Ein Regenvormittag.
Von Ludmila Nowak.
Eines der interessantesten Häuser von Hallstatt ist das Museum. Selbst uralt, efeuumschlungen, birgt es die Gebeine, Waffen und. Hausgeräte der Kelten und Römer, die hier in Hallstatt in grauer Vorzeit lebten und starben. Es ist keine städtisch große, aber für den kleinen Marktflecken passende, zur hiesigen wissenschaftlichen Fundstätte gehörige Sammlung.
Nach vielen schönen Tagen war heut ein Frühgewitter mit darauffolgendem Vormittagsregen. Und wenn's so grau vom Himmel herunter und vom See hinauf schaut, dann schlüpf' ich gern ein Stündchen ins Museum. Langsam schreit' ich durch die seltsam gebauten Räume, die mir durch häufigen Besuch so vertraut geworden sind, wie etwa die Stuben einer guten, alten Großtante. Und wie ich das alte Gebein und Gewaffen und Geräte so immer wieder interessiert betrachte, entdeck' ich daneben etwas ganz Neugebackenes. Pardon! Das war jetzt nicht der richtige Ausdruck, denn es ist ja eine Mappe voll feiner Radierungen, eine Hallstättermappe, geschaffen von einer jungen Künstlerin, die sich Herma Schlechter schreibt.
Das erste Blatt zeigt mir die Bilder unseres allgeliebten Kaiserpaares, beide noch jung, als Brautpaar. Darunter ist sehr sauber ausgeführt ein Haus am See und wieder darunter eine Tafel abgebildet mit der Inschrift:
Stets lebe hier der Besvch
Vnseres geliebten Kaisers
Franz Josef
Am XIX. Avgust als 8 Tag seiner Verlobung.
Die naiv stilisierte, aber gut gemeinte Tafel ist ganz dem Charakter der damaligen Zeit angemessen, wo die auf dem Original in Gold ausgesührten, hier fettgedruckten Buchstaben und Ziffern die Jahreszahl bilden mußten. Ich kenne das Haus und die Tafel gar wohl, dort feierte unser geliebter Monarch seine Verlobung. Ich schaue die hübsche Mappe von 10 gelungenen Radierungen durch.*) Da marschieren sie wohlgetroffen auf, die schönsten Punkte Hallstatts. Den See sehen wir in seiner erhabenen Ruhe und in feinem wildesten Toben. Einige Bilder zeigen die originellen Hallstätter Häuser, die ja eine Spezialität sind, und die sich zwischendurch schiebenden Gäßchen. Noch andere Bilder sehen wir, die nur beweisen, daß sie nur von einem schönen Talent hervorgebracht werden können, das Hallstatt kennt und liebt. Am besten gefällt mir das Nachtstück aus dem Echerntal, in dem unendlich viel Stimmung liegt.
*) Die Mappe ist im Kunsthandel erhältlich und zwar vorerst bei den Firmen: Kunstverlag I. Loibl in Ischl und im Kunstverlag Hermann Hermann in Wien.
Nachdem ich das zehnte Bild der Mappe betrachtet habe, schaue ich sie noch einmal in verkehrter Reihenfolge durch, so daß mir nun die erste Radierung mit den Bildnissen unseres erhabenen Herrscherpaares als letzte vor die Angen kommt..
Hochbefriedigt schlage ich dann die Mappe zu und gehe ins Freie.
Es hat zu regnen aufgehört und ich spaziere in die Lahn hinüber.
Noch ist der Himmel dicht verdeckt und der See sieht aus wie flüssiges, wallendes Blei, so unheimlich und drohend, mir aber will ein holdes Frauenbild nicht aus dem Sinn, an das mich die Mappe im Museum erinnert hat— unsere schöne, holde, leider tote Kaiserin.
Und alle Märchen fallen mir ein, die uns von wundersamen Königinnen sagen, sich in meinem Sinn verwebend mit der wahren Lebensgeschichte der Königstochter aus dem Bayerlande.
Auch meine Hallstätter Heimat hat die hohe Frau besucht.
Ich schaue sie im Geist als junge, selige Braut auf dem alten breiten Balkone des Verlobungshauses, der jetzigen „alten Post".
Viele schöne, edle Frauen weilen da, sie aber ist die schönste.
Und die Sonne strahlt und die Berge und der See schimmern goldlichtbegossen und die edle Braut lächelt lieblich an der Seite des geliebten Bräutigams.
Nach Jahren sah ich sie wieder als glückliche, junge Frau, gefeiert an der Seite des allerhöchsten Gemahls, bei der Einweihung des „Kaiser Franz Josef-Stollen" am Hallstätter Salzberg.
Und noch manchmal hat die holde Kaiserin den alten Hallstätterboden betreten,— auch dann noch, als ein hartes, achtungsloses Schicksal sie geprüft hatte. Da ging sie den einsamen Solenleitungsweg, den „Strähn", dann über den Salzberg und den wilden Gangsteig hinunter, der in hohen, schmalen Stufen gehauen, der schaurigen Echernwand abgerungen ist.
Der Himmel hellt sich auf. Die grauen Wolken ziehen ab, glänzend weiße treten an ihre Stelle und zwischen ihnen bricht das reine, unversiegliche, hoffnungsvolle Blau hervor. Der See glitzert im Himmelswiederschein und ist nur noch in zierlichem kleinen Wellenspiel bewegt.— Der Streit der grauen Wasser ist aus, die hehre Ruhe zieht wieder bei uns ein, sie ist das beste.
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