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Blechgeld für die Arbeiter

Autorenbild: Gerhard ZaunerGerhard Zauner

Aktualisiert: 19. Juli 2024

1877. Josef Bonomi und Johann Stitz waren Gastwirte in Hallstatt und Obertraun.

Vertreter der gewerbetreibenden Italiener, Deutschen und Arbeiter. Beim nächsten Artikel, aus der Linzer Tages Post, geht es um Blechgeld beim Bau der Kronprinz Rudolfsbahn .


Foto: Friedrich Simony

Leiden und Freuden der Eisenbahnarbeiter und der Gewerbetreibenden von Hallstatt und Obertraun in Oberösterreich.

Der Bau der Kronprinz Rudolf-bahn im Salzkammergute hat uns Arbeitern und Gewerbetreibenden schon vom Beginne an bis zum heutigen Tage schwere Zeiten und schwer verdientes Geld gekostet, indem die Sub - Bauunternehmer es verstanden haben, an uns Arbeiter Blechmarken und Anweisungen anstatt baarem Gelde zu vertheilen und sogar gegen Androhung der Entlassung uns bemüßigten, unsere Bedürfnisse an Lebensmitteln nur aus den Baraken zu beziehen, wodurch wir nicht nur um das im Schweiße unseres Angesichtes verdiente baare Geld häufig schlechte Waare bekamen, sondern dieselbe auch viel theurer als irgendwo bezahlen mußten, was den Sub-Bauunternehmern nach unserer Berechnung wohl Bedeutendes abgeworfen haben mochte.


Durch diese Handlungsweise wurden nicht nur wir Arbeiter, sondern auch die Gewerbetreibenden und andere Personen in's Mitleid gezogen, weil wir bei dem stattgefundenen Geldmangel außer Stande waren, für die übrigen Bedürfnisse baares Geld zu erlegen, da für unsere Blechmarken und Anweisungen gegenüber unseren Ouartiergebern keine Kasse der Einlösung und Garantie bestand, was die Folge hatte, daß manche Arbeiter ihre Quartiere im strengsten Winter verlassen und in einer Nothhütte Unterkunft suchen mußten, ja sogar viele durch die Geldnoth gezwungen waren, mit oft nennens werthen Geldbeträgen zum Nachtheile der Gewerbetreibenden und sonstiger Parteien durchzubennen.


Ein blindes Auge hat sich auf einmal geöffnet und es Versucht, durch eine Anzeige kompetenten Ortes diesem Treiben von Seite der Sub - Bauunternehmer ein Ende zu machen, aber auch da erreichten wir nicht das ersehnte Ziel, weil uns gesagt wurde, daß wir jeden Nachtheil hintanzuhalten nur selbst in der Lage sind. Ein gegen diesen Bescheid ergriffener Rekurs an die hohe k. k Slatthalterei in Linz lehrte uns des Besseren, indem noch dieselbe nach Verwerfung des ersten Erkenntnisse sich auf Grund des Reichsgesetz - Blattes vom 3. Februar 1849, Nr. 123, bestimmt gefunden hat, diesen Mißbrauch von Seite der Sub - Bauunternehmer sogleich einzustellen und die im Umlauf befindlichen Bleche und Anweisungen binnen drei Tagen einzulösen sind.


Diese hohe Verfügung hat nun sowohl unter den Arbeitern als auch den Gewerbetreibenden großen Jubel bereitet, da viele Arbeiter in der Ferne Familien haben, die schon mit Ungeduld auf eine Unterstützung von Seite der Väter warteten, diese aber eben wegen Geldmangel dem gegebenen Versprechen nicht nach ­kommen konnten und so manche Familien in Noth verfielen: darum auch der hohen k. k. Stattbalterei in Linz für diese günstige Entscheidung von uns den besten Dank.


Es toll mit diesen Zeilen Nicht nur gesagt sein, was wir Arbeiter und Gewerbtreibende erreicht haben, sondern wir wollen auch unsere übrigen Kameraden, Gewerbetreibende, sowie Parteien welche in Fabriken oder bei Eisenbahnrouten beschäftigt sind, vor derartigen Uebervortheilungen warnen und ihnen unsere Erfolge zur Richtschnur und Wissenschaft bekannt geben, um dieser schmutzigen, gesetzwidrigen Handlungsweise mancher Fabriks- und Sub - Bauunternehmer für immer zu steuern und vor empfindlichen Verlusten zu schützen.


Josef Bonomi,

Gastwirth in Hallstatt, Vertreter der gewerbetreibenden Italiener und Arbeiter.

Johann Stitz,

Gastwirth in Obertraun, Vertreter der gewerbetreibenden Deutschen.














Heute durchzieht ein Netz von Bahnen diese herrlichen Gebirgsthäler und an den aufsteigenden Seeufern pustet die Lokomotive vorüber und löst das Problem, am Saarstein und Sonnenstein vorbeizukommen, indem sie in diese Berge hineinfährt. Es ist eine enorme, jährlich anwachsende Zahl von Vergnügungszüglern und Sommerfrischlern, welche hier vorübergehenden Aufenthalt nimmt, und eine nicht kleine Anzahl solcher, welche auf ihren mit allem Komfort eingerichteten Landsitzen bis in den Winter hinein verweilen.

Das Salzkammergut ist in die Mode gekommen.

Der ganze Segen der Zivilisation ist diesen Hinterwäldlern aufgegangen!

In Gmunden, Ischl, Hallstatt, Aussee und Goisern sind nun großartige Hotels erbaut und Kuranstalten gegründet. Auf allen hervorragenden Aussichtspunkten erheben sich Hotels und Villen, oft schloßartige Gebäude, dessen herrliche Parks sich über hundert Joch Landes erstrecken. An den Seeufern, namentlich an denen des Traunsees, reiht sich Villa an Villa, deren Gärten bis an das Wasser reichen. Das morsche Gerümpel zahlreicher Hütten und Hüttchen, in denen Schiffer und Fischer ihre Boote und Netze bergen, ist weggerissen, um eleganten Schiffhütten Platz zu machen; hier und da finden sich künstlerisch angelegte Häfen, hinter deren Damm eine kleine Flotille von Ruder-, Segel- und Dampfbooten stationirt, in denen sich nun die jeunesse doreè auf dem See herumtummelt.

Auch die umfangreichen Netze, die zum Trocknen aufgespannt, einst die Ufer säumten, sind verschwunden; die zahlreichen Fischer des Traunsees hatten zwar ihre verbrieften Rechte und haben sie noch, sie haben auch ihre Häuschen; aber diese waren, des Hochwassers wegen, vom Ufer entfernt errichtet worden. Die ansehnliche Fläche, die sie von diesem trennt, war niemals ihr Eigenthum gewesen, aber man hatte es hier mit Grund und Boden nicht so genau genommen. Die guten Leutchen hatten sich über das ganze Terrain als Herren gefühlt, ihre Kähne herangezogen, ihre Netze aufgespannt, ihre Fische geputzt und dieselben über der Holzkohle, die zwischen zwei Backsteinen glühte, sofort gebraten, wobei sie mit einem raschgeschwungenen hölzernen Fächer die Hitze milderten und gleichmäßig vertheilten. Niemand hatte sie in der Ausübung ihres Berufes gestört. Jetzt aber wurden diese Uferplätze parzellenweise verkauft und unsere Fischer sahen sich plötzlich vom Wasser ausgeschlossen.

Mancher Besitzer gewährte ihnen vorläufig noch ein Stückchen Seeufer zu Benützung, andere führten ihnen vor der Nase eine Mauer auf, mit der sie ihr Besitzthum umgaben, in einem dritten Fall gelang es dem Fischer mit Bitten und Geld, zwischen den Einfriedungen zweier Nachbarvillen ein schmales, meterbreites Gäßchen zu erringen, welches einen Schiebekarren durchließ und ihm den Weg zum Wasser und zu seinem Fischbehälter offen läßt.

Ein Theil des Seeufers ist zu Promenaden (Esplanade) verwendet, wo der Reichthum aus aller Herren Länder sich ein Stelldichein gegeben. Ein großartiger, in seinem Dünkel und in seiner Aufdringlichkeit geradezu widerwärtiger Luxus macht sich hier breit. Alle Prätensionen zu denen diese Emporkömmlinge sich berechtigt glauben, werden hier gleichsam affichirt, äußerlich angeheftet und zur Schau getragen. Man mustert sich gegenseitig und bewerthet sich danach. Die hohe Aristokratie hält sich von diesem Treiben fern und verbleibt in ihren Villen; nur des Abends sieht man sie in ihren eleganten Karossen, oft vierspännig eine Spazierfahrt unternehmen. Die Kavaliere jagen oder unternehmen Partien ins Gebirge. Ungeheure Walddistrikte sind ihr Eigenthum geworden und ihnen, die alles verkostet, ist es eine pikante Neuheit, in den unwirthbarsten Einöden Tage und Wochen zu verbringen. Auf Maulthieren wird dann das „unumgänglich Nothwendigste“, eine ganze Küche mit dem Koch, Badewannen aus Kautschuck ec. mitgenommen, und man läßt sich in einer Alpenhütte, deren Inneres ihre frühere Bestimmung nicht mehr errathen läßt, häuslich nieder.

aus

Die Neue Zeit / Stuttgart 3.Jahrgang 1885 Staatsarbeiter und Hausindustrie im Salzkammergut. Von Wilhelm Wiener (Pseudonym von Minna Kautsky)

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