschreiber eingesetzt, „dem ein solch ansehnlich Wesen vertraut, welcher auch mit Hilf und Rat der anderen seiner Mitoffizieren die Mannschaft, was dem Salzsieden zugethan, nachdem einestheils viel ungezähmtes, rohes Gesündt darunter, in billiger Furcht und Straf halten, sie auch hinwiederum in allen Zufällen nach dem Salzamtmann bei ihm so viel als billig sein wird, Hilf und Trost suchen und haben mögen".
Es hatte aber auch dem Salzamtmann als dem obersten Beamten aufgetragen,
„mit sonderem Fleiß Inquisition und Erkundigung einzuziehen und wo es von Nöthen und unsaumlich schleunige Remedierung vorzukehren haben, damit der gemeine Mann und harte Arbeiter mit gerechten und unverfälschten guten Waaren und PfennWerthen in einem billigen, und leidentlichen Wert jederzeit nach Nothdurft versehen und ihm sein Pfennig und Lidlohn treulich vergolten und ersetzt werde".
Die staatliche Behörde hatte also darauf zu sehen, daß „der gemeine Mann und harte Arbeiter" für seinen Lohn billige und gute Lebensmittel bekam.
So wurden vor allem für bestimmte Lebensmitteln Preise vorgeschrieben.
„Als zu etlichen Malen Beschwerungen fürgekommen sein," heißt es,
„daß die Burger mit des gemeinen Arbeiters Abbruch und Nachtheil die Weine, sie seien gute oder böse, gemeiniglich in einem Gelde kaufen und schenken, daß die armen Leute, die unter Zeiten zu einer Kraft ihrer schweren Arbeit eines Trunkes bedürftig, um ihr Geld kein billiges Pfennwerth bekommen könnten," so solle der „Bürger" vor dem Ausschank „dem Hofschreiber und Marktrichter" die Weine „kosten, taxiren und setzen lassen."
Ebenso war der Preis des Getreides auf dem Markt in Gmunden zu regeln.
„Wo aber ein armer Arbeiter darüber beschweret wurde, soll derselbe Bürger nach Rat des Hofschreibers und Marktrichters darum ernstlich gestraft werden".
Aber auch die Fleischwucherer wurden damals im Salzkammergnt im Zaume gehalten. Da die Fleischhauer von der Salinenverwaltung ein „Hilfgeld" bekamen, um jederzeit genügend Fleisch für die Arbeiter zu haben, und trotzdem Beschwerden vorkamen, „das meiste und beste Fleisch werde ihnen von der Bürgerschaft aus den Händen genommen und verkauft," so wurde festgesetzt, daß „die Fleischhacker und Metzger, die armen Hofarbeiter jederzeit im Jahre mit guten Fleisch versehen, der Fleischordnung unverbrüchlich geleben und das Pfund Rindern- oder Kälbernfleisch höher nicht als um neun Pfennig, wie es bisher gebräuchig gewesen und also dem armen Mann, der sich sonst an diesem rauhen, sperren Ort neben dem Traidt und Zimmes (Schmalz) nichts zu seiner Speis, als des Fleisches zu behelfen hat, unklaghaft halten sollten".
Die Zuwiderhandelnden konnten gestraft und „des Fleischwerkes entsetzt werden". Allein die Festsetzung von Taxen und festen Preisen bei den Lebensmitteln, sowie die Regelung des Verkaufes derselben war nur eine Seite der Maßregeln. Die Hauptsorge richtete sich auf eine geregelte Zufuhr von Fleisch, Milch, Butter und Getreide. Das Salzkammergut bedurfte jährlich 1200 Stück Schlachtvieh. Alles dies mußte auswärts gekauft und eingeführt werden. Dies geschah einerseits dadurch, daß die steirischen Stände dem Salzoberamt eine jährlich zu bestimmende Anzahl Vieh zu verkaufen hatten, die dann gegen Ausstellung eines „Hauptpasses" eingeführt und mit einem Stempel versehen wurden, um die Wiederausfuhr zu verhindern.
Andererseits wurde in der Umgebung des Salzkammergutes den Bauern die Einfuhr und das Halten von Schlachtvieh erleichtert. Dieses Vieh durfte nur von den Fleischhauern des Kammergutes gekauft werden. Auch die Maßnahmen, um eine Getreidezufuhr jederzeit zu erzielen, waren sehr umfassend. Die Bauern gewisser Gebiete, die in der Umgebung des Salzkammergutes lagen, durften ihr Getreide nur auf den Gmundner Markt bringen, auch aus anderen Gegenden stammendes Getreide erhielt wesentliche Erleichterungen für die Zufuhr dahin, und schließlich kaufte das „Hofkastenamt" in Gmunden selbst Getreide aus Oberösterreich und Ungarn.
Mit diesem „Hofkorn" verhinderte man Preistreibereien. Es wurde in Zeiten hoher Preise zum Selbstkostenpreis verkauft. Die Krönung dieses Gebäudes bildete das gänzliche Ausfuhrverbot für Lebensmittel aus dem Salzkammergnt, die „Vieh und Viktualiensperre".
Alle diese Maßregeln waren, wie gesagt, getroffen worden, um dem niedrigen Lohn der Arbeiter in den Salinenwerken eine größere Kaufkraft zu geben. Sie konnten nur in einem Staatswesen vorgeschrieben werden, in dem die staatliche Gewalt unbeschränkt in das Wirthschaftsleben eingreifen konnte, also in einer Zeit und in einem Lande, wo die Beziehungen von Konsumenten und Produzenten nicht von dem Getriebe des Weltmarktes beeinflußt wurden und der Austausch sich in kleinen, leicht übersehbaren und von äußeren Einflüssen abgeschlossenen Gebieten vollzog. Aber die Entwicklung ging ihren Weg. Im Jahre 1783 wurden alle diese Maßnahmen aufgehoben, weil „bei der dermaligen Verfassung, wo der Unterthan in der freien Benützung seines Eigenthums auf eine Art, wovon vielleicht kein Beispiel anzutreffen ist, gehemmt und beschwert ist", eine gute Ordnung der Lebensmittelzufuhr nicht zu erhoffen sei.
Das war das neue Prinzip. Der Grundsatz, „daß dem gemeinen Mann und harten Arbeiter sein Pfennig und Lidlohn treulich vergolten und ersetzet werde", mußte zurückweichen „vor der Freiheit des Eigenthums".
Wie die Salinenarbeiter während der Zeit dieser strengen Vorschriften gelebt und gearbeitet haben, wie die Aufhebung dieser Vorschriften ihre Lage veränderte, werden wir nächstens in einen folgenden Artikel zeigen.
Sozialpolitik.
2.
Der Betrieb der Salinen im Salzkammergut war im 18. Jahrhundert ein weitverzweigter und wohlorganisirter. Zur Leitung des Betriebes war eine ganze Reihe von Ämtern eingerichtet: Die oberste Behörde war das „Salzoberamt" in Gmunden. Ihm unterstanden die „Verwesämter" zu Ebensee und Ischl, das „Hofschreiberamt" in Hallstatt, das „Großkufenhandelamt" zu Gmunden, das „Stadtschreiberamt" zu Stadl, das „Salzausrichteramt" zu Zizelau und das „Salzbehördenamt" zu Enghagen.. Unter diesen Ämtern stand eine Reihe von Unterbehörden.
Die staatlichen Beamten verfügten über eine ganz verschiedenartige Menge von Arbeitern. Nicht nur die Bergleute und die bei den Sudhäusern beschäftigten Arbeiter standen unter ihrer Leitung, auch die Holzknechte, die aus den Wäldern ringsum das Holz für die Salzfässer schlugen, und die Schiffleute, die das Salz an die Orte schafften, von wo es für den Verkauf weitertransportirt wurde, waren ihnen untergeben. Nur die Herstellung der Salzfässer selbst und die Verpackung des Salzes in dieselben wurde von privaten Unternehmern, den „Fertingern" besorgt. Aber auch hier hatten die staatlichen Behörden ein weitgehendes Aufsichtsrecht und natürlich schon dadurch einen mächttgen Einfluß, weil sie ja die einzigen Abnehmer der hergestellten und gefüllten Fässer waren.
Welch großer Theil der Bevölkerung auf diese Weise unmittelbar von den staatlichen Behörden abhängig war, zeigt ein Bericht der Marktgerichte Hallstatt und Lauffen aus dem Jahre 1743: danach bestand die Bevölkerung der beiden Ortschaften aus 753 Personen, und zwar aus 136 Bürgern, 120 Handwerkern und 497 Arbeitern.
Diese verschiedenen Kategorien der Arbeiter, die vom Salzoberamt Beschäftigung bekamen, befanden sich in höchst ungleicher Lage. Die Nachrichten über die Arbeiter der einzelnen Betriebszweige sind nicht gleich vollständig. Doch reichen sie aus, um ein Bild über die Arbeits- und Lohnverhältnisse der damaligen Zeit zu bieten: die Holzknechte hatten ein eigenartiges Entlohnungs- und Arbeitsverhältniß. Eine Verordnung des Salzoberamtes vom Jahre 1744 hatte nämlich bestimmt: „auf daß die gedrückten armen Arbeiter mit ihrem sauren Schweis gleichwohl etwas von demjenigen erobern können, was die Holzmeister feiernd mit Unbilligkeit genossen haben", die Verträge über die Holzschlagung und den Transport mit Gesellschaften abzuschließen, die aus den Holzknechten selbst gebildet waren, den „Holzknechtschaften". Diese Verträge wurden auf drei Jahre geschlossen, jede Woche — die Arbeitswoche begann Montag um 8 Uhr Früh und endete Samstag um 9 Uhr Vormittags — mußte ein im voraus bestimmtes Quantum geliefert werden, und dafür erhielt jeder Holzknecht einen Wochenlohn von 1fl. 30kr. War das Quantum nicht geliefert worden, so wurde weniger ausgezahlt, ohne daß dies von den Arbeitern in der nächsten Woche eingebracht werden konnte.
Auf diese sinnreiche Art ersparte man eine Menge Aufsichtspersonal und zwang die Arbeiter zu einer angestrengten ununterbrochenen Arbeit. Es war nicht das Mitleid mit den „armen gedrückten Arbeitern", das diese eigenthümliche Lohnform hervorgerufen hatte, sondern das wohlerwogene Interesse des Betriebes. Man verstand eben schon damals, Maßregeln zur Hebung des Betriebserträgnisses als Wohlthaten für die Arbeiter auszugeben.
Das Sudwesen, der Betriebszweig, der aus dem mit aufgelöstem Salz getränkten Wasser, das aus den Bergen geleitet wurde, das Salz herzustellen hatte, umfaßte eine ganze Reihe von Arbeitern mit verschiedener Thätigkeit und verschiedener Entlohnug. Während der „Oberperer" einen Wochenlohn von 2 fl. erhielt, bekamen der „Salzmeier" und der „Pfieselheizer" nur 1 fl., der „Flickerbub" gar nur 33 kr. wöchentlich. Die Arbeitszeit war eine sehr lange. Jeder Arbeiter hatte per Tag zwei sechsstündige Schichten zu machen. Alle zwei Wochen hatte er 24 Stunden Ruhe. Doch dauerten diese Sudperioden nur je sechs Wochen; in der Zwischenzeit wurden Ausbesserungen vorgenommen. Um Brennholz zu ersparen, war der Betrieb während der sechs Wochen ein ununterbrochener.
Man nahm auch keine Rücksicht auf die Sonn- und Feiertage. Da aber damals die Kirche einen noch viel größeren Einfluß hatte als heute, so half man sich auf eine originelle Weise über die Eintheilung des Sonntags hinweg. Man grub einen alten Stiftbrief der Königin Elisabeth aus, die 1313 „zu einer Widerlegung der Feiertage, die an unserem Sieden zu Hallstatt übergangen und gebrochen wurden mit Arbeit, der man doch zur Noth nicht entbehren mag" dem Spital der Stadt Steyr „30 Fuder dürres Salz" gestiftet hatte. So kaufte das Salzoberamt sich von der Sünde der Sonntagsentheiligung los. Daß es natürlich mit der Arbeit am Sonntag einen größeren Profit machte, als die 30 Fuder werth waren, ist selbstverständlich.
Die Arbeiter b ei den „Fertigern" waren die Einzigen, die in Privatdiensten standen, wenn auch hier die Beamtene eine weitgehende Aufsicht hatten. Auch hier finden wir dieselben niedrigen Löhne wie bei den anderen Kategorien. Eine Spezifikation über den Verdienst der Arbeiter bei der Herstellung des vorgeschriebenen Jahresquantums kommt im Jahre 1728 zu folgendem Schluß: "Kommt demnach auf einen unserer fünf 25fl. 18kr und fällt auf den Tag zu uns und unserer Weiber und Kinder 4kr. 1Heller.
Da wir es hier nicht mit Staatsarbeitern zu thun haben, so erhalten wir aus den alten Urkunden ein Bild über die Anschauungen, die man damals über den Arbeitsvertrag hatte.
Bei Übertretung der Kündigungsvorschriften sollten zum Beispiel die Fertinger mit „zwanzig Reichsthalern", die Arbeiter dagegen „nach Gelegenheit und Erkenntniß unseres Salzamtmannes mit Eisen und Banden, Gefängniß oder in andern Weg abgestraft werden".
Am schlechtesten unter allen Arbeitskategorien waren die Schiffleute gestellt. Sie wurden nach der Zahl der verschifften Salzküffel entlohnt, die Arbeitsgelegenheit war aber nur im Sommer und Herbst, so lange die Schifffahrt aufrechterhalten werden konnte, vorhanden. Daher waren sie die größte Zeit des Jahres arbeitslos. Das Salzoberamt aber hatte den guten Gedanken, den Schiffleuten Arbeit zu verschaffen „zur Abwendung ihres angewöhnten Müßigganges und exzessiven Trunks, als auch zur Aufnahme des comercii (Industrie) und um das Geld, so ansonsten für das Wollspinnen außer Landes verausgabet werden müßte, denenLandesunterthanen zukommen zu mach en". Sie sollten für die Linzer Wollfabrik Wolle spinnen und sich damit im Laufe von je vierzehn Tagen „10, 12, höchstens 18 kr." verdienen. Die Arbeiter wehrten sich dagegen und richteten eine Bittschrift an die „Ministerialbankdeputation" in Wien, die vorgesetzte Behörde des Salzoberamtes, diese aber traf keine Abhilfe.
Die weitaus, wichtigste und zahlreichste Arbeiterkategorie waren die Bergarbeiter, die in dem Berg das Salz schlugen. Die Arbeit vollzieht sich dort in der Weise, daß in den Bergen große Kammern angelegt werden, in diese aus höher gelegenen Theilen Wasser geleitet und so das an den Wänden befindliche Salz aufgelöst wird. Die gewonnene Sülze wird dann zu Thal in die Sudhäuser geleitet. Die Arbeiterschaft war in die verschiedensten Kategorien gegliedert und theilte sich vor allem in die gelernte und die ungelernte, in die „Häuerschaft" und das „Säuberungspersonal".
Die Arbeit vollzog sich, in Schichten, die so eingetheilt waren, daß die Häuerschaft durchschnittlich täglich acht Stunden, das Säuberungspersonal vierzehn Stunden arbeitete. Die übrige Zeit war nach der Arbeitsordnung getheilt in die „freie Zeit" und in die „Ruhezeit". Während der letzteren hatte der Arbeiter zwar nicht zu arbeiten, doch war er gezwungen, in den Berghäusern, unmittelbar neben den Betriebsstätten, zu bleiben. Dort wurde gekocht und geschlafen. Der Proviant war am Sonntag schon vom Hause mitgebracht worden. Der Aufenthalt in diesen Berghäusern war keineswegs angenehm. In einer Verordnung einer Untersuchungshofkommission vom 6. Oktober 1763 heißt es nämlich:
„Wohingegen, wie beizeiten beschehen, wann selbe beim Berg, allwo aus Mangel an genugsamen Wohnungen das Personal überhäuft, daß fast einer auf dem anderen sitzet, in vollem Staub und Ungeziefer eine ganze Woche fast ohne Ruhe und Schlaf verbleiben müssen, die Leute mehr erkranket und miserabelwerden!"
Die Löhne der Bergarbeiter waren erschreckend niedrig und wurden auf eine so verwickelte Weise festgesetzt, daß wir für die Darlegung keinen Raum haben. Der Wochenlohn betrug für den Wahlknappen 2 fl., für den Knappenknecht 1 fl. 28 kr., für den Rüster 1 fl. 24 kr., für den Streifer 1 fl. 17 kr., für den Teuchner 1 fl. 10 kr., für den Werkbuben 42 kr.
Wie wir gesehen haben, standen die Löhne in allen Kategorien unglaublich niedrig, und sie hielten sich auch auf dieser Stufe. Daß die Arbeiter bei einem solchen Lohn überhaupt leben konnten, kam einfach nur durch die Lohnpolitik des Salzoberamtes Zustande. Wie wir schon früher auseinander gesetzt haben, war es durch „ die in das Wirthschaftsleben so tief einschneidend en Maßregeln möglich geworden, die Preise der Lebensmittel herabzudrücken und den Realwerth der Löhne dadurch zu erhöhen. Damit wälzte der Staat einen Theil der Lohnzahlung von sich auf die nicht bei den Salzwerken beschäftigen Personen ab. Das ging aber nur so lange, als man im Stande war, die Preise zu regeln und zu beherrschen. Mit der Zunahme des Verkehrs und des Handels trat die Unmöglichkeit ein, die Schranken für Aus- und Einfuhr aufrechtzuerhalten.
Als nun im Jahre 1783 der Zustand der wirthschaftlichen Unfreiheit auch rechtlich aufgehoben wurde, da trat eine solche Noth unter den Arbeitern ein, daß man sich bei den Verwaltungsbehörden sogar vor einem Aufstand fürchtete. In dem „allerunterthänigsten Vortrag der Hofkammer in Münz- und Bergwesen" an den Kaiser Josef II. heißt es, „daß, welches man ehedessen bei diesem gegen seine Oberen immer mehr als irgendwo folgsame Volk nicht beobachtet habe, zu weilen nicht gleichgiltige Spuren von Halsstörrigkeit sich äußern und Neigungen zu Aufwieglungen bemerkt werden, weil der von bitterer Noth gedrückte Mensch nichts oder wenig zu verlieren hat, folglich verhältnißmäßig nichts oder weniger fürchten zu müssen glaubt".
Doch wollte man die Löhne mit Baargeld nicht ausbessern, weil man die hohen Ausgaben fürchtete. Man entschloß sich also, weil es „die strenge Pflicht jedes Privaten, hier also des Staates" sei, einem auch der geringsten seiner Arbeiter das Nothwendigste und Unentbehrlichste zu seinem Lebensunterhalte zu verschaffen", den Arbeitern auf den alten Geldlohn einen Naturalzuschuß in Getreide, und zwar „für den arbeitenden Mann jährlich acht Metzen, für dessen Weib fünf Metzen, und wann er Kinder hat, für jedes derselben bis zum Alter von zwölf Jahren inklusive zweieinhalb Metzen" zu geben. Die Arbeiter empfanden diese Lohnaufbesserung als eine ungeheure Wohlthat, ein Beweis, wie schlecht es ihnen vorher gegangen war. In einem Dankschreiben derselben heißt es: „wenn nunmehr über so große Gnaden die Unterzeichneten sich untereinander selbst Glück wünschen, wenn vordem ob Nahrungsmangel in Schwermuth eingehüllte Gesichter sich gegenwärtig aufheitern und unzählig gefaltete Hände zum Himmel emporstreben, so sei es eine hochlöbliche Hofkammer in Münz- und Bergwesen, wofür sie so viele Wohlthaten den Segen des Allmächtigen mit gerührtem Herzen erflehen."
Die Arbeiter waren vorläufig zufrieden, das System aber war nun gänzlich zertrümmert, das früher dem Salzbetrieb im Kammergut zugrunde gelegen war. Jetzt war der Staat hier ein Unternehmer wie irgendein Privater; wir werden sehen, wie sich nun die Lage der Salinenarbeiter gestaltete. f. w.
Sozialpolitik.
3
Mit dem Ende des 18. Jahrhunderts hatte der Staat, wie wir gesehen haben, aufgehört, den Betrieb seiner Salinen dadurch erträgnißreicher zu gestalten, daß er die ganze ihm zu Gebote stehende Machtfülle in den Dienst des Unternehmens stellte. Allein bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts blieben Reste dieser Art der Lohnregulirung bestehen. Man zahlte den Arbeitern Baargeldlöhne und gab ihnen gleichzeitig eine festbestimmte Menge von Lebensmitteln, Getreide, Schmalz zu einem ermäßigten Preis, dem Limitopreis.
Die Lage der Arbeiter wurde dadurch keineswegs eine bessere, zumal sich die steigenden Lebensmittelpreise immer stärker fühlbar machten. Daher ist diese ganze Periode bis in die jüngste Zeit hinein erfüllt von fortwährenden Lohnveränderungen, die durchaus nicht immer eine Erhöhung des Verdienstes herbeiführten.
So wurden im Jahre 1831 zwar die Baargeldlöhne erhöht, zugleich aber auch der Limitopreis der Naturalbezüge, und zwar „nicht unbedeutend".
Gleichzeitig fing man an, die Zahl der Arbeiter zu vermindern. „Es führten diese Maßregeln zu einer ganz gewaltigen Verarmung der gesammten Bevölkerung", sagen die Mittheilungen. Deshalb kehrte man 1848 zum Lohnsystem zurück, das vor 1831 bestanden hatte. Doch war die Lohnerhöhung durchaus keine große. Der Staat hatte jetzt eine Mehrausgabe von 87.487fl. zu leisten. Jedem der 2800 Arbeiter kamen also im Jahre nur 31 fl. 28 kr. mehr zugute. Die Lohnverhältnisie blieben so äußerst elende.
Nur ungefähr 10 Perzent der gesammten Arbeiterschaft im Salzkammergut hatte einen Taglohn von mehr als 44 kr., alle übrigen noch weniger, ja 13,41 Perzent bezogen gar nur 26,25kr. Davon waren noch die gelieferten Lebensmittel nach dem Limitopreis zu bezahlen, so daß nach den Berechnungen des Finanzministeriums sich eine Gesammtjahreseinnahme „für die Meister und minderen Diener mit 303 fl. bis 460 fl. ausnahmsweise bis 570 fl., für die Bergarbeiter von 180 bis 248 fl., für die Arbeiter bei der Salzerzeugung von 143 bis 270 fl. und für die Arbeiter bei den Bau- und übrigen Arbeiten von 192 bis 280 fl." ergab.
„Diese Bezüge", meinen die Mittheilungen, „waren für die Zeit, in der sie eingeführt wurden, vollkommen angemessen. Sie waren nämlich gerade so groß, daß die Leute sich von Schmalz und Mehl ernähren und die Kräfte sammeln konnten," um wieder neue Arbeiten zu leisten. Daß man aber, um Mensch zu bleiben, mehr braucht als nothdürftig zu essen und angestrengt zu arbeiten, daran dachte der Staat ebensowenig wie andere Unternehmer.
Die Veränderungen in der Wirthschaftsverfassung machten sich immer mehr bemerkbar.
„Der im Salzkammergut stetig und rasch steigende Fremdenverkehr hatte die Preise der Wohnungen um das Fünffache, die der Lebensmittel um das Zwei- und Dreifache gesteigert. Dazu kam noch ein fortwährendes Wachsen der Steuern, die Zunahme der Bevölkerung bei stetig sich verminderndem Bedarf des Salinenbetriebes an Arbeitskräften in Folge fortschreitender Betriebsverbesserungen und der Hang der Bevölkerung an der heimatlichen Scholle."
So schritt man neuerdings zu Lohnveränderungen.
Im Jahre 1871 wurde endlich die reine Baargeldlöhnung eingeführt. Dann folgt eine Reihe von Lohnveränderungen, die mit dem Erlaß vom 28. November 1897 ihren vorläufigen Abschluß fanden. Danach sind die Bergarbeiter in drei Lohnklassen getheilt. Die erste erhält per Schicht 1fl. 25kr. bis 1fl. 20kr., die zweite 1fl. 5kr. bis 1fl., die dritte 95 bis 90kr.
In die erste Lohnklasse fallen nur 15 Perzent der gesammten Arbeiterschaft, in die zweite und dritte 42, beziehungsweise 43 Perzent. Das durchschnittliche Jahreseinkommen eines Arbeiters in den alpinen Salinen betrug im Jahre 1898 nur 396fl. 90 kr.
Wenn man bedenkt, daß da die bestbezahlten mit den übrigen zusammengeworfen sind, daß also die große Mehrzahl der Arbeiter nicht einmal 400 fl. Jahreseinkommen hat, dann wird man begreifen, daß der Staat als Arbeit geber einem Privatunternehmer nichts nachgibt. Ja, aus dem vom Finanzministerium für die einzelnen Kategorien berechneten mittleren Jahreseinkommen ergibt sich sogar, daß Förderer ein Einkommen von nur 193fl. beziehen. Das höchste überhaupt angegebene mittlere Jahreseinkommen beträgt bei den „Obersiedern" 584fl., ist also noch immer geringer als das Existenzminimum.
Noch ärger waren und sind die Zustände in den galizischen Salinen.
Vor dem Jahre 1848 betrug das Durchschnittseinkommen eines Arbeiters im Tag nur 26,86 bis 33,9 Kreuzer. Deshalb gab es auch fortwährend Streiks und Unruhen.
Im Jahre 1848 war die Noth schon so weit gestiegen, daß man, offenbar auch unter dem Eindruck der Revolution, an eine Regelung der Löhne schritt, die eine Steigerung um etwa 11,25 Perzent ausmachte.
Was nun folgte, ist ein Stück so echt österreichischer Verwaltungstechnik, daß wir uns unmöglich versagen können, darauf etwas näher einzugehen. Diese Lohnregulirung wurde vom Ministerium für öffentliche Arbeiten bis Oktober 1848 genehmigt, dann aber jedes halbe Jahr von neuem „provisorisch" festgesetzt.
Dieses Provisorium dauerte zwölf Jahre. Das Elend wurde dadurch nicht kleiner, aber die Ämter hatten wenigstens etwas zu thun, sie konnten jedes halbe Jahr die „Nothwendigkeit" der Verlängerung des Provisoriums nachweisen. Verzögerte sich ein oder das andere mal die Weiterbewilligung der erhöhten Löhne, so kam es sofort zu Unruhen und zur Arbeitsverweigerung.
Diese Erscheinungen wurden freilch meist im Keime erstickt, die Unzufriedenheit bestand aber unter scheinbarer Ruhe weiter.
Da der Amtsschimmel nicht dazu zu bringen war, aus dem Provisorium ein Definitivum zu machen, so behalf man sich mit einem umständlichen System von Theuerungszulagen und Aushilfen, die natürlich nur dazu führten, daß die Löhne ganz willkürlich ausgezahlt wurden. Dabei machte man noch die Auszahlung von der Anzahl der geleisteten Überstunden abhängig.
Diese Maßregel im Verein mit der Gepflogenheit ganz willkürlicher Ausfahrtszeiten für jeden einzelnen Arbeiter, verbunden mit einer genauen Ausschreibung der von jedem Arbeiter geleisteten Arbeitszeit in Stunden, war von einschneidender Bedeutung für den Betrieb von Wieliczka, da der Arbeiter hiedurch nicht nur zu möglichst langen Arbeitszeiten verleitet, sondern auch die Arbeitsleistung des einzelnen auf ein Minimum herabgedrückt wurde.
Erst im Jahre 1860 wurde dieser Zustand auch rechtlich definitiv, und erst im Jahre 1867 schritt man zu einer Lohnerhöhung. Heute steht das Lohnregulativ vom Jahre 1893 in Wirksamkeit, das für Bochnia und Wieliczka sowohl wie auch für die Salinen in Ostgalizien und in der Bukowina vier Lohnklassen mit je drei Sätzen feststellt.
Der höchste Satz in Westgalizien beträgt 1fl. 30kr., der niedrigste 72kr., in Ostgalizien 1fl. 10kr., beziehungsweise 60kr.
Das durchschnittliche Jahreseinkommen für sämmtliche Kategorien in allen galizischen Gruben beträgt nur 336fl. 4 kr., ist also noch wesentlich tiefer als in den alpinen Salinen.
Der weitaus größte Theil der Arbeiter (43,7 Perzent) steht in der niedrigsten Lohnklasse, und nur 3 4 Perzent in der höchsten.
Über die Dauer der täglichen Arbeitszeit sind die Mittheilungen sehr schweigsam.
Gegenwärtig verfahren die Bergarbeiter in Ischl in einer Woche sechs achtstündige, in Hall sieben siebenstündige und in Hallstatt acht sechsstündige Schichten. Die Bergarbeiter in Hallein verfahren sechs sechsstündige Schichten wöchentlich mit 34,50 Stunden reiner Arbeitszeit.
Die untertags beschäftigten Arbeiter zu Raczyka in der Bukowina haben ausschließlich der Ein- und Ausfahrt eine tägliche Arbeitszeit von acht Stunden, unterbrochen durch eine halbstündige Ruhepause.
Ganz ähnlich sind auch die Verhältnisse in Wieliczka.
Doch sind diese Angaben nur aus den Schichtordnungen entnommen. In dem bekannten Referat über die Arbeitsdauer beim Bergbau, das in der Sektion für Land- und Forstwirthschaft und Montanwesen des Industrie- und Landwirthschaftsrathes erstattet wurde, findet sich zum Beispiel die Angabe, daß 33 Tagarbeiter in Hall fünszehnstündige Schichten mit vierzehnstündiger effektiver Arbeitsdauer verfahren, daß bei drei Salzbergbauen mit 374 Arbeitern die tägliche Schichtdauer zwölf Stunden und darüber betrug.
Viel längere Arbeitszeit haben die Arbeiter obertags.
Beim Hüttenwesen sind zwei sechsstündige Schichten im Tag üblich, in Hall eine zwölfstündige, jedoch soll die Arbeitswoche nicht länger als sechzig Stunden dauern. Ob dies wirklich der Fall ist, darüber finden sich keine näheren Angaben.
Das Finanzministerium veröffentlicht auch interessante Daten über die Krankheits- und Sterblichkeitsverhältnisse der Salinenarbeiter seit dem Jahre 1872.
Danach entfielen auf 100 Arbeiter in allen Salinenbetrieben in den Perioden
bis Erkankungen Krankentage Todesfälle
1888 1892 100,2 950,8 0,81
1893 1897 131,6 1194,0 0,66
1898 105,46 1080.0 0,79
Es zeigt sich demnach eine sehr starke Erkrankungshäufigkeit. Die Zahlen lassen übrigens wenig Vergleiche zu, da durch die Neuregelung der Krankenversicherung im Jahre 1893 eine sehr große Anzahl von Arbeitern derselben erst theilhaftig wurden und überhaupt eine ganze Reihe von Veränderungen in der Auszahlung des Krankengeldes u. s. w. getroffen wurden.
Jedenfalls ergibt sich, daß das Erkrankungsperzent der Salinenarbeiter um 22 Perzent höher ist als bei den in den obligatorischen Krankenkassen versicherten Arbeitern der Privatunternehmungen; auch die durchschnittliche Krankheitsdauer eines Mitgliedes ist um zwei Tage größer.
Die größere Neigung zu Erkrankungen unter den Salinenarbeitern ist offenbar auf die niedrigen Löhne und damit auf die Unterernährung zurückzuführen. Das bestätigt auch die Statistik der Krankheitsarten. Mehr als ein Viertel aller Erkrankungen sind solche der Verdauungsorgane. Unter diesen 1067 Fällen befinden sich 575 akute und chronische Darmkatarrhe, die allein 6000,5 Krankentage umfaßten.
Abgesehen von den Verletzungen nehmen die Infektionskrankheiten die nächste Stelle ein. Sie betragen 13,03 Perzent aller Erkrankungen. Unter ihnen kommen am häufigsten Zellgewebsentzündungen (Furunkel, Karbunkel) vor, dann Wechselfieber und Malaria, Kachexie und Influenza.
Auffallend ist dagegen die geringe Zahl von Erkrankungen an Tuberkulose. Nach den obigen Ergebnissen würden auf 10.000 Salinenarbeiter 83 Erkrankungen an Tuberkulose entfallen, während im Jahre 1897 beispielsweise bei den österreichischen Tabakfabriken von 10.000 Arbeitern 193 an Tuberkulose in ärztlicher Behandlung standen.
Der Altersaufbau der Salinenarbeiter stellt sich bei einem Vergleich mit den in im obligatorischen Krankenkassen beobachteten Arbeitern der Privatbetriebe folgendermaßen dar. Es waren im Alter von
unter 100 Salinenarbeitern unter 100 Arbeitern von Privatunternehmungen unter 20 Jahren.......... 8,57.................................... 22,7
21 bis 30 ...................... 34,45................................. 32,5
1 bis 50......................... 31,29.................................... 21,9
41 bis 50...................... 17,94.................................... 13,6
51 bis 60...................... 7,49.................................... 8,9
über 60........................ 1,29.................................... 2,04
Die Salinen beschäftigen somit viel weniger jugendliche Arbeiter als die sonstigen Unternehmungen, es gibt aber auch viel weniger alte Arbeiter bei den Salzwerken. Das durchschnittliche Lebensalter berechnen die „Mittheilungen" mit nahezu 34 Jahren, während das Durchschnittsalter der Mitglieder bei den Bezirkskrankenkasen 30,4, bei den Genossenschaftskrankenkassen 29,8, bei den Betriebskrankenkassen 34,2 und bei den Vereinskassen 35-3 betrug.
Es erübrigt noch ein Wort über die im Jahre 1898 vorgekommenen Unfälle.
Die Stattslik verzeichnet 499 Unfälle, darunter 11 schwere, doch hatte keiner derselben den Tod oder die Erwerbsunfähigkeit eines Arbeiters zur Folge. Leider geben die Mittheilungen nur über die 11 schweren Unfälle einen näheren Aufschluß in Bezug auf die ursächliche Veranlassung. Auch hier ist, wie in den Berichten des Ackerbau- Ministeriums, über die Unfälle im Bergbau die merkwürdige Thatsache zu konstatiren, daß die Betriebsleitung an keinem dieser Unfälle schuld trug, daß vielmehr 5 Fälle davon auf „eigene Unvorsichtigkeit", 4 Fälle auf „unvorhergesehene Zufälle" und je 1 Fall auf die Vernachlässigung der gebotenen Vorschriften und auf das Verschulden eines Dritten zurückzuführen sind.
Von all den Verletzungen betrafen 271 solche der Hände und Füße, dann 35 solche des Kopfes und Gesichtes und 28 des Auges. 212 aller Verletzungen entfielen auf das Auf- und Abladen, Heben und Tragen von Lasten. Die schweren Verletzungen erfolgten hingegen beim Zusammenbruch, Herab und Umfallen von Gegenständen sowie beim Fall von Leitern, Gerüsten und Stiegen.
So stellt sich die Lage der Salinenarbeiter in der Jetztzeit dar. Vergleichen wir sie mit der des vorigen Jahrhunderts, so bemerken wir kaum einen Unterschied. Mochte man den Arbeitern billige Lebensmittel verschaffen, oder mochte man ihnen den Lohn erhöhen, eines ist doch durch alle Zeiten gleichgeblieben: die Arbeiter können sich kaum nothdürftig ernähren, sie arbeiten schwer, sie altern früh, sie verbringen ihr Leben in Armuth, Noth und harter Arbeit. Und kommt dann der Tod, so endigt er ein Leben, das nicht lebenswerth war. Und doch sind diese Arbeiter bei einem Arbeitgeber beschäftigt, der vermöge seines Monopols über den Markt gebieten kann. Man sollte meinen, daß in einem Betrieb wie es der Salinenbetrieb des Staates ist, weniger aus die Ertragsfähigkeit des Betriebes und mehr aus das Wohlbefinden der dabei Beschäftigten gesehen wird. Das ist aber nicht der Fall.
Der Staat unter unterwirft sich freiwillig den Gesetzen, die für den Privatunternehmer gelten müssen. Auch bei ihm kommt zuerst der Profit und nachher aber erst lange nachher, die Sozialpolitik, die Ausgaben verursacht.
f.w.
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