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Minna Kautskys Hallstatt-Texte.

Autorenbild: Gerhard ZaunerGerhard Zauner

Aktualisiert: 27. Aug. 2022







Minna Kautsky hat den Roman

"Die Alten und die Neuen",

"Die Brandstatt"

und die Reportage

"Staatsarbeiter und Hausindustrie im Salzkammergut"

geschrieben.


Diese Texte über Hallstatt sind in den 1880ern entstanden.



Der Naturalismus war eine Europäische literarische Strömung. Er wird auch als Beginn der literarischen Moderne bezeichnet.


Elsa und ihr Vater, ein englischer Wissenschaftler leben zurückgezogen in der Engländer-Villa am Hallstätter See. Elsa wächst ohne Religion auf. Arnold, der ledige Sohn eines Adeligen liebt Elsa. Die Lebensumstände und Armut der Hallstätter/innen wird dargestellt. Eine politische Brochure ist im Umlauf.



Alles spitzt sich zu, "Ein System kämpft gegen uns und wir gegen ein System." Verliebte Jesuiten, Hausdurchsuchungen wegen Bücher und verbotene Volksversammlungen. Das Ende, die Lahn wird durch einen Felssturz zerstört. Das aufgestaute Wasser vernichtet alles.


Der Roman ist 1885 erschienen und 1884 war ein Murenabgang der sich 1913 wiederholte.

Über dieses Unglück schrieb auch Ida Barber in ihrem Roman "Versöhnt".




In der Novelette "Die Brandstatt" (1889) wird das Leben einer ärmeren Hallstätter Familie geschildert und der Beginn des Tourismus.










Er wurde 1885 gegründet, da der Presseclub Concordia keine Frauen aufnahm. Er diente auch zur Kranken- und Pensionsversicherung.​




Die Familie Kautsky hatte ein Villa in St. Gilgen. Ihr Mann, Johann Kautsky war Theatermaler an der Wiener Hofoper, vielleicht gab es daher eine Verbindung zu Marie Wilt.






In Hallstatt lernte sie den Konrad Deubler und Josef Viertbauer kennen. Es entstand eine Freundschaft, die sie immer wieder nach Hallstatt brachte.

Josef Viertbauer wohnte in dem Haus bei der Waldbachbrücke am See, gegenüber vom Kino. Viertbauer und Deubler inspirierten Kautsky vermutlich zu den Personen Georg und Arnold in dem Roman.


Obwohl in "Die Alten und die Neuen" nichts vom Konsumverein erwähnt wird, nütze ich die Gelegenheit und bringe etwas über die Gründung vom Konsumverein Hallstatt.









Anzeige des Konsumvereines in der Presse vom 15. September 1868


Die nächsten Zeilen sind verkürzt aus dem Buch, Der Beginn, von Gerhart Baron.



Der Arbeiterkonsumverein mietete drei Stuben gegenüber der evangelischen Kirche und bereitete die Eröffnung des Geschäftes vor.

Für Vorstand und Mitglieder war es ein Ereignis, als die ersten bestellten Waren auf Salzzillen ankamen, von Traunrössern traunaufwärts gezogen; die Salzkammergutbahn war erst in Vorbereitung, alles musste zu Schiff herangebracht werden. Der Konsumverein eröffnete das erste Konsumgeschäft, vier Monate nach Gründung des Konsumvereins, am 4. Oktober 1868, gegenüber der evangelischen Kirche. Das Geschäft wurde in aller Stille eröffnet.

1871 wurde Josef Viertbauer Obmann des Konsumvereines.

1872 wurde das Brandmüllerhaus, das Haus wo das Konsumgeschäft drinnen war angekauft.

1879 war in Hallstatt die Klacklmühle abgebrannt - 1880 kaufte der Konsumverein die Brandstatt und richtete wieder eine Mühle ein, das heutige Gasthaus Mühle.

1885 kauften sie noch die Pension Hallberg, eine Gastwirtschaft und eine Bäckerei wurde gegründet.

Fünundzwanzig Jahre nach seiner Gründung besaß also der Arbeiterkonsumverein Hallstatt fünf Häuser: zwei Geschäfte (eins in Obertraun), eine Mühle, ein Müllerwohnhaus und eine Gastwirtschaft mit leistungsfähiger Bäckerei. Seit 1887 ist das Gasthaus die Heimstatt des Arbeiterbildungsvereines und anderer befreundeter Vereine; nach dem Abbruch der Schmiede pachtete der Konsumverein den Platz vor dem Gasthaus und legte einen Gastgarten an.



Minnas Sohn, Karl Kautsky hat das Folgende in seinem Buch, "Erinnerungen und Erörterungen", über die Hallstätter Arbeiterbewegung geschrieben:


Auf dem Foto ist Josef Viertbauer.


Umso reicheres Arbeiterleben fand ich im Jahr darauf 1878 in Hallstatt. Bergwerke liegen zumeist in schwer zugänglichen Gegenden. Fern von schiffbaren Flüssen und sonstigen Verkehrsstrassen. Das schloss in neuerer Zeit die Bergarbeiter oft ab von der übrigen Arbeiterbewegung, verzögerte ihren Anschluss an diese. Vor dem aber erleichterte diese Abgelegenheit der Bergwerksgegenden die Erhaltung der Freiheit und Unabhängigkeit ihrer Bewohner, und die Art ihrer Beschäftigung verlieh den Bergarbeitern Kühnheit und technisches Geschick. Das machte im Zeitalter der Reformation die Bergarbeiter zu den streitbarsten Anhängern des Protestantismus. Das galt auch für den Salzbergbau im Salzkammergut. Die Arbeiter der Bergwerke und Sudstätten im Tal der Traun von der Quelle bis zum Traunsee, von Aussee, Hallstatt, Goisern, Ischl bis Ebensee wussten in der Zeit der Gegenreformation ihren Protestantismus zu wahren, als mit Blut und Eisen die ganze Umgebung katholisch (gemacht) wurde. Auch weiterhin wussten sie ihren hellen und kritischen Sinn zu bewahren. Sie sind protestantisch bis auf den heutigen Tag. Trotz dem modernen Staatswesen, das aus den Salzbergwerken staatliche Monopole machte und ihre Arbeiter einer strengen disziplinierten staatlichen Bürokratie unterwarf. Im Jahre 1848 wurden jene Gegenden freiheitlicher, namentlich antiklerikaler Bewegung, und seit 1869 fand dann wieder die Lehre des Sozialismus schnell Eingang bei den Arbeitern der Berg- und Sudwerke des Salzkammerguts.

Die dem politischen und dem Monopolcharakter der Betriebe am besten angepasste Form der Arbeiterorganisation war dort die des Konsumvereins. Der Hallstätter Konsumverein, den ich näher kennenlernte, war vorbildlich organisiert und geleitet. Er vermittelte den Hallstättern den Erwerb preiswerter, solider Erzeugnisse der Industrie, aber auch von Nahrungsmitteln, die in der felsigen, unfruchtbaren Gegend nicht gediehen. Um 1878 konnten auch Nichtmitglieder im Konsumverein kaufen. Daher profitierte die ganze Bevölkerung von Hallstatt von ihm, samt Sommergästen und Passanten. ich erinnere das eines Tages ein Trupp Hofschauspieler nach Hallstatt kam, der am nahen Grundlsee die Ferien verbrachte. Wie sooft am Fusse des Dachsteins kam über die Ausflügler plötzlich ein ausgiebiger Regen. Da flüchtete einer der Schauspieler, Ernst Hartmann, in den Konsumverein und erstand dort einen Regenschirm. Triumphierend wies er seinen Einkauf vor, rühmte die Billigkeit und Güte des Schirms.

Aber nicht nur materielle Güter vermittelte der Verein der Bevölkerung. Indirekt bemühte sich seine Leitung, ihr höheres Wissen, neuere Ideen zugänglich zu machen. Der Obmann des Vereines war der Bergarbeiter J. (wenn ich nicht irre Josef) Viertbauer. Ebenso klug und wissensdurstig wie mannhaft und kühn, wusste er sich trotz aller Schikanen und Massregelungen durch tückische Vorgesetzte zu behaupten. Er hielt und verbreitete das Parteiorgan (1878 „Der Sozialist“). So bekam ich sofort seine Adresse und trat in Verbindung mit ihm. Wir fanden Gefallen aneinander, jeder hatte dem andern viel zu geben. So schlossen wir bald herzlichste Freundschaft. Und diese erstreckte sich nicht bloss auf mich. Ich kam nicht wieder zu längerem Aufenthalt nach Hallstatt, meine Mutter aber verlebte dort noch manchen späteren Sommer. Sie setzte unsern Freundschaftsbund fort und blieb mit Viertbauer auch in dauernder Korrespondenz – ich habe Briefe von ihm noch aus dem Jahre 1887 vorgefunden. Meine Mutter hat die Zustände der Salzarbeiter mit seiner Hilfe eingehend studiert und in mancher ihrer Arbeiten zur Darstellung gebracht. Sie lernte auch sehr gut noch einen andern einsamen Kämpfer jener Gegenden kennen, die bis 1878 vom Weltverkehr ganz abgeschlossen waren. Gerade in diesem Jahr, in dem wir zum ersten Mal hinkamen, wurde die Eisenbahn dort eröffnet. Dieser andere Kämpfer war der freidenkerische Bauernphilosoph Konrad Deubler in Goisern, eine sehr interessante Persönlichkeit. Ich selbst kam nur einmal flüchtig mit ihm zusammen und kann um so eher davon absehen, hier ausführlicher von ihm zu reden, als der Züricher Professor Dodel ihm eine ausführliche Biographie gewidmet hat.



Eine Postkarte an Minna Kautsky von Luise Kautsky und Rosa Luxemburg 1905



Marx Engels On Art and Literature; Transcribed: by Andy Blunden.

London, November 26, 1885

Josef Viertbauer starb 26. März 1900.


​Hier noch ein Nachruf an Minna Kautsky aus der neuen Zeit:


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