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Teufelsfedersamen

Autorenbild: Gerhard ZaunerGerhard Zauner

Aktualisiert: 23. Juni 2020



Teufelsfedersamen.

„Ja," sagte der Friedl Zenz, als ich ihn einmal um Johanni herum in seiner Steinschleifmühle im Hallstätter Echerntal besuchte.

"Jetzt is mir grad voring (vorher) a Sage von der Teufelsfedern (Farrenkraut) eing'fallen. Und weil i a weng derweil (Zeit) hab, mocht' i Ihnen's verzählen. Sollten Sie's schon kennen, dann schrein's S' halt. I selber hab' die G'schicht' amal in ein' von meine meeralten Büchlein g'lesen. Wann's net wahr is, kummt die Lug auf'n Büchelschreiber, auf mi net."

Er zündete sich sein Pfeifferl an.


"Alsdann, ich heb' an. Die Johannismitternacht ist überhaupt bedeutsam. Aber ganz b'sonders is' sie das für die Teufelsfedern.

Zwischen zwölfe und eins, heißt's, blüht sie, reift, und Schlag eins fallt der Samen ab. Für g'wöhnlich holt sich den der Teufel. Herentgegen, wann der Mensch weiß wie er ihn kriegen kann - net den Teufel, sondern den Samen..."

„Nachher kann man sich unsichtbar machen, so man die Körner in die Schuhe tut, warf ich absichtlich laut ein. Friedl Zenz schmunzelte: „Ahan, das hab' i mir denkt, daß Sie Ihnen jetzt melden werden. Zeit lassen wissen S' das a, daß man alle Silber- und Goldschätz', die in der Erden vergraben sind offenliegen siagt, wenn man den Zaubersamen bei sich tragt? Aber zu dritt' oder zu fünft muß man ihn hol'n, und ausg'rechnet mit ein' heiligen Kelch, den man heimlich aus der Kirch'n nimmt, muß man die Körndln auffangen. Ha, da schrei'n Sie net. Also verzähl l weiter.


Sein amal irgendwo zwei Bauern g'wesen und a Mesner. Die drei war'n dicke Freund' — heißt das, d' Freundschaft war dick, sie selber net, denn es is ihnen net gar extra gangen: drum haben s' beschlossen, sie holen sich in der nächsten Johanninachi den g'wissen Samen. Der Mesner hat ,unbeschrien' den Kelch aus der Kirch'n abbog'n, der eine Bauer hat auf ein g'lengsamen Plazl drobern Ort im Wald a große Teufelsfedern ausg'späht und a verborgenes Wegerl dazu, und der zweite Bauer hat g wußt, wie man die ganze Sach' deichselt, um daß kein Fehler mer g'schiacht.


Alsdann "Männer," hat er g'sagt, "wir tuan, wie wir ausg'macht hab'n. Um elfe in der Nacht kummen wir bei der krumpen Feicht'n z'samm'; i steck' die g'weichte Kreid'n ein, mit der i ein' Kreis um das Teufelsg'wachs machen muaß. Vergeßts aber nur das eine beileibe net, von dem Augenblick an, wo wir in den Kreis einitreten, derf'n wir nix mehr reden, net amal mungatzen. Wir knotzen netta vor der Teuselsfeder nieder, hab'n (halten) den Kelch unter und warten, bis sie blüht und samt (Samen tragt). Aber i verwarn' enk no amal, läßts enk net außidacken (hinauslocken) aus dem Kreis, sonst geht's schief! Herentgegen innerhalb den g'weihten Kreidestrich sein wir sicher, wie 's Kindl in der Wiag'n. Also stad sein und stillhaltn, was a von Mitternacht bis eins umerdum g'schiacht. Denn auf das müssen wir g'faßt sein, daß uns der Gottseibeiuns net gutwillig werken läßt. In der oan Stund, in der er ein' Gewalt hat, wird der mit seine Teufeln allerhand Tanz' aufführen. Gleichwohl ziemt mi, uns schreckt er net. Für 's erste sein wir Männer, für 's zweite sein wir alle drei a weng hantig verheirat', da is uns das nix News net, daß alle Teufeln los sein, nu, und 's Maul halten dazu, sein wir a g'wöhnt...."

„Fried! Zenz," unterbrach ich und drohte ihm mit dem Finger, „i wett', das steht net in Ihren meeralten Büchel." Er drehte den Kopf schief: „Meinen S''? Ah, i glaub' ja do? Nu, i werd' nachschaun'n! Aber, daß i weiterred'.


Also, die zwei Bauern und der Mesner sein glücklich zu der Teufelsfedern aufikommen und eini in den geweihten Kreis. Punkt zwölfe — die drei haben die Dorfuhr drunten im Wirtshaus nie so deutlich schlagen g'hört, wie da heroben im nächtlichen Wald. Punkt zwölfe fangt das Teufelsgewächs wirklich zum blühen an. Gleichzeitig macht's ein' Pumperer, als wann's unter der Erden donnern tät, und der Herr Satan in höchsteigener Person steht außerhalb des Kreid'nstrich's, umgeben von seinen neun Teufeln — wie s' alle heißen, weiß i jetzt in der G'schwindigkeit net —, aber der Neid- und der Geldteufel waren sicher dabei. Die neun Gangerln heben jetzt außen am Kreis an umerz'fahr'n wie net g'scheit, spucken und speien Feuer, daß der Wald fast brennt hat, g'hoaßen (verheißen) den drei Männern in ein' Trum 's Braten und 's Siad'n und 's Selchen in der großen Höllenkuchel, wann s' net schleunig habaus rennen, und stochern und fuchteln dabei mit ihre glüheten Ofengabeln miteinander, als wann s' es schon jetzt und jetzt spießen taten. Kreuzseiteneini, dös Teufelsgfraßt spektakelt völlig noch mehr wie unsre Weiber, nur kann man vor denen ausreißen und da muß man hockenbleiben — haben sich die drei Helden denkt, heißt das — verbesserte sich Friedl Zenz — i mein halt, sie haben sich das denkt. Die Red' war natürli net davon. Sie sein ja mäuserlmuckstad vor der Teufelsfedern kniet und haben, Hand auf Hand, den Kelch unterhalten. Das Teufelskraut hat unterdessen blüaht und blüaht in allen Farben. Vielleicht is a nur den drei Männern schon gelb und rot und grean vor den Augen worden. Endlich schlagt die Kirchenuhr drunt im Dorf eins! Selben Augenblick's fallt die Blüah ab, und der Samen kugelt in Kelch, als wann's ihn hageln tät. Wiederum tut's ein' gewaltigen Donnerer unter der Erden und das ganze Teufelsg'schmeiß samt dem Herrn Satan is verschwunden, als wann's nie g'wesen wär. Der Wald is wieder finster und still, kein Lüfterl hat sich g'rührt, kein Blattl hat sich umdraht im Schlaf. Nur der Mond hat a Weng außaguckt aus einer Wolken. Natürlich, der is ja so viel neugierig. Das wissen eh alle Büchelschreiber, d'rum lassen s' ihn gern überall mittun, wo's geheimnisvoll hergeht.

„Nu also," sagen die Männer und wischen sich den Schweiß aus der Stirn. „Gottlob letzt haben wir's s'schafft." Damit sein s' Heim, zua. Der Mesner tragt den Kelch, das laßt er sich net nehmen. Er ist verantwortlich dafür und kann mit dem heiligen Gerät am besten umgehen, sagt er. In Wahrheit hat er den zwei Freunderln nimmer recht traut. Und die zwei Freunderln nehmen — der eine rechts, der andre links — ihren guaten Spezi fest beim Arm: „Damit du net stolpern und nix zötten (verstreuen) tuast," - sagen s'. In Wahrheit haben sie dem Mesner nimmer traut. Es ist ausgemacht worden, drunten in der Sakristei werden sie die zauberreichen Körndln redlich teilen. Natürli, wie werden die drei denn anders als redli teilen. „Aber dem Mesner derfen wir dabei scharf auf die Finger schauen," nehmen sich die Bauern vor. „Der Kerl schielt und siahgt in zwei Säck' z'gleich."

Und der Mesner tentiert bei sich: „I wett', die zwei G'scherten wollen mich übervorteiln. I kenn s'; die sein ja 's Luxeln und Beluxeln vom Viehhandel her g'wöhnt. Aber mir werden s' net z' g'scheit.

Das waren ihre freundschaftlichen Gedanken auf 'm Hoamweg. Denn das is was Uralt's auf der Welt. Wann's um Geld und Gut oder nur um die Aussicht drauf hergeht, wird die dickste Freundschaft gleich hundsmager. Im Dorf unten hat sich nix mehr g'rührt, net amal a Hund hat Laut geben. Wie's in Freithof kommen die drei, segelt der Mond g'rad blankputzt aus die Wolken außa.

„Silber siag i schon allenthalben," tuschelt der Mesner seinen Kameraden zu. Auf amal Jessas, der Schrecken! — steht die Mesnerin mitten vor ihnen auf'n Weg. Rotschopfert is' g'wesen und zaunlatt'ldürr; Haar hat's auf die Zähn' g'habt und a Warz'en auf der Nasen;

und damit i schon all's sag', a klan's Kröpferl auf der rechten Seiten hat's a g'habt. Aber sunst war s' a saubers Weiberl g'wesen. Sie stemmt die Hand' in d' Seiten und fragt: „Was bringt's denn da hoam ?" „Dös geht di nix an," protzen die Bauern auf und halten ihre Tatzen über'n Kelch. „Ah so," schnappt sie z'ruck. „Mein Mann stiehlt auf euer Anstiften ein'n goldenen Kelch aus der Kirch'n und das geht mi nix an? Angenblickli laßts mi schau'n, was drinnen habts oder i schrei, daß alle Lebendigen und Toten da umeinand aufwachen." „Um Christi willen," wispert der Mesner ganz verzagt, denn ihm is jetzt weit grusliger zu Mut, wie oben im Wald, „um Christi willen, Männer, sie hetzt uns das ganze Dorf samt dem Pfarrer und der Köchin auf 'n Hals. I kenn' ihren Stimmstock; gegen den nutzt a keine g'weichte Kreid'n nix und kein g'weichter Kreis. I bitt' enk, gebts nach!

Da tun die zwei Bauern, die selber wissen, was Weiberg'schroa vermag, der Mesnerin den Willen' und zieh'n die Händ' weg. . . .

Hui! blast ihnen net das Unziefer, das boshaftige, in Kelch eine, daß die schön' Körndln in alle Windrichtungen davonfliegn! Himmelkreuzsakra! Husch, duckt sich der Mond unter die Wolken und d' Mesnerin — ja d' Mesnerin, is a verschwnden. Dafür hören die drei ober ihren Köpfen a höllisches G'lachter, und a Schwefelg'ruch kommt awer —

Na, g'horschamer Diener! Die drei haben glaubt, sie dersticken. Jetzt haben sie's freilich g'wußt, wer und woher die vermeintliche Mesnerin war!


Nu ja, damit er sein' Willen durchsetzt, fahrt ja der Satan öfter in ein bös' alt's Weib. Find't er kein's — und das soll vorkommen —, fahrt er sogar in a jung's, heißt's," betonte Friedl Zens. „Ob's stimmt, darf i net sagen. Das oane war halt sicher: der zauberkräftige Samen, um den die drei Helden so viel Müh' und G'fahr bestanden haben, war wirklich und wahrhaftig — beim Teufel. Ob die drei 's nächste Jahr wieder ausg'ruckt sein, steht leider net g'schrieben. Die Büchelschreiber hör'n ja so viel selten an der richtigen Stell' auf. . . ."

Friedl Zenz klopfte sein Pfeiferl aus. „So seh'n S'; die G'schicht' is gar und der Tabak a. Aber für oan Fall, daß Sie einen Gusto kriegt hab'n und Sie woll'n jetzt zu Johanni ebenfalls 's Glück probieren, i tu schon mit. Wann Sie ein' g'lengsamen Dritten wissen, der in' goldenen Kelch aus der Kirchen schnapft, i tua schon mit. Für a husige (schöne) Teufelsfedern da droben in der Hochau steh' i ein. Nur ob uns zum End' der Teufel net a was blast, für das steh' i net ein. I sag's nur, damit's nachher net heißt: Na hör'n S', Friedl Zenz, Sie hätten einem a besser verwarnen können.''


Damit stand mein alter, eisgrauer Freund mit dein lustigen Schelmengesicht auf, spuckte sich in die Hände und ging weder an seine Arbeit.


Susi Wallner.

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