Eine Sage aus der Hallstatt.
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Vor Alterszeiten, an einem Nachmittag im Winter haben zwölf Burschen Eis geschossen. Es hat sie so gefreut und es war ihnen so kurzweilig, daß ihnen die Zeit nur so verflogen ist. Und sie spielten immer weiter mit einem rechten Eifer.
Die schneebehangenen Berge schauten ihnen dabei zu, schweigsam und ernst, und der See lag so still wie ein Spiegel, — als tät er aufs zufrieren warten.
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Den Burschen aber ist nicht kalt worden, denn sie haben sich ja wacker gerührt. Die alte Kirche stand über dem Ort auf ihrem Felsvorsprung; an ihrer Ostmauer, der Altarseite, war schon das große Bild gemalt, wo der heilige Christoph in Riesengröße das göttliche Kind durch’s Wasser trägt; das Gemälde schaut schon gar lang auf den See hinaus. Unter dem heiligen Christoph vorbei führt der Kirchengang, der kunstreich über den Felsvorsprung hinausgebaut ist. Rechts und links von der Kirche dehnt sich ruhsam
der Friedhof, die Turmuhr rief getreulich
alle Stunden mit vollen Schlägen in den
Markt hinunter, — aber die zwölf
Eisschützen haben’s nicht gehört — So ist
es Abend worden und die Dämmerung ist
gekommen.
Der alte Mesner kam daher, faßte den
Glockenstrang und läutete zum Gebet.
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Die „Paß“ (Kameradschaft) der Zwölfe hat nicht Acht gehabt darauf vor lauter Eisschießen, haben Hüt’ und Hauben nicht abgetan, nicht gebetet, nicht einmal einen guten Gedanken gemacht!
Nur damisch sind sie schon schier worden und haben einander ganz aufgeregt zugerufen. Ein Sterndl nach dem andern blitzte am Himmel auf. — Endlich, wie’s schon so finster ist, daß die zwölf Burschen das „Mäuserl“ oder die ,“Taube“ nimmer sehen, hatten sie doch mit dem Spielen aufgehört. Jeder nimmt seinen Eisstock über den Arm oder die Schulter und sie wollen nach Hause gehen, über den Kirchengang wollen sie heimgehen; denn sie wohnen droben auf der Höh’, —- da sehen sie auf einmal, — daß sie ja nicht mehr ihrer zwölfe,— daß sie ihrer dreizehn sind!
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Wer ist denn der Dreizehnte? Sie lugen ihm unter den Hut, aber es ist schon so finster, daß sie sein Gesicht nicht mehr recht sehen können. „Wer bist denn?“ fragen sie.
Er lacht. „Halt a oaner von enkerer Paß!“.-
Er lacht ganz eigens, nicht gut, so daß einem ein bißel angst werden könnt’. Noch einmal probiert’s einer der Burschen, derweil sie die Stiegen zur Kirche hinaufsteigen: „Sag’ doch dein' Nam', Dreizehnter.
„Woaßt’n eh“, gibt der zurück. Sie wollen einen Spaß machen, aber es tut nicht
recht. Der Dreizehnte hatte harbe
Antworten auf alles, was sie sagen.
Mit dem wird’s leicht zum streiten. Sie
fangen an, ihn zu fürchten; er ist überhaupt
ein unheimlicher Gesell. Sie werden recht
still, beklommen.
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So kommen sie auf den Friedhof. An der Ostwand der Kirche ist das Bild des heiligen Christophorus, der das Christlindl auf der Schulter hat. In der Kirche drinnen, hinter dem Bild, ist der Altar und darin verwahrt das Allerheiligste.
Merkwürdig, jetzt geht er langsamer, der Dreizehnte. „Na, kimm nur mit“, schreit einer der Burschen, der keckste vou allen, „bist so weit mitganga, - woas hätt's denn hiatzt auf amal“ Und er geht mit ihnen, über den Friedhof. Aber am Kirchengang, grad vor dem Bild des Heiligen, hinter dem das Sakratnent verwahrt ist, macht er, der Dreizehnte, einen wilden Satz auf die Umfassungsmauer und von dort weg hinunter in die Tiefe, wo er verschwunden ist.
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Die Zwölfe bleiben stehen, schauen entsetzt nach, sehen nichts in der Tiefe, hören nichts mehr. Grausen erfaßt sie. Sie bekreuzen sich und gehen ernst und zittrig weiter. Jetzt erst ist’s ihnen eingefallen, daß das Gebetläuten schon lange vorbei sein muß, daß sie’s überhört haben und weitergespielt haben - weil sie der Spielteufel erfaßt gehabt hat. —-
Und einer sagt’s leis’ dem andern: Er wüßt’ jetzt wer der Dreizehnte gewesen sei. —- — —-
Am andern Tag aber, grad an der Stell’, wo der hinuntergesprungen ist, war die Spur einer Tatze in den Stein der Umfassungsmauer eingedrückt, die »Teuselspratzen«. Der Teufel war’s gewesen, der vor dem hochgeweihten Ort nicht hat vorbeimögen - Von den zwölf Eisschützen hat seither keiner mehr das Gebetläuten überhört. Aus dem Randststein der Kirchengangmauer war aber bis in unsere Tage ein tatzenähnlicher Eindruck sichtbar, und als »Teufelspratzen« allen bekannt.
Leider aber verwischte die Zeit hier sogar die Spur des Teufels. Vor etwas mehr als zwanzig Jahren drohte die ganze Friedhofs- und Umfassungsmauer in den Markt hinabzustürzen Man mußte ihn verstärken und stützen mit frischen Steinen, Eisen und Zement. Die ganze Mauer wurde überzementiert und durchwegs höher und schmäler gemacht und dabei die »Teuselspratzen«, dies alte, sagenhafte Wahrzeichem leider unter dem Zement begraben.
Die Geschichte ist aus dem Linzer Volksblatt vom Sonntag, 30. Dezember 1928.
Geschrieben von L. Novak = Wels
Ich danke den Hirlatzer Teufel Hallstatt für die schönen Fotos.
Das erste, gezeichnete Bild ist von Carl Goebel.
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