top of page
Suche

Melitta Adler's Texte.

Autorenbild: Gerhard ZaunerGerhard Zauner

Aktualisiert: 23. Jan. 2024


Ein Blick? auf Hallstatt in der Zeit zwischen 1957 bis 1963 zeigt die Zeitschrift "Unser Schaffen", die Zeitung der „Hilfsgemeinschaft der später Erblindeten Österreichs”.

In diesem Beitrag sind alle Texte, die mit Hallstatt oder Melitta Adler (Tante Metta) zu tun haben aufgelistet.

Wie der Name "Unser Schaffen" schon sagt, geht es der Hilfsgemeinschaft nicht nur um materielle Unterstützung, sondern auch um Inklusion und Anerkennung.


Adler verlor durch Erblindung 1943 ihren Job als Lehrerin in Wien, eine mütterliche Freundin lud sie in ihrem kleinen Häuschen, gegenüber dem Benefizium, ein.  Sie gab Nachhilfe und allmählich sammelte sich eine Schar von Kindern um sie. Sie half bei den Aufgaben und beim Lernen.

1958 organisierte sie die erste Werbeveranstaltung für die Hilfsgemeinschaft.

Wie sich diese Veranstaltungen entstanden schreibt Tante Metta selbst in einer Zusammenfassung:


"Im Jahre 1958 bat mich Obmann Vogel, einen Werbeabend in Hallstatt vorzubereiten. Ich versicherte ihm, dass ich dazu nicht imstande wäre, da ich keinerlei Fühlung mit den maßgebenden Persönlichkeiten hätte. Als ich einen Tag nach dieser Absage bei Herrn Pregant, unserem Dentisten, auf dem Marterstuhle saß, erzählte ich ihm von den Wünschen unseres Obmannes. ,,Da kann ich Ihnen ja helfen!“ rief er lebhaft. Und so geschah es. Er fragte bei den leitenden Männern des Arbeitersängerbundes an, ob sie zur Mitwirkung bereit wären. Er veranlaßte seine Frau, ihr Klavierspiel, und Herrn Karl Kirchschläger, seine Kunst des Geigenspieles in den Dienst der guten Sache zu stellen.

Er war es auch, der die Damen Edlinger und Gamsjäger mit Herrn Otto Wastl, ihrem Begleiter auf der Zither, für unsere Pläne gewann. Auf seine Anfrage hin waren auch die Hallstätter Schrammeln (Heinrich und Karl Kirchschläger, Franz und Rudi Unterberger) gerne bereit, mitzutun.


Robert Vogel, ein Pionier des Blindenwesens und Obmann der Hilfsgemeinschaft war mehrmals mit seiner Familie in Hallstatt. Robert Vogerl war wichtig aufzuzeigen, dass auch das Leben als Blinder oder Sehgeschädigter ein „lebenswertes Leben“ sei.

„Kein Mensch ist so schwach, dass er nicht anderen Menschen helfen kann“

lautete sein Lebensmotto, er begann um 1930 „seine Pionierarbeit für blinde und sehbehinderte Menschen. In einer Zeit, in der Blinde auf Grund ihrer Behinderung zum Betteln gezwungen waren.“

1938 musste er als blinder Jude in die Niederlande flüchten, wurde dort inhaftiert, kam aber wieder frei.


Die Hallstätter*innen setzten sich über Jahre hinweg für Blinde ein. Veranstaltungen im Konsumvereinssaal oder im Kino und ein Seefest sollten Geld für ein Sommererholungsheim und ein Blindenaltersheim einbringen.



"...und es gibt doch gute Menschen!“


Foto: Heinz Vogel, der Sohn von Robert

Seit ich die gelbe Armbinde mit den drei schwarzen Punkten und den weißen Stock trage, bekomme ich täglich zu spüren, daß mir auch wildfremde Menschen Anteilnahme entgegenbringen und mir im wahrsten Sinne des Wortes ihre stützende Hand reichen.

Adler bei der Stimmabgabe (SAPP-Projekt)

>>>

Manchmal werden hübsche Heimatabende oder andere gesellige Zusammenkünfte veranstaltet. Da pocht es an meiner Tür und eine liebe Nachbarin fragt, ob ich nicht Lust hätte, mitzukommen, sie werde mich auch sicher heimbegleiten.

Mit Dankbarkeit erinnere ich mich einer englischen Lehrerin, die ihre Ferien in meinem Häuschen verbrachte und bei den Spaziergängen mit mir als erstes deutsches Wort „Baumwurzel“ erlernte, mit dem sie mich vor Schaden behüten wollte. Auch will ich jenen mir bis heute noch unbekannten Mann erwähnen, der zu mir sagte, er habe gehört, ich sei bei der Brennholzzuteilung zu kurz gekommen. Als ich das verneinte, meinte er:

„Dös wär a goar zu schiach, a Frauenzimmer übers Ohr zu haun.“

Und die Jugend? Am Nachmittag des 24. Dezember 1956 läutete es an meiner Tür; ich eilte hinaus, traf aber niemand. Statt dessen lag ein Weihnachtspäckchen im Stiegenhaus, als dessen Absender die Jugendrotkreuzkinder des Ortes angegeben waren. Später erfuhr ich, daß alle Alleinstehenden solche Liebesgaben in Form von Obst und Süßigkeiten erhalten hatten. Meine kleinen Freunde kümmern sich auch sonst um mich. Bald stopft mir ein Mädchen ein Loch im Strumpf oder näht mir einen Knopf an. Dann wieder begleitet mich ein kleiner Kavalier bei meinen Einkäufen oder zerkleinert mir das Brennholz.

Habe ich es euch, ihr Ungläubigen, nun zur Genüge bewiesen, daß die Güte noch lebt und auch in den Herzen unserer Jugend Wurzel faßt!

Melitta Adler, Hallstatt


Unser Schaffen November 1957



Was ich über die Blinden denke

Aus Aufsätzen von Hallstätter Rotkreuzkindern verschiedenen Alters


... Die Blinden tun mir sehr leid, deshalb hab’ ich zu Weihnachten etwas hergegeben.

Franziska Heiniger, 6 Jahre alt


. . . Das Kind, das schon blind auf die Welt kommt, besucht eine Blindenschule. Der treue Begleiter des Blinden ist der Hund. Als Kennzeichen, daß er blind ist, trägt er am Arm eine gelbe Schleife mit drei schwarzen Punkten. Der Blinde ist sehr feinfühlig, kennt jedes, ob Münze oder Papiergeld. Viele Blinde beschäftigen sich mit Heimarbeit.

Raimund Winzer, 8 Jahre alt


. . . Die Blinden tun mir leid. Die Tante Metta ist fast blind, aber sie hat eine starke Brille.

Sie kann nicht mehr lesen, sie kann nicht mehr stricken. Sie muß immer mit dem Stock gehen.

Bei uns in Hallstatt ist ein blinder Mann, der hat eine gelbe Binde. Er hat einen Führerhund und heißt Kettelgruber. Er fährt mit seinem Auto selbst aus seiner Garage heraus. Er schwimmt mit seinem Hund in den See hinaus. Es geht sicher allen Blinden nicht so gut wie dem Herrn Kettelgruber.

Josef Amon, 9 Jahre alt


... Ich bin fast täglich bei einer fast blinden Godi (Firmpatin). Samstag und Sonntag gehe ich dorthin kochen. Sie sieht nur mehr ganz wenig. Beim Kochen muß ich ihr helfen, denn wenn sie Palatschinken backt, so muß sie immerfort zum Fenster laufen, um zu schauen, ob sie schon verbrannt sind. Ich koche schon ganz alleine. Aufräumen und andere Sachen macht sie selbst.

Ein anderer Mann ist ganz blind. Er schwimmt mit seinem Hund in den See hinaus. Er fährt auch mit dem Auto aus der Garage. Mit seiner Frau geht er auch ins Kino. Die Blinden tun mir alle leid, weil sie die Hilfe anderer Menschen brauchen.

Sonja Dreier, 11 Jahre alt


. . . Es ist schade, daß es auf der Welt so viele Menschen gibt, die erblindet sind. Leider kann man jetzt dagegen nichts anwenden. Hoffentlich wird die Wissenschaft auch das noch erfinden. Darum habe ich mich entschlossen. Blinden oder schlecht sehenden Menschen immer behilflich zu sein. Zum Beispiel in einem Kaufhaus war einmal ein Mann, der sah sehr schlecht und sagte, ich solle der Verkäuferin das Geld aus der Börse geben. Da dachte ich mir, daß der sehr viel Vertrauen zu mir habe. Denn manche Blinde oder schlecht sehende Leute sind oft sehr mißtrauisch.

Hermine Amon, 11 Jahre alt


. . . Dem Blinden fehlt ein Sinn. Er hat ein feines Gefühl. Er ist sehr mißtrauisch. Er tastet und fühlt mit den Händen. Er hat eine gelbe Schleife mit drei schwarzen Punkten. Der Hund ist sein Wegweiser. Er ist das Tier, das dem Menschen am treuesten ist.

Monika Wallner, 11 Jahre alt


... Es ist schade, daß es auf der Welt so viele Blinde gibt. Ich habe das Buch „Ihr bester Freund“ gelesen; daraus habe ich mehreres über die Blinden erfahren. Daraus stellte ich fest, daß die Blinden sehr zurückgezogen und manchmal auch verdrießlich sind. Seit vorigem Jahr ist ein Blinder in Hallstatt in der Trafik. Er gibt einem das Geld ganz genau heraus. Er nimmt das Geld in die Hand und mißt die Größe, dann weiß er ganz genau, ob das eine 20-Schilling- Note oder eine 10-Schilling-Note ist. Seine Frau hat ein Auto, das pflegt er selber. Besitzt einen Führerhund.

Margarete Lederer, 12 Jahre alt


... In Hallstatt ist ein kleines Mädchen, das nicht nur blind, sondern auch taub ist. Einmal habe ich es beim Arzt gesehen. Die Kleine wetzte auf dem Schoß ihrer Mutter umher und stieß ganz merkwürdige Töne aus. Jetzt hat sie noch ihre Eltern, aber was wird einmal später mit ihr sein? Gibt es Heime, in denen solche Unglückliche aufgenommen werden? Manche Blinde sind freilich so selbständig, daß man meint, sie brauchen keine Hilfe. Neulich sah ich in Steeg einen Blinden mit der Armbinde aus dem Zug steigen. Er war dabei so sicher, daß man es gar nicht glauben konnte, daß er nicht sehe.

Bei uns in Hallstatt lebt ein blinder Trafikant mit seiner Familie in ganz guten Verhältnissen. Es gibt aber so viele tausende Blinde, die nicht genug Geld verdienen können, um zu leben. Diese Armen brauchen die Hilfe der sehenden Mitmenschen, die für sie Geld sammeln.

Margarete Gruber, 13 Jahre alt


. . . Das traurigste Schicksal für einen Menschen ist wohl, blind zu sein. Wenn ich mir vorstelle, daß ich nicht sehen könnte, nur alles greifen müßte: meine Brüder, Eltern und alle Gegenstände! Mir ist auch ein bißchen eigen, wenn ich einen Menschen sehe, der einen gelben Streifen mit drei schwarzen Punkten trägt. Deshalb helfe ich gerne, wenn ich einen Blinden auf der Straße treffe. Ich wundere mich, daß die Blinden so geschickt sind, obwohl sie nicht sehen. Die Finger ersetzen ihnen die Augen. Man kann es fast nicht glauben, daß sie Bürsten und Sessel flechten oder Tücher weben, auf der Maschine schreiben oder Bücher in Blindenschrift lesen. Die von Geburt an blind sind, lernen es wohl leichter, sich als Blinde zurechtzufinden. Wie schrecklich muß es aber für die Leute sein, die zum Beispiel durch einen Unfall oder durch eine Krankheit plötzlich die Sehkraft verloren haben.

Gerhard Zauner, 12 Jahre alt


... Es tut uns schrecklich leid, daß es so viele Menschen auf der Welt gibt, die blind sind. Ich habe das Buch „Ihr bester Freund“ gelesen. Vroneli, das Mädchen, von dem es handelt, ist erblindet. Vroneli schließt sich in ihr Zimmer ein und denkt immer nur: ,;Blind, blind, ich bin blind und werde nie mehr sehen können!“ Sie will nicht mehr Spazierengehen, denn alles verdrießt sie. Es hat nur einen Wunsch, einen Hund. Dieser Wunsch kann ihr aber nicht erfüllt werden, da der Hund zu teuer ist. Ihre Schulkameradinnen, Lehrer und Professoren haben Mitleid mit ihr. Als die Schüler am Morgen in die Klasse kommen, hat die Lehrerin eine Überraschung. Sie kaufen Vroneli den Hund. Wie ihr Monika, ihre beste Freundin, die Neuigkeit übermittelt, fällt ihr Vroneli vor Freude um den Hals. Die Freude dauert aber nicht lange. Vroneli wird im Spital das Augenlicht wieder hergestellt, daher hat sie den Hund einem anderen blinden Buben zu schenken. Nicht jeder ist so glücklich wie Vroneli, das Augenlicht wieder zu bekommen. Die, die aber immer in finsterer Nacht leben, denen will ich gerne zur, Seite stehen.

Margarete Mayer, 13 Jahre alt



Es gab einen Zahnarzt in Hallstatt, Dr. Pregant, der im Konsum in der Lahn im obersten Stock seine Praxis hatte.

Leserbrief von Melitta Adler

Wie gerne höre ich zu, wenn mir liebe Menschen aus ,,Unser Schaffen“ vorlesen. Jeden Monat lege ich ein Heft in das Wartezimmer des Arztes und eines in das des Dentisten. Vielleicht wirft einer der Patienten doch ab und zu einen Blick hinein und erfährt, daß blinde Menschen einer ganzen Ortschaft zu gutem Trinkwasser verholfen haben oder macht sich Gedanken darüber, daß die oft schwer um ihre Existenz kämpfenden Blinden durch die Öffentlichkeit besser versorgt werden sollten. Ich erinnere nur daran, daß es unser Verein war, der die Blindenbeihilfe durchsetzte, weil er laut und oft genug auf den Notstand seiner Mitglieder hinwies.

Und zum Schluß noch das: Möge unsere liebe Hilfsgemeinschaft den Ehrentitel „Motor der Blindenbewegung“ auch weiterhin mit vollem Recht tragen und in allen Bestrebungen erfolgreich sein.

Melitta Adler Hallstatt

1955 demonstrierten die Zivilblinden auf der Ringstraße für die Einführung eines Blindenpflegegeldes. Vertreter der Hilfsgemeinschaft hatten sich seit Jahren dafür eingesetzt. Bundeskanzler Julius Raab empfing eine Delegation der Demonstranten


Die Lebensgeschichte Melitta Adlers und wie sie nach Hallstatt kam.

Wie meine kranken Augen mein Leben beeinflußten


Schon als kleines Kind muss man es mir angemerkt haben, dass ich die Dinge meiner Umgebung nicht so ausnahm wie meine Altersgenossen, denn schon vor dem Eintritt in die Schule erhielt ich dicke Brillen. Ich glaube, in der Stärke von fünf bis sechs Dioptrien. In der Schule saß ich immer in den vorderen Bänken, weil ich sonst nicht auf die Tafel gesehen hätte. Die größten Hemmungen gab es im Handarbeiten und Turnen. Eine sicher sehr gewissenhafte Lehrerin verbot mir beim Absprung von einem hochgestellten Brett, die Augengläser aufzubehalten. Der Erfolg war, dass ich den Sprung überhaupt nicht wagte, weil ich ja mein Ziel nicht erkennen konnte. Beim Handballspiel wurde ich zur geschickten Schwindlerin, die sich immer hinter den anderen herumtrieb, um aus dem Gesichtskreis der Turnlehrerin zu gelangen. Auch bei den privaten Spielen behinderte mich meine mangelhafte Sehkraft. Einmal stürzte ich auf dem Kies des Volksgartens auf das Gesicht, zog mir aber, o Wunder, nur eine Schramme am Kinn zu. Ein andermal fiel ich auf weichem Wiesengrund. Eine zerbrochene Brille und ein Schnitt im Augenlid waren die Folgen... Solche Erlebnisse machten mich feig und unentschlossen in allen körperlichen Belangen.


Dann kam der Tag, an dem ich meine Berufswahl treffen sollte. Seit der ersten Volksschulklasse war es mein sehnlichster Wunsch, Lehrerin zu werden. Die Aufnahmsprüfung in die Lehrerinnenbildungsanstalt hatte ich gut hinter mich gebracht, aber nun begann der Leidensweg der ärztlichen Untersuchungen. Der Augenarzt erklärte, die Kraft meiner Augen werde nur für die Studienzeit reichen. Nach langem Hin und Her wurde ich aber doch aufgenommen, nachdem ich dem Arzt der Lehranstalt versprochen hatte, Volksschullehrerin zu bleiben und nicht weiterzustudieren. Nach Ablauf meiner Ausbildungszeit bewarb ich mich um eine Stellung. Damals beging ich vielleicht den folgenschwersten Fehler meines Lebens. Wäre ich Blindenlehrerin geworden, könnte ich wahrscheinlich heute noch meinen Beruf ausüben... Aber ich ging die ausgefahrene Straße der anderen und wurde zuerst Volksschullehrerin, obwohl man damals am Ende des ersten Weltkrieges gewiss Lehrer für die kriegsblinden Soldaten gebraucht hätte und mir die Unterweisung in der Methodik des Blindenunterrichtes viel Interesse abgenötigt hatte. Unbedachte Jugend!


Als Lehrerin merkte ich bald, dass meine musikalischen Fähigkeiten den Anforderungen des Unterrichtes nicht entsprachen. Das war neben meinem Ehrgeiz der Grund, dass ich mein Versprechen brach und Hauptschullehrerin wurde. Dabei musste ich Deutsch als Hauptfach wählen, weil bei den anderen Fachgruppen Gegenstände wie Naturgeschichte oder Zeichnen vertreten waren, die ich mit meinen schwachen Augen nicht bewältigen konnte. Deutschunterricht... fast jedes Jahr hundert Schülerinnen in drei Klassen, was jeden Monat hundert zu verbessernde Schularbeiten, jede Woche ebenso viele durchzusehende Übungshefte bedeutete. Sechzehn Dienstjahre hielt ich trotzdem durch, dann aber kam der Augenblick, da ich in den Heften n und m nicht unterscheiden konnte und wenn ich das Wort ,,Baum“ lesen wollte, nur das B und das m sah, während über dem au ein schwarzer Fleck lag. Da wurde mein Augenarzt Dr. Subal zu meinem Retter. Hatte er sich schon bisher stets bemüht, mir helfend zur Seite zu stehn, so gelang es ihm jetzt, mir das Augenlicht so weit wieder zu schenken, dass ich noch zehn Dienstjahre durchzuhalten imstande war.


Dann kam die schrecklichste Zeit meines Lebens. Zu Weihnachten 1943 erklärte Dr. Subal, länger als zum Schulschluss 1944 könne ich unmöglich in der Schule bleiben. Tatsächlich wurde im Frühjahr 1944 eine Dienstfähigkeitsüberprüfung eingeleitet, die zu meiner Pensionierung führte. Dabei lag ich mit einer Lungenentzündung im Bett und konnte über mein Elend nachdenken.


Aber auch diese Zeit der Verzweiflung ging vorüber. —

Eine mütterliche Freundin forderte mich auf, mit ihr in ihrem kleinen Häuschen in Hallstatt zu leben. Ich nahm die Einladung mit heißem Dank an, wollte ich doch kein Wiener Kind mit einer Schultasche auf den Straßen sehen.



Jetzt sollte ich nicht einmal fremde Kinder um mich haben dürfen, da es mir doch versagt war, eigene Kinder zu haben, um meine erbkranken Augen nicht an sie weiterzugeben. Das Leben erschien mir trostlos. Vergessen fand ich nur in ruheloser Tätigkeit, in häuslichen Geschäften und in der Pflege meiner lieben Hausgenossin, die von ihrem 76. Lebensjahr an nicht mehr gehen konnte. Nun ruht sie schon drei Jahre auf dem Hallstätter Friedhof, aber ihr Häuschen ist mein Asyl geblieben.


Allmählich sammelte sich eine Schar von Kindern um mich, die freilich ständigem Wechsel unterworfen ist. Die einen treten ins Leben, in die Arbeit, die ganz Kleinen rücken nach. Wenn es nottut, helfe ich ihnen bei den Schularbeiten. Da gedenke ich mit Dankbarkeit meines Lehrers in der Bürgerschule, der mir das mündliche Rechnen so vorzüglich beibrachte, dass ich heute noch Rechnungen wenigstens schätzungsweise im Kopfe zu lösen vermag, zu denen andere unbedingt Papier und Bleistift benötigen.


Meine Sehkraft hat während der vierzehn Jahre meines Ruhestandes ständig abgenommen und zu der progressiven Myopie und den Veränderungen auf der Netz- und Aderhaut ist noch ein komplizierter grauer Star getreten. Nur mit dem linken Auge kann ich noch Umrisse unterscheiden. Trotzdem ist mein Lebensschiff jetzt in einen ruhigen Hafen gelaufen. Die Stürme der Verzweiflung sind verebbt. Nur selten vermögen hochgehende Wellen meine Seelenruhe zu stören. Etwa damals, als man in der Augenklinik meinen Star operieren wollte. Doch erklärte mein langjähriger Augenarzt, dieser Eingriff sei bei meinen mitgenommenen Augen zu riskant. Bei seinem Gelingen werde der Erfolg kaum der Rede wert sein. Sein Misslingen hingegen könne mich um das Wenige bringen, was ich noch besitze.


Mir genügt der kleine Wirkungskreis, der mir noch geblieben ist. Ich bin zufrieden, wenn ich recht und schlecht ein bisschen kochen und aufräumen kann (freilich passiert bei diesen Tätigkeiten oft manches Unheil) und wenn mein Radio gut funktioniert. Ich freue mich, wenn Kinder zu mir kommen, bei mir lernen oder spielen, mir vorlesen oder sich an schulfreien Tagen als kleine Köchinnen betätigen. Auch genieße ich lange Wanderungen in Gesellschaft lieber, rücksichtsvoller Menschen und bin meinem Schicksal trotz allem dankbar, dass es so glimpflich mit mir umging.



Die erste Veranstaltung für die Hilfsgemeinschaft.

Hallstatt im Dienste der Blinden!


Es war vor einigen Monaten, als uns Kollegin Melitta Adler einlud, sie einmal in Hallstatt zu besuchen und bei dieser Gelegenheit einen Werbeabend für ,,Unser Schaffen“ durchzuführen. Sie werde schon alles sorgfältig vorbereiten, sagte sie, damit die Veranstaltung auch gut gelinge. Selbstverständlich sind wir diesem Rufe gerne gefolgt und setzten unser Eintreffen in Hallstatt für den 24. September d. J. fest. Da wir in Hallstatt auch eine kleine Ausstellung von Blindenarbeiten und Blindenhilfsmitteln zeigen wollten, gab es vor der Abreise noch viele Vorbereitungen. Endlich waren wir so weit, um erwartungsvollen Herzens die Fahrt anzutreten.


In Hallstatt angelangt, wurden wir am Bahnhof von Kollegin Adler und einigen mit ihr befreundeten Damen herzlich willkommen geheißen und in das freundliche Heim unserer Schicksalsgefährtin geleitet. Die Fahrt über den See sowie das Erlebnis des Hochgebirges schenkte auch uns Blinden einen bleibenden Eindruck. Wir freuten uns sehr, mit Kollegin Adler, die ein sehr warmherziger und hilfsbereiter Mensch ist, einmal gemütlich plaudern zu können.


Am Abend des ersten Tages besuchten wir einen Vortrag unseres Freundes Dr. Herbert Tichy, der fesselnd über seine Reisen in fernen Ländern berichtete. Am nächsten Tag, der strahlend schönes Wetter brachte, unternahmen wir einen Spaziergang durch Hallstatt und eine Bootfahrt am See. Reizend gestaltete sich die Begrüßung durch die Jugendkreuzkinder, die unter der bewährten Leitung von „Tante Metta“ einen Chor sowie einige kleine Theaterstücke einstudierten, mit welchen sie uns im Heim von Kollegin Adler willkommen hießen.


Am Abend fand im großen Saal des Konsumvereines unsere Veranstaltung statt, die sich eines regen Zuspruches erfreute, Bürgermeister Johann Putz begrüßte die Vertreter der Hilfsgemeinschaft und verstand es, mit beredten Worten die Probleme der Blindheit den glücklicheren Sehenden näherzubringen. Hierauf ergriff Kollegin Melitta Adler das Wort. Auch sie hieß uns — diesmal offiziell — willkommen. Sie dankte allen Künstlern und auch den übrigen Helfern, die zu dem so überaus guten Gelingen dieses Abends beitrugen. Insbesondere dankte sie dem Herrn Bürgermeister, den Herren Erich Pregant und Hubert Unterberger, die sich um die Organisierung des Abends große Verdienste erworben haben, Herrn Heinrich Kirschlager für die Ausführung der schönen Plakate sowie dem Pächter des Konsumvereines, welcher den Saal uneigennützig zur Verfügung stellte.


Schon die erste Programmnummer war ein voller Erfolg, denn die Paraphrase über eine Donizettioper, welche von Frau Margit Pregant (Klavier) und Herrn Karl Kirschlager (Violine) brillant vorgetragen wurde, löste Beifallsstürme aus. Herr Wolfgang Binder sprach mit feiner Einfühlung eine Stelle aus „Wilhelm Teil“, und zwar „Eine edle Gabe ist das Licht der Augen“, sowie das tief empfundene Gedicht von Heinz Appenzeller „Der Blinde und der Augenarzt“.


Großen Anklang fanden auch die prächtigen, durch hohe Musikalität ausgezeichneten Darbietungen des Arbeitersängerbundes. Hierauf sprach Kollege Josef Hanausek sehr eindrucksvoll über das Wirken der Hilfsgemeinschaft der später Erblindeten Österreichs und über die Monatsschrift ,,Unser Schaffen“. Die Gesangsvorträge der Damen Edlinger und Gamsjäger, von Herrn Wastl bestens auf der Zither begleitet, erfreuten durch Klangschönheit und Frische.


Anschließend sprach Kollegin Maria Franko die Leiterin der Nähstube sowie des Erholungsheimes, schlichte, tief zu Herzen gehende Worte über diese segensreichen Einrichtungen.

Nach der Pause, in welcher die ausgestellten Blindenerzeugnisse und Blindenhilfsmittel von den Gästen mit großem Interesse besichtigt wurden, eröffneten die Schrammeln, bestehend aus den Herren Heinrich und Karl Kirschlager und Franz und Rudi Unterberger, mit beschwingten Weisen den zweiten Teil des Programms. Kollegin Yvonne Blauensteiner brachte naturverbundene Gedichte aus eigener Feder zum Vortrag, die gleichfalls beifällig aufgenommen wurden.


Kollegin Melitta Adler, die sich so vorbildlich um das Zustandekommen der Veranstaltung mühte und die wir auch an dieser Abend als ausgezeichnete Conferenciere kennenlernten, beschloss den Abend mit Worten der Besinnung und einem Appell an die Herzen der Sehenden, die mit ihrem Augenlicht einen kostbaren Schatz besitzen. Ihr sowie allen Künstlern und Helfern sei für die wertvolle Mitarbeit auf diesem Wege herzlichst gedankt.




Diese Geschichte handelt von Adlers Ankunft in Hallstatt und von Weihnachten. Habe diese Geschichte aber schon in einem eigenen Beitrag veröffentlicht.



Ein Kniefall

Melitta Adler erzählt von einem Unfall, bei dem sie im Krankenhaus landet.





Ein Nachruf für Herbert Egger, der beim Baden ertrank.

Ein Jugendlicher

Am 11. Juli 1959 ertrank der 18 jährige Tapeziererlehrling Herbert Egger im Hallstättersee. Er war ein guter, warmherziger Bub, anders geartet als so mancher seiner Altersgenossen. Schon als Kind liebte er die Blumen über alles. Seit er selbst Geld verdiente, blühten alljährlich 150 Tulpen im Garten seines Vaters. So gerne wäre er Gärtner geworden, wenn es die Umstände nicht verhindert hätten. Seinen Eltern war er aufs innigste zugetan. Welch herzliche Briefe schrieb er doch seiner Mutter, wenn er an Festtagen von ihr getrennt war. Die gleiche Liebe brachte er der Ahnl (Großmutter) entgegen, weil er fühlte, daß sie seiner Fürsorge bedurfte. Als sie, die 87jährige, ihm vor einigen Wochen im Tode voranging, war er völlig zerschmettert.


Trotz dieses weichen Gemütes vermochte er sich auch zu energischen Leistungen aufzuraffen. Er, dem eigentlich das Lernen Schwierigkeiten bereitete, vollendete die Berufsschule mit gutem Erfolg. 12 Tage nach seinem Tode wäre seine Lehrzeit zu Ende gewesen. Den Blinden und anderen Hilfsbedürftigen war er ein warmer Freund. Er war auch Abonnent von „Unser Schaffen“, und wie oft kam er an Samstagabenden zu Besuch, um mir daraus vorzulesen. Seit diesem Frühjahr übernahm er die Betreuung meines Gartens und begoß an jedem heiteren Morgen um halb sechs Uhr früh meine durstigen Beete, ehe er nach Bad Ischl zur Arbeit fuhr.

Gäbe es doch mehr solche warmherzige junge Menschen, die sich auch nicht vor dem Spott der Kameraden scheuen, wenn sie beim Rauchen und Trinken nicht mittun. Wir wollen unseren Herbert in dankbarer Erinnerung behalten und uns mit dem Gedanken trösten, daß ihn sein früher Tod vielleicht vor manchem Schicksalsschlag bewahrt hat. ,

Melitta Adler, Hallstatt



Die kleine Anna

Von Melitta Adler

Die Geschichte der kleinen Anna aus dem Waldviertel, der Haushälterin ihres Bruders..




Der zweite Werbeabend im Kinosaal.

Blindenwerbeabend in Hallstatt


Es ist der unermüdlichen Aktivität einer fast erblindeten ehemaligen Wiener Hauptschullehrerin zu danken, dass die Hilfsgemeinschaft der später Erblindeten Österreichs kürzlich in Hallstatt ihren zweiten Werbeabend veranstalten konnte. Vor einigen Jahren erst war Frau Melitta Adler unserer Organisation beigetreten, nicht vielleicht deswegen, weil sie sich von dieser finanzielle Hilfe in Form von Unterstützungen erhoffte — die hatte sie dank der Pension, welche sie sich in jahrzehntelanger aufopfernder Pflichterfüllung als Pädagogin erworben hatte, nicht nötig. Frau Adler wollte ihr Wissen und Können, ihre reichen Erfahrungen im Umgang mit Menschen aller sozialen und kulturellen Schichten des Volkes in den Dienst jener Sache stellen, die durch den schweren Schicksalsschlag, welcher sie mit der Erblindung getroffen hat, nun auch die ihre geworden war.



Begeistert von dem schöpferischen Tatendrang, von dem alle Funktionäre und Mitglieder der Hilfsgemeinschaft erfüllt sind, regte Frau Adler im vergangenen Jahr die Durchführung eines Werbeabends in Hallstatt an. Unserer tapferen Lehrerin war es gelungen, einen Kreis von Helfern um sich zu versammeln, welcher ihr bei den Vorbereitungen half, und es waren, — vor allem die Hallstätter Rotkreuzkinder, die glücklich waren — ihrem Versprechen getreu —, wieder eine gute Tat verrichten zu dürfen. Einheimische Kunstkräfte opferten ihre Freizeit, um ,,Tante Metta“, wie unsere Kollegin in der bergumringten Gemeinde allgemein genannt wird, zu unterstützen.


Der Abend wurde ein großer Erfolg und brachte den Blinden viele neue Freunde.

„Wann kommt die Hilfsgemeinschaft wieder nach Hallstatt?“ So wurde Tante Metta immer wieder gefragt, denn der erste Werbeabend war zu einem unvergesslichen Erlebnis geworden.

Nun waren es noch viel mehr Menschen, welche bereit waren, Frau Adler bei der Vorbereitung eines solchen Abends zu helfen, und Herr Bürgermeister Johann Putz übernahm gerne die Aufgabe, die Eröffnungsansprache zu halten. Obmann Vogel war mit nach Hallstatt gekommen, um im Rahmen der Veranstaltung über das Thema „Die Blinden in der modernen Gesellschaft“ zu sprechen. Einleitend spielten Frau Margit Pregant Klavier und Herr Karl Kirchschläger Geige, und fanden reichen Beifall. Dieser Vortrag sowie die Darbietungen des Streichquartettes und des Arbeiter-Sängerbundes standen auf hohem künstlerischem Niveau.


Mit großem Interesse wurden die Ausführungen des Vorsitzenden der Hilfsgemeinschaft aufgenommen. In klaren Worten skizzierte der Sprecher die Stellung der Blinden, die vielen Schwierigkeiten, welche sich aus der Blindheit ergeben und die großen Lücken in der Gesetzgebung, wodurch es den meisten Blinden noch nicht möglich ist, sich in der modernen Gesellschaft als vollwertige, gleichberechtigte Mitbürger zu fühlen.


Der Redner zeigte die vielfältigen Fähigkeiten der Blinden auf, dank welcher sie, wenn die nötigen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, im normalen Produktionsprozess nützliche Arbeit verrichten können.


Ferner berichtete Obmann Vogel über die Monatsschrift „Unser Schaffen“, welche als einziges Blatt in Österreich die Probleme der Blinden behandelt und immer die Wege weist, welche beschritten werden müssen, um die Lebensbedingungen des Blinden zu verbessern. Die Blinden wollen keine Bettler sein, sie wollen nicht die ewigen Almosenempfänger bleiben! Sie verlangen die staatliche Versorgung für alle Blinden, damit sie als gleichberechtigte und freie Bürger einer modernen Gesellschaft am wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Aufbau ihres Landes teilnehmen können.


„Wir sind Menschen wie alle anderen“, sagte Obmann Vogel, „nur dass wir die Eindrücke von unserer Umwelt nicht mehr visuell wahrnehmen können und uns dabei der uns verbliebenen Sinnesorgane bedienen müssen. Wir lieben die Natur mit ihren vielfältigen Schönheiten. Wir hören, riechen und spüren in ihr vielleicht mehr als unsere sehenden Mitmenschen, welche oft genug an den Herrlichkeiten der Natur achtlos vorübergehen, als ob alles so selbstverständlich und immer da gewesen wäre.“




Die tiefempfundenen Worte des Sprechers schufen die richtige Stimmung für den hierauf vom Arbeiter-Sängerbund unter Leitung seines Ehrenchormeisters Reiter meisterhaft vorgetragenen Chores „Die Nacht“ von Schubert.

„Schweigend naht des Lenzes Milde sich der Erde weichem Schoß, kränzt den Silberquell mit Moos und mit Blumen die Gefilde.“

Bei diesem die Natur verherrlichendem Text der zweiten Strophe dieses Chores wurde es den Zuhörern so recht bewusst, welch großer Schatz ihnen mit den gesunden Augen, mit dem vollen Sehvermögen geschenkt ist, aber auch wie groß ihre Verpflichtung gegenüber jenen Menschen ist„ welche gerade das wertvollste Sinnesorgan missend, dennoch mit allen Schwierigkeiten des Lebens fertig werden müssen. Heimatlieder, vorgetragen vom Trio Mitzi Edlinger, Traudl Gamsjäger und Otto Wastl, bildeten den Abschluss dieses zweiten Werbeabends der Hilfsgemeinschaft der später Erblindeten Österreichs in Hallstatt, wofür Herr Alois Pamesberger in uneigennütziger Weise seinen schönen Kinosaal zur Verfügung gestellt hatte.


Am Schlüsse dankte „Tante Metta“, die die Zuhörer durch das reichhaltige Programm geleitet hatte, allen, welche aus nah und fern gekommen waren und besonders den mitwirkenden Künstlern. Auch wir vom Vorstand der Hilfsgemeinschaft danken unserer Kollegin Adler und ihren braven Mitarbeitern herzlichst für die gute Vorbereitung dieses Abends, wodurch der große Saal bis auf den letzten Platz gefüllt war.


Die Hilfsgemeinschaft der später Erblindeten Österreichs ist auf Wunsch gerne bereit, auch in anderen österreichischen Gemeinden solche Abende durchzuführen, wenn sich einige Blindenfreunde bereitfinden, in ihrer Gemeinde die notwendigen Vorbereitungen zu treffen. Was wir dazu brauchen ist: Ein geeigneter Saal, mehrere einheimische Kunstkräfte, ein Chor oder eine Spielgruppe.


Wie wäre es, Herr Bürgermeister, Herr Oberlehrer, Herr Pfarrer und Notar? Bitte, besprechen Sie doch untereinander unseren Vorschlag. Es geht um eine gute Tat! Selbstverständlich werden wir in „Unser Schaffen“ über jeden Werbeabend berichten und auch darüber, wer uns dabei wirksam geholfen hat.



Leserbrief von Melitta Adler

Frauen, die zum Wohle ihrer Leidensgenossen ihre ganze Kraft einsetzen, ein harmonisches, mit Zufriedenheit gesegnetes sein. Ich danke für die schöne, große süße Schachtel und die schönen Taschentücher und vor allem für die Übersendung des Tonbandes von der Weihnachtsfeier der Hilfsgemeinschaft. Wir haben ihm am Hl. Abend beim Schein unserer Christbaumkerzen vor unserem uralten Weihnachtskripperl gelauscht. Es war wunderschön. Wie reich ist doch mein Leben wieder geworden durch all das, was ich von der Hilfsgemeinschaft empfangen habe! Ich will mich bemühen, ihr meinen Dank dadurch abzustatten, daß ich ihr immer mehr Freunde werbe und mein Scherflein zur Linderung ihrer finanziellen Sorgen beitrage.

Melitta Adler, Hallstatt



Ein Text um blinde Intelektuelle zur Mitarbeit in Blindenvereinigungen anzustiften.

AUCH SIE GEHÖREN ZU UNS!

Von Melitta Adler Hallstatt




Wie die Veranstaltungen entstanden und wie sie abgelaufen sind.

Die Hilfsgemeinschaft in Hallstatt

Von Melitta Adler




Ehe ich mit dem Bericht über diesen Abend beginne, erlauben Sie mir, liebe Leser, ein wenig in der Vorgeschichte dieser Veranstaltungen zu blättern.


Im Jahre 1958 bat mich Obmann Vogel, einen Werbeabend in Hallstatt vorzubereiten. Ich versicherte ihm, dass ich dazu nicht imstande wäre, da ich keinerlei Fühlung mit den maßgebenden Persönlichkeiten hätte. Als ich einen Tag nach dieser Absage bei Herrn Pregant, unserem Dentisten, auf dem Marterstuhle saß, erzählte ich ihm von den Wünschen unseres Obmannes. ,,Da kann ich Ihnen ja helfen!“ rief er lebhaft. Und so geschah es. Er fragte bei den leitenden Männern des Arbeitersängerbundes an, ob sie zur Mitwirkung bereit wären. Er veranlaßte seine Frau, ihr Klavierspiel, und Herrn Karl Kirchschläger, seine Kunst des Geigenspieles in den Dienst der guten Sache zu stellen.


Er war es auch, der die Damen Edlinger und Gamsjäger mit Herrn Otto Wastl, ihrem Begleiter auf der Zither, für unsere Pläne gewann. Auf seine Anfrage hin waren auch die Hallstätter Schrammeln (Heinrich und Karl Kirchschläger, Franz und Rudi Unterberger) gerne bereit, mitzutun. Alle diese Künstler, die mir heute liebe Bekannte sind, wurden erst durch Erich Pregant Mitarbeiter an der Sache der Blinden.


Nach allen diesen Vorbereitungen konnte im Jahre 1958 der erste Abend gestartet werden. Er wurde — wie die Veranstaltungen des folgenden Jahres — ein Erfolg, auf den wir stolz waren. In den Spätsommertagen dieses Jahres gingen wir mit frischem Mut an die Vorbereitungen für den dritten Werbeabend. Alle Gruppen probten fleißig. Herr Karl Kirchschläger vervielfältigte die Programme und zeichnete wunderschöne Plakate.



Am 21. September d. J. holte ich unsere Wiener Gäste, Obmann Vogel mit seinem Sohn Heinz sowie Professor Hanausek mit seiner Frau von der Eisenbahnhaltestelle ab. Bei der Fahrt über den See wurde lebhaft über das kommende Ereignis geplaudert. Die freien Stunden bis zum Beginn des Vortrages benützte Professor Hanausek zum Stimmen des Klaviers, während Obmann Vogel und sein Sohn die Sudhütte besichtigten. Anschließend wurde, zu ihrer großen Freude, Kollegin Maria Mistelberger, ein Hallstätter Mitglied der Hilfsgemeinschaft, besucht. Nachdem wir noch die Sessel im Saal in Reih und Glied gestellt und uns in meinem Heim ein wenig gestärkt hatten, brachte uns Herr Madelberger mit seinem Auto zum Konzertsaal des Konsumvereines.


Mir war wegen des frühen Anfangs ein wenig bang, aber schon wenige Minuten nach 19 Uhr fragte mich Kollege Vogel: ,,Warum warten Sie denn noch?“ — ,,Ich muss mich doch gedulden, bis der Saal voll ist!“ meinte ich. ,,Aber, der geht ja schon über!“ war die fröhliche Antwort.

Also rasch hinauf auf die Bühne! Eine kurze Begrüßung und einige Dankesworte an alle, die sich um das Gelingen des Festes bemüht hatten. Dann gab Herr Bürgermeister Putz seiner Freude Ausdruck, dass dieser dritte Werbeabend zustande gekommen sei. Er wünschte den Blinden, sie mögen im modernen Wohlfahrtsstaat die ihnen gebührende Stellung einnehmen.


In seiner Ansprache hob Obmann Vogel die Verbundenheit der Hilfsgemeinschaft mit den Bewohnern Hallstatts hervor, die immer so viel Verständnis für die Belange der Blinden beweisen. Darum empfinde er es als Dankespflicht, dem Bürgermeister von Hallstatt die anlässlich des 25jährigen Bestehens der Hilfsgemeinschaft der später Erblindeten Österreichs herausgegebene Erinnerungsmedaille in Silber zu überreichen. Es soll aber auch seiner ganzen Gemeinde für die rege Anteilnahme am Geschick ihrer blinden Mitmenschen gedankt werden. In seinen von den Anwesenden mit großer Aufmerksamkeit verfolgten Ausführungen berichtete Obmann Vogel von den vielfältigen Bemühungen seiner Organisation um die Verbesserung der Lebensbedingungen aller Blinden. Mit Freude stellte er fest, dass die Blinden dank verschiedenen sozialrechtlichen Errungenschaften heute in der Gesellschaft eine wesentlich andere Stelle einnehmen als die früherer Generationen.




Er sprach von den schöpferischen Leistungen, zu welchen blinde Menschen befähigt sind, soferne ihnen in verständnisvoller Weise die helfende Hand geboten wird. Mit sichtlicher Freude berichtete der Wiener Gast den Hallstätter Zuhörern von dem großen und edlen Plan der Hilfsgemeinschaft, in Hochegg bei Grimmenstein das erste österreichische Blindenaltersheim zu errichten und bat die Anwesenden, die Bestrebungen seiner Organisation — wie bisher — auch weiterhin nach besten Kräften zu unterstützen.


Unsere altbewährten heimischen Kunstkräfte besorgten die musikalische Umrahmung. Margit Pregant (Klavier) und Karl Kirchschläger (Geige), jeder ein Künstler in seinem Fach, spielten die Serenata aus dem Ballett ,,Die Millionen des Harlekin“ und die Stephaniegavotte von Czibulka. Der Männergesangsverein trug in gewohnter Meisterschaft zwei Lieder vor: In ,,In der Jugendzeit“ sei das Solo Ferdinand Scheutz’ hervorgehoben. ,,Die Poeten auf der Alm“ bewiesen ihre alte Zugkraft. Die Schwestern Edlinger—Gamsjäger brachten drei Volkslieder zu Gehör, von denen das ,,Hoamatl“ von Herrn Wastl eigens für diesen Abend komponiert worden war.


Erstmalig im Rahmen unserer Hallstätter Veranstaltungen trat ein gemischter Chor auf, der den Abendchor aus dem „Nachtlager von Granada“ von Konradin Kreutzer gut ausgeglichen sang.



Auch die vier jungen Blockflötenspielerinnen, von Frau Anna Kaltner auf dem Klavier begleitet, machten ihre Sache wirklich gut. Einen großen Publikumserfolg ernteten die Volkstänze der Kinder wie die der „Alt-Hallstätter“. Durch die beliebten Hallstätter Schrammeln wurde die schon gute Stimmung noch gehoben. Es war, ich kann es mit Freude sagen, ein gelungener Abend, nach Ansicht vieler Zuschauer sogar der beste von den drei bisherigen.

Aber wie stolz war ich erst auf meine lieben Hallstätter Freunde, als Professor Hanausek, der gewiss ein strenger, aber auch berufener Kritiker ist, meinte, es sei wirklich eine große Leistung für den Ort, so viel künstlerisch begabte Menschen aufzutreiben, um einen solchen Abend aufziehen zu können. An diesem Tag schlief ich wirklich glücklich ein!

Melitta Adler Hallstatt



Frau Adler über Erziehung.

Was wir unseren Kindern schuldig sind

Von Melitta Adler



Diesen Text habe ich schon einmal extra gebracht.

Der Rothn Godl

Von Melitta Adler



Tonbänder wurden für die Post gebraucht.

Tonbänder als Liebesboten


Eines Abends saß ich gemütlich in meinem Zimmer und lauschte den Worten des Erzählers, die aus dem Magnetophon ertönten. Plötzlich klopfte es. Auf mein,,Herein“ betrat der 18jährige Peter, ein mir seit seiner Kindheit bekannter Bursche, sehr verlegen den Raum.


,,Das ist aber nett, daß du dich wieder einmal blicken läßt“, begrüßte ich ihn,,,Schieß los! Was führt dich zu mir?“

Seine Mütze in den Händen knüllend, stotterte er: ,,Ich habe diesen Sommer ein Berliner Mädel kennengelernt und das hat mir jetzt einen Tonbandbrief geschickt. Darf ich diesen bei ihnen abhören, weil ich selbst kein solches Gerät besitze?“

,,Ja freilich“, erklärte ich bereitwillig und schon legte ich die Spule auf. Alsbald erklang Käthchens Stimme. Sie berichtete, daß sich in der Industrieausstellung Gelegenheit geboten habe, einen Tonbandbrief abzusenden. Sofort habe sie an den schreibfaulen Peter aus dem Urlaub gedacht. Warum er denn nichts von sich hören lasse ? Sie wolle in den nächsten Ferien mit ihrer Mutter nach Hallstatt kommen und bei seinen Eltern wohnen, um ihn und seine Familie richtig kennenzulernen. Er möge sie nicht länger auf Antwort warten lassen.

Ratlos starrte Peter vor sich hin. So ernst hatte er die Bekanntschaft nicht genommen.

Schließlich fragte er: ,,Darf ich nächsten Samstag wiederkommen und ein Tonband mit der Antwort besprechen?“


Belustigt sagte ich zu. Wie erstaunt war ich jedoch, als zur vereinbarten Zeit außer Peter auch Paul, sein mir unbekannter Freund, erschien, der ohne Schüchternheit mit wohlgesetzten Worten bat, auch einen Tonbandbrief absenden zu dürfen. Nun war guter Rat teuer, denn wir besaßen bloß ein verfügbares Tonband. Kurz entschlossen schnitten es die beiden Jünglinge auseinander. Ich lieh ihnen eine zweite Spule und somit war jeder mit dem notwendigen Material versorgt.


Mit ziemlichem Pathos sprach Paul seine etwas geschraubten Worte in das Mikrophon. Er wollte seine Elke, ein Mädchen aus Niederbayern, glauben machen, daß er schon bei der ersten Zusammenkunft erkannt hätte, daß sie die ,,einzig Richtige“ für ihn sei, faselte noch etwas von der komischen Welt und anderen Unsinn. —

Jetzt kam mein schlichter Peter an die Reihe. Aber statt sich seiner eigenen Ausdrucksweise zu bedienen, folgte er den bombastischen Tönen seines Freundes. Da wurde ich ehrlich böse. ,,Abgeschriebene Schularbeiten sind mir oft untergekommen, aber kopierte Liebesbriefe finde ich äußerst geschmacklos. Ihr haltet die armen Mädchen wohl nur zum Narren.“

Etwas niedergeschlagen änderte Peter den Entwurf seiner Antwort und sprach sie nochmals ins Mikrophon. Ich aber dachte: ,,Arme Mädchen, ihr habt die Sache zu ernst genommen, euren Partnern war sie bloß Scherz. Nehmt es nicht zu tragisch. Auch für euch wird der Rechte kommen!“

Melitta Adler



In dieser Geschichte spendet eine ältere Hallstätterin bei einem Seekonzert zugunsten der Hilfsgemeinschaft ein junges Kätzchen für ein Blindenaltersheim. Ein Mädchen, Ruth, passt auf das kleines Kätzchen auf.

Ein Kätzchen für Hochegg


Obmann Vogel war nach Hallstatt gekommen, um einem Seekonzert beizuwohnen, das zugunsten der Hilfsgemeinschaft stattfinden sollte. Kurz nach seiner Ankunft saßen wir alle gemütlich beieinander. Da meinte eine bekannte alte Dame:

„Herr Direktor, könnten Sie für Ihr Altersheim nicht einen kleinen Kater brauchen? Ich habe daheim drei zur Auswahl. Kommen Sie, und schauen Sie die Tierchen an!“ Kollege Vogel sagte begeistert:

„Oh, gewiß wäre uns ein so junges Kerlchen erwünscht, denn unsere Katze ist schon 13 Jahre alt. Aber leider kann ich nicht mit Ihnen kommen, da wir den Sammlern die Festabzeichen überbringen müssen.“ —

„Nun“, erklärte die 87jährige resolut: „Ich hole den schönsten und bringe ihn her“, und sie machte sich entschlossen auf den Weg, obwohl ihre Wohnung fast eine halbe Stunde von der meinen entfernt ist.


Wir gingen inzwischen daran, unsere Spendenausweise zu zählen und mit Stecknadeln zu versehen, wobei uns einige Hallstätter Mädchen halfen. Ehe wir unsere Arbeit beendet hatten, stand schon Tante Anna, so wollen wir die tierfreundliche Dame nennen, wieder in unserer Mitte und wir beäugten neugierig die große Tasche, die sie in der Hand trug.




Langsam und vorsichtig wurde der Zippverschluß geöffnet und bald lugte aus der immer größer werdenden Lücke ein schwarzes Katzenköpfchen, halb neugierig, halb ängstlich, hervor. Rasch folgte ein schwarzes Körperchen mit einem weißen Fleck auf der Brust und im Nu hatte sich das winzige Kerlchen unter dem Sofa in Sicherheit gebracht.


Als wir ihm aber kleine Wurststückchen vor die Nase hielten und es sich auch an einem Schälchen Milch gelabt hatte, verlor es seine Scheu und wanderte von einem Kinderarm in den anderen. Ich aber war äußerst besorgt. Wie würde meine Katze, die selbst in aller nächster Zeit Nachwuchs erwartete, den kleinen Eindringling empfangen, der doch bis zum nächsten Morgen, dem Abreisetermin Obmann Vogels, in meiner Wohnung bleiben mußte?


Doch Ruth, eines der Mädchen, wußte Rat:

„Ich nehme das Kätzchen über Nacht zu mir und bringe es morgen früh wieder her.“ Nachdem sie unsere Bedenken, was man wohl bei ihr zu Hause über den unerwarteten Pflegling sagen würde, zerstreut hatte, gingen wir beruhigt an die Vollendung unserer Aufgabe und Tante Anna kehrte befriedigt nach Hause zurück.


Abends richteten wir eine große Schachtel zum Katzentransport her. In den Deckel wurden Luftlöcher gebohrt, der Boden mit einem Plastiktuch bedeckt, darauf kam eine dicke Lage Sägespäne und schließlich ein weicher Stoffrest. Unser Kätzchen sollte es während der weiten Reise gemütlich haben.


Am nächsten Morgen erschien Ruth rechtzeitig mit ihrem Schützling, den wir mit einem

kräftigen Frühstück stärkten. Das Mädchen wollte aber nichts davon wissen, als wir den kleinen Kater gleich beim Abmarsch in die Schachtel stecken wollten.

„Der kleine Kerl muß während der sechsstündigen Eisenbahnfahrt nach Wien und der zweistündigen Autoreise nach Hochegg ohnehin lange genug in seinem finsteren Gefängnis schmachten. Ich begleite Sie zur Haltestelle.“


Nachdem wir Direktor Vogel mit einem kleinen Fläschchen Milch und einem „Einspänner“ ausgestattet hatten, wanderten wir zum Schiff, das die Reisenden ans andere Ufer des Hallstätter Sees zur Eisenbahnhaltestelle bringen sollte. Ruth trug ihren Liebling auf dem Arm, Melitta folgte mit der Schachtel. Als wir bei der Anlegestelle des Motorbootes anlangten, entschloß sich Ruth, Herrn Vogel zum Eisenbahnwaggon zu begleiten, damit das Katerchen noch etwas länger Luft und Licht genießen könne. Sie reichte das Tierchen seinem künftigen Beschützer durch das Waggonfenster hinein.


Nach wenigen Tagen erhielt ich folgenden Bericht unseres Obmanns:

„Unser Kater ist sehr lieb und hat die Reise nach Hochegg sehr fein überstanden. In Attnang-Puchheim haben wir ihn zum erstenmal gefüttert, dann schlief er wieder längere Zeit. Murli, so heißt unser schwarzer Liebling, fühlt sich in Hochegg wohl und wird, wie kann es auch anders sein, sehr verwöhnt. Er ist reizend und der Freund aller. Jetzt klettert er schon die Bäume hinauf und schläft abwechselnd in allen Betten des Hauses.“


Da waren wir alle, besonders auch Tante Anna über das Schicksal Murlis beruhigt. Wir sprachen noch lange davon, wie Obmann Vogel, den so viele Sorgen für das Altersheim drücken, doch daran denkt, den alten Leuten durch ein quicklebendiges Tierchen Freude ins Haus zu bringen.


Murli, der liebe kleine Kater aus Hallstatt, hat sich rasch zum Liebling der Bewohner der ,,Waldpension“ gemacht. Sein jugendliches Temperament läßt die alten Blinden vergessen, daß sie sich in einem Altersheim befinden. Murli ist in jedem Zimmer ein willkommener Gast und schläft auch einmal da und einmal dort. Wieviel Freude kann doch ein Tier schenken und wie sehr kann es die Menschen für viele Enttäuschungen entschädigen.

Melitta Adler



Auch Maria Mistelberger hat sich für die Hilfsgemeinschaft engagiert und hat auch Gedichte geschrieben.

Eine von uns

Von Melitta Adler.


Hallstatt ist der südlichste Vorposten unserer Hilfsgemeinschaft in Oberösterreich. Zwei Kolleginnen leben in diesem durch die Schönheit seiner Lage und die vorgeschichtlichen Funde berühmten Ort. Eine von ihnen wollen wir heute als Gratulanten besuchen, denn Marie Mistelberger feiert am 18. Juni 1963 ihren 80. Geburtstag. Wenn wir die Seestraße entlanggehen, sind wir bald bei dem freundlichen Haus Nr. 170 angelangt.



Marie Mistelberger, die Tochter eines Bergmannes (Salzbergwerk), wuchs im Kreise ihrer drei Geschwister in recht kärglichen Verhältnissen auf, aber wie sie lächelnd sagte, dürfte damals die Zufriedenheit denselben Wert gehabt haben, wie man ihn heute den Vitaminen zuschreibt.


Seit ihrem 15. Jahr mußte sich Marie ihr Brot selbst verdienen. Ihre letzte Stellung bekleidete sie durch fast 20 Jahre bei zwei alten, wohlhabenden Damen in Wien, mit denen sie interessante Reisen unternahm. Als ihre Dienstgeberinnen durch die Inflation nach dem ersten Weltkrieg ihr Vermögen verloren, blieb sie durch vier Jahre um ein monatliches Taschengeld von zwei Schilling bei ihnen, um nun auch die schlechten Zeiten mit ihnen zu teilen. So war es natürlich, dass Marie nach dem Tod der beiden, Möbel und einige Wertpapiere erbte, die seit damals freilich noch einer zweiten Entwertung zum Opfer fielen.


Unser Geburtstagskind mietete — schweren Herzens von Wien Abschied nehmend — in Hallstatt eine Wohnung, die sie mit den geerbten Sachen ausstattete. Durch Vermieten und Kochen für etliche Schüler der Holzfachschule verdiente sie nun recht und schlecht ihren Lebensunterhalt, bis sie, durch ,,grünen Star“ und dessen erfolglose Operation immer mehr ihres Augenlichtes beraubt, die Hände in den Schoß legen musste.


Wie glücklich ist sie jetzt, dass sie dank der sozialen Errungenschaften für alte und blinde Menschen einen sorgenfreien Lebensabend verbringen kann. Seit sie der Hilfsgemeinschaft angehört, nimmt sie regen Anteil an den Geschicken unseres Vereines und freut sich ungemein, wenn sie Funktionäre unserer Vereinigung (Direktor Vogel und Frau Frank-Klinka) in ihrem Heim aufsuchen.


Frau Mistelberger sagt selbst:

„Es ist doch jeden Tag ein frohes, sorgloses Erwachen — und ich möchte jedem die Hand drücken, der den Kampf für die alten, abgerackerten und blinden Menschen geführt hat. Meine Hände ruhen jetzt, weil ich einfach nicht mehr kann, aber meine Schwägerin und eine liebe Verwandte unterstützen mich im Haushalt.“


Dass Frau Marie trotz ihres harten Schicksals ihren Humor und ihre gute Laune nicht verloren hat, beweisen etliche Gelegenheitsgedichte, die sie immer wieder verfasst. So besang sie z.B. den 80. Geburtstag einer Mieterin, die sich aus dem bombengefährdeten Wien geflüchtet hatte, mit folgenden Versen:



Der 80. Geburtstag

Ins Branntweinerhaus, in der Silvesternacht

hat der Storch ein klein’s Mäderl gebracht.

Geladen waren so manche Gäste,

die Hausfrau sorgte noch fürs Beste.


Indessen drang in die fröhliche Runde

von der kleinen Erdenbürgerin die Kunde.

Marianderl liegt in den Windeln so rosig und weich,

als erstes kriegt sie Champagner gleich.


Von dem ist sie so energisch geblieben,

hat sich niemals dem Eh’stand verschrieben,

hat lieber die goldene Freiheit gewählt,

die ist ja doch’s Schönste auf der Welt.


Und nun, ihr guten Leute ,

feiert sie den 80. Geburtstag heute

und ihre drei Lieblingsnichten

wollten ihr einen besonderen Festtag richten.


Leider sind die Zeiten so schlecht,

daß man nicht tun kann, wie man gern möcht.

Wir alle können aus ganzem Herzen flehn

um stete Gesundheit und Wohlergehn.


Wir danken für alles, was sie uns Liebes tat,

denn Tante Marianne weiß stets guten Rat.

Sie möge noch viele Jahre leben

und all die guten Sachen daneben!


Sie kann nun auf ihren Lorbeern ruhn,

denn mit Geschäften hat sie nichts mehr zu tun.

In Wien, bei den Angriffen verlor sie den Mut

und flüchtete ins Salzkammergut.


Im Hallstätter Damenstift lebt sie nun

und kann nach Kräften Gutes tun.

Zum Schlüsse bringen wir nochdem Geburtstagskinde ein dreifaches Hoch!


So wie unsere Jubilarin damals ihrer Hausgenossin die innigsten Wünsche zu deren Festtag darbrachte, so wollen auch wir unserer lieben Kollegin aufs herzlichste gratulieren! Möge sie noch manches Jahr bei voller Gesundheit und heiterer Zufriedenheit genießen! Das wünschen ihr die Freunde von der Hilfsgemeinschaft.



DIE STRICKERIN


Willst du Strümpfe, flink und schnell,

geh zur Kaltner und bestell.

Sie ist die Strickerin vom Ort,

o die liefert dir sofort.


Sie ist zum Stricken stets bereit,

nur wird ihr zu kurz die Zeit.

Aber könnt sie mit dem Munderl stricken,

wäre das nicht zum Entzücken ?


Liefern könnte sie so prompt,

daß man's gar nicht fassen konnt

Entschuldigt wird dies Hindernis

durch des Halses Schildendrüs.


Und da sie nun befreit von diesem Fehler,

geht gewiß das Stricken etwas schneller.

Es war gewiß nicht ihre Schuld,

nur uns fehlte die Geduld.

MARIA MISTELBERGER


Die 3. Veranstaltung und wahrscheinlich der letzte Text von Frau Adler.

Die Hilfsgemeinschaft in Hallstatt


Es war ein kühler, nebliger Morgen, an dem wir, eine sechsköpfige Reisegesellschaft, am Wiener Westbahnhof den Zug bestiegen, um nach Hallstatt in Oberösterreich zu fahren.

Wir waren mit Photoapparat und Tonbandgerät ausgerüstet, denn der 4. Werbeabend der Hilfsgemeinschaft der später Erblindeten Österreichs, der das Ziel unserer kleinen Expedition war, sollte in Ton und Bild festgehalten werden.

Nach angenehmer, gemütlicher Fahrt erlebten wir in Hallstatt einen herzlichen Empfang. Seit unserem ersten Werbeabend im Jahre 1958, der wie alle seine Nachfolger auf Initiative und unter größter persönlicher Opferbereitschaft von unserem Hallstätter Mitglied, der erblindeten ehemaligen Hauptschullehrerin Frau Melitta Adler, durchgeführt wurde, verbindet uns ein enges Band guter Freundschaft mit der Hallstätter Bevölkerung. Das zeigte sich so deutlich, als der von der Konsumgenossenschaft kostenlos zur Verfügung gestellte Saal lange vor Beginn der Veranstaltung voll besetzt war.

Es war ein auf sehr hohem kulturellem Niveau stehendes Programm vorbereitet worden, zu dem eine Reihe örtlich bekannter Künstler interessante und hochstehende Beiträge gaben.



Zu nennen sind hier Susanne Schön am Klavier, Karl Kirchschläger an der Geige, Rezitationen von Karin Viertbauer und Rudolf Egger, die Mitwirkung des Frauenchors und des Männergesangvereins, die Solisten Mitzi Edlinger und Traudl Gamsjäger.



Einleitend begrüßte Herr Alfred Sohm als Ansager des Abends die aus Wien gekommenen Gäste sowie Herrn Bürgermeister Putz.



Nach einem Männerchor ergriff Bürgermeister Hans Putz das Wort, dem wir folgendes entnehmen:

,,Ich betrachte es als meine Aufgabe, im Namen der Zuhörer den Veranstaltern zu danken für diesen schönen Abend, den wir erleben werden. Wir freuen uns ja jedes Jahr auf diese Veranstaltung, weil sie zugleich — man kann es begreifen, wie man will — entweder Ausklang des Sommers ist oder der Beginn des Winters, der Ruhe, die in unseren Ort einzieht. Diese Abende sind im besten Sinne des Wortes eine Bereicherung unseres kulturellen Lebens in Hallstatt.


Die Spenden, die heute gesammelt werden, fließen der Hilfsgemeinschaft der später Erblindeten Österreichs zu, um ihr Fürsorgewesen weiter auszubauen oder mehr Blinde betreuen zu können. Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass es letzten Endes nicht allein die Funktion dieses Vereines ist, die Fürsorgetätigkeit auszubauen. Die Bestrebungen müssen in erster Linie darauf gerichtet sein, im Einvernehmen mit dem Ministerium für soziale Verwaltung eine Umschulungsaktion zu gestalten, damit den blinden Menschen, die von Geburt an oder durch Kriegseinwirkung oder durch andere Gesundheitsstörungen das Augenlicht verloren haben, ein Arbeitsplatz nach ihren Bedürfnissen zur Verfügung gestellt werden kann.

Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass diese Menschen unter uns und mit uns leben, dass sie ein Bestandteil der Gesellschaft sind, ein Bestandteil unseres Staates, und als Gesamtheit sind wir verpflichtet, für diese Menschen in diesem Sinne zu sorgen, dass sie ihren Arbeitsplatz finden. Sie dürfen nicht vergessen, die Blinden wollen kein Almosen, sie wollen als tätige Menschen in der Gesellschaft leben. Sie müssen sich die Freude vorstellen, wenn ein Mensch, trotz seiner Gebrechen, den Arbeitsplatz, den man ihm zur Verfügung stellt, voll ausfüllt und wenn er nach einer Reihe von Jahren in den wohlverdienten Genuss der Pension oder der Rente kommt.

Und so geht meine Bitte da hinaus, dass Sie die Bestrebungen der Hilfsgemeinschaft nach Möglichkeit unterstützen, ideell und in der Praxis, und dass wir immer, wenn wir körperbehinderte Menschen sehen, daran denken, dass sie ein Teil unserer Gesellschaft sind.“


Kollege Johann Thiem sprach einen für diesen Abend selbst verfassten Prolog:

„Hallstätter Freunde! Seid gar froh begrüßt !

Habt uns als Eure Gäste aufgenommen; weil Freundschaft hier von Herz zu Herzen fließt, sind doppelt gerne nach Hallstatt wir gekommen.

So manche Hilfe ward uns hier gegeben, verständnisvoll die Helferhand gereicht.

Viel Unterstützung wurde unserem Streben von Euch, die es doch selber auch nicht leicht.

Doch habt ihr noch das helle Licht der Augen, und unermesslich ist des Lichtes Wert.

Die unseren aber längst schon nichts mehr taugen, was uns den Lebenskampf noch mehrt, erschwert.

Glaubt nicht, dass Blindheit Unglück sei auf Erden, raubt sie dem Menschen auch das gold’ne Licht, doch kann sie wohl zum großen Unglück werden, leiht Sehende Ihr Eure Hilfe nicht!

Hilflos sind nicht, wie mancher denkt, die Blinden, sie stehen fest im Leben, kampfbereit; nur ist es für sie schwer, den Weg zu finden, steh’n ihnen nicht die Sehenden zur Seit’.

Und was sie heute selbst für sich erringen, kann morgen schon für Euch, ihr Freunde, sein, denn jederzeit kann Euch ein Schicksal zwingen, in ewiges Dunkel und in unsere Reih’n.

So laßt uns denn gemeinsam vorwärts streben, es mangle uns an treuen Helfern nicht, möcht’ uns die Freundschaft Mut und Stärke geben, entzünden hell in uns das innere Licht!“


Nach einem musikalischen Intermezzo erhielt der Vorsitzende der Hilfsgemeinschaft der später Erblindeten Österreichs, Dir, Robert Vogel, das Wort zu seinem unter dem Titel ,,Trotz Blindheit legen wir die Hände nicht in den Schoß“ angekündigten Vortrag, dem folgende Gedanken entnommen sind.


„Ich komme besonders gerne nach Hallstatt, weil ich hier so viele gute Freunde weiß. Seit vielen Jahren haben wir ein Band der Freundschaft, des guten Willens zwischen der Hilfsgemeinschaft der später Erblindeten Österreichs und unseren oberösterreichischen Freunden im Salzkammergut gelegt. Jahrein, jahraus dürfen wir uns Ihrer Hilfe erfreuen und dürfen Sie auch durch unsere Monatsschrift „Unser Schaffen“ auf dem Laufenden halten über unsere Arbeit zum Wohle der Blinden.


Leider müssen wir feststellen, dass die Erblindungen eher zu- als abnehmen. Trotz aller Bemühungen der Medizin und der Wissenschaft kommen immer mehr Blinde zu uns und erwächst uns die große Aufgabe, für diese Menschen, die plötzlich aus dem gewohnten Leben hinausgeschleudert wurden, zu sorgen und ihnen zu helfen, damit sie wieder den Anschluss an das normale Leben finden.

Frühere Ursachen, die zur Erblindung geführt haben, sind wohl weggefallen, konnten bekämpft werden, aber neue Ursachen sind hinzugetreten. Mit dazu gehören der grüne Star, der graue Star, die Unfallserblindungen, Einflüsse der Chemie, der Industrie, Arbeitsunfälle und viele andere.

Vor allem das zunehmende Alter lässt auch die Alterserblindungen zunehmen, und heute gibt es sehr viele alte Menschen, die, nicht nur, dass sie die Bürde des Alters tragen müssen, nun auch auf das Sehen zu verzichten gezwungen sind.

Was heißt Blindheit, und was heißt blind sein? Blindheit ist ein Zustand und keine Krankheit. Denn wenn der Mensch auch blind ist, so bleibt ihm sein geistiges Vermögen erhalten, bleibt ihm die Fähigkeit, eine berufliche Arbeit zu verrichten und der Gesellschaft nützlich zu sein. Blindheit ist ein Zustand, mit dem man sich abfinden kann oder nicht. Um so leichter wird man sich damit abfinden können, wenn die Gesellschaft die Voraussetzungen dafür schafft.

Vergleicht man die heutige Situation der Blinden mit jener in früheren Jahrzehnten, dann kann man mit Freude feststellen, dass zugunsten der Blinden sehr vieles geschaffen wurde. So wurde in Österreich zur Allgemeinen

Sozialversicherung aller Erblindeten auch der Hilflosenzuschuss eingeführt nach dem ASVG. Es wurden die Landesblindenbeihilfengesetze geschaffen und verschiedene Maßnahmen, die auf jeden Fall geeignet sind, die Lebensbedingungen der erblindeten Menschen zu verbessern.

Der Herr Bürgermeister hat heute ganz richtig ausgeführt, dass das Bestreben eigentlich dahin gehen muss, dass von höchster Stelle für die Blinden viel getan wird, vor allem durch das Bundesministerium für soziale Verwaltung. Die Zivilblinden wünschen sich ein einheitliches Körperbehindertenversorgungsgesetz, in welchem für alle Erblindeten, ohne Rücksicht auf die Ursache, welche zur Erblindung geführt hat, ihre Versorgung gesichert wird.

Die heutigen technischen Errungenschaften kommen auch dem Blinden zugute. Ein gutes Mittel dazu ist der Rundfunk und das Tonbandgerät. Damit haben wir die Möglichkeit, schöne Sendungen zu hören und uns an der Musik zu erfreuen. Tonbandgeräte geben uns die Möglichkeit, auf Band gesprochene Bücher auszuleihen und dadurch an der Weltliteratur teilzunehmen. So abgerundet kommen wir zu der Feststellung, dass die Blindheit kein Grund ist, verzweifeln zu müssen, ob es nun in jüngeren oder älteren Jahren ist. Sicher: es ist schwer, wenn man mitten in der Berufsausübung plötzlich von der Erblindung erfasst, hinausgeschleudert wird in ein neues Leben und sich erst wieder anpassen muss. Aber dafür haben wir schließlich Einrichtungen geschaffen, wie die Hilfsgemeinschaft der später Erblindeten Österreichs, die sich bemüht, gerade den Neuerblindeten wieder den Weg ins normale Leben zu ebnen.

Wir haben Kurse, in denen man die Blindenschrift erlernen kann. Das ist eine wunderbare Schrift, die auf sechs Punkten aufgebaut ist und von dem Franzosen, dem selbst blinden Louis Braille im vergangenen Jahrhundert erdacht wurde. Mittels dieser Schrift können Blinde auch lesen, studieren, sie können lernen und sich weiterbilden.

Wir von der Hilfsgemeinschaft der später Erblindeten Österreichs sorgen für entsprechende Betätigung unserer Mitglieder. Wir veranstalten gesellschaftliche Unterhaltungsabende, an denen es gemütlich und lustig zugeht. Es sind Abende, die auf hohem kulturellem Niveau stehen. Wir laden unsere Mitglieder im Sommer ein, in unser Erholungsheim zu kommen, wo sie im Kreise der Schicksalsgefährten einige Wochen der körperlichen Stärkung und seelischen Entspannung verbringen können.

In unserem Erholungsheim Harmonie ist es immer sehr lustig. Wir singen, lachen, tanzen und scherzen. Wir musizieren, genauso wie unsere sehenden Mitmenschen, und manchmal hat ein Besucher gesagt: „Man würde es gar nicht glauben, wenn man hier herauskommt und diese Menschen sieht, dass sie blind sind. Sie sind so wie wir Sehenden, ja, vielleicht noch etwas optimistischer als wir.“


Wenn wir Blinden so etwas hören, dann sind wir schon ein bisserl stolz, weil wir uns sagen: Trotz eigener Behinderung durch Blindheit sind wir imstande, unseren sehenden Mitmenschen auch etwas zu geben. Darüber freuen wir uns, das ist für uns eine innere Genugtuung und lässt uns auch jede Hilfe leichter annehmen. Wir erblicken in der Hilfe unserer sehenden Mitmenschen kein Almosen, schon deswegen nicht, weil alles, was wir mit dem, was zur Verfügung gestellt wird, schaffen, letzten Endes der Gemeinschaft aller zugute kommt. Wir alle, die wir das Unglück gehabt haben, plötzlich zu erblinden, haben nicht damit gerechnet. Wir haben gemeint, wir würden bis ans Ende unseres Lebens sehenden Auges durch die Welt gehen können. Es ist anders gekommen, und wir mussten uns damit abfinden. Aber wir sagen uns: die Einrichtungen, die wir heute schaffen, können schon morgen jemandem zugute kommen, der heute noch das Glück hat, sich des Sehens erfreuen zu dürfen.

Wir wollen damit unseren sehenden Mitmenschen sagen, dass sie sich ihres kostbaren Schatzes bewusst sein sollten, der ihnen mit dem Sehen gegeben ist.

Es gibt viele blinde Menschen, die wegen ihres Alters und der hinzugetretenen Behinderung es besonders schwer haben. Wir haben für diese alten Blinden ein schönes Heim in Hochegg geschaffen. Diese Menschen liegen uns ganz besonders am Herzen. Denn ein jüngerer Blinder kann sich doch noch irgendwie in der Welt durchsetzen, aber den Alten fällt es nicht mehr so leicht.

In Hochegg haben wir vor drei Jahren anlässlich des 25jährigen Bestehens der Hilfsgemeinschaft der später Erblindeten Österreichs das erste österreichische Blindenaltersheim ganz aus eigener Kraft geschaffen. Ohne Hilfe der öffentlichen Stellen, nur unterstützt durch die gutherzige österreichische Bevölkerung. Es ist ein wunderbares Heim, das ganz auf die Bedürfnisse blinder Menschen eingerichtet ist, in dem jetzt bereits 50 alte, blinde Menschen den nach einem meist arbeitsreichen Leben wohlverdienten, sorgenfreien Feierabend verbringen dürfen.

Sie, liebe Freunde, dürfen für sich das Recht in Anspruch nehmen, auch dazu beigetragen zu haben. Dafür möchte ich Ihnen namens der Hilfsgemeinschaft der später Erblindeten Österreichs recht herzlich danken. Dieses erste österreichische Blindenaltersheim wird sich bald als zu klein erweisen, und darum haben wir beschlossen, in Unterdambach bei Neulengbach unser schönes Ferienheim Harmonie auszubauen. Ein Neubau ist dort im Begriffe, zu entstehen, mit 36 Einzelzimmern, einem schönen Speisesaal, einer modernen Küche und einer Zentralheizanlage. Wir glauben, dass wir im Jahre 1965, wenn alles gut geht, dieses Haus anlässlich des 30jährigen Jubiläums der Hilfsgemeinschaft der später Erblindeten Österreichs eröffnen und den für sie bestimmten Menschen zur Verfügung stellen können.

Ich kann Ihnen nur empfehlen, meine Damen und Herren, lesen Sie die Monatsschrift ,Unser Schaffen“. Sie wird Sie immer darüber unterrichten, was wir tun, und wir werden uns immer bemühen, uns Ihres geschenkten Vertrauens würdig zu erweisen.

Wir tun alles, was in unserer bescheidenen Kraft steht, um die Lebensbedingungen der erblindeten Menschen zu verbessern, ihr Leben leichter, schöner und freudvoller zu gestalten. Wir sind leider nicht in der Lage, den erblindeten Menschen das Augenlicht wieder zurückzugeben. Das können wir nicht, so gerne wir es möchten! Aber wir sind fest entschlossen, alles zu tun, um ihnen zu helfen, über die Blindheit hinwegzukommen. Es ist heute so, dass sich niemand mehr vor Erblindung fürchten muss.


So haben wir ein harmonisches Einvernehmen geschaffen zwischen Blinden und Sehenden. Die Hilfsgemeinschaft der später Erblindeten erfreut sich größten Ansehens bei der gesamten Bevölkerung, weil sie gezeigt hat, dass sie es verdient, unterstützt und gefördert zu werden. Unser Erholungsheim heißt Harmonie, und unsere Tätigkeit ist auf Harmonie aufgebaut. Harmonie ist die allerschönste Voraussetzung für ein fruchtbares Zusammenleben innerhalb der Gesellschaft. Wir haben die Aufgabe und die Pflicht, einander zu helfen, wo immer wir können.“



Ein von Johann Thiem vorgetragenes Gedicht der blinden Schriftstellerin Yvonne Blauensteiner wurde — wie alle anderen Vorträge — mit großem Beifall aufgenommen. Mit flotten, vom Hallstätter Schrammelquartett vorgetragenen Volksweisen fand der 4. Werbeabend der Hilfsgemeinschaft einen schönen, nachhaltigen Ausklang.


Herr Kirchschläger erwies sich nicht nur als ein Meister des Fidelbogens, sondern er führt auch ausgezeichnet den Pinsel, was die sehr geschmackvoll ausgeführten Einladungsplakate bewiesen. Allen, die zum guten Gelingen der Veranstaltung beigetragen haben, vor allem aber unserer lieben Kollegin Melitta Adler, von den Hallstättern auch,,Tante Metta“ genannt, sei an dieser Stelle herzlich gedankt.






34 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Bình luận


bottom of page