Ein Bericht aus dem Jahre 1874 der Neuen Illustrirten Zeitung.
Im Dorfe St. Agatha soll eine Schulbibliothek errichtet werden.
Dazu gehört Geld, nicht gerade viel Geld, denn die Bibliothek wird sehr einfach angelegt sein, aber selbst das Wenige, das man braucht, muß erst herbeigeschafft werden.
Da kommen Pfarrer und Schulmeister auf die Idee, ein Volksconcert zu veranstalten. Ein kleines Eintrittsgeld schreckt die wohlhabenden Bauern, die am Hallstätter See wohnen, nicht ab. Sie zahlen es gerne, schon deswegen, weil sie wissen, daß sie damit etwas für die Bildung ihrer Kinder thun. Nebenbei ist's ja auch lustig, solch ein Concert, und bei der Musik läßt sich's ganz angenehm trinken und kosen. Wer unbeweibt ist, begnügt sich mit seinem Töpfchen Bier, wer einen Schatz hat, macht ihm zur Musik den Hof. Etliche Städter mengen sich unter die Bauern, und die ärmeren Leute, denen das Eintrittsgeld zu hoch ist, versammeln sich außerhalb des Zaunes als „Gratisblitzer,“ ein eben so muthiger als erfindungsreicher Jüngling, welcher die Musiker nicht nur hören, sondern auch sehen will, hat sich einen Sitzplatz auf einem nahen Baume improvisirt. Die Musikanten, welche sich aus der tüchtigen Bergwerkscapelle von Hallstatt rekrutiren, spielen ihr Lustigstes auf, und wenn nicht das Erscheinen des Pfarrers einige Feierlichkeit in die Versammlung brächte, würde Alles eitel Lust sein. Ein Knabe bringt, wie man sieht, während die Kapelle tüchtig musicirt, dem Pfarrer eine kleine Huldigung dar, der Wirth stellt ein leeres Faß neben das andere – die Leute trinken für die geistige Zukunft der Jugend, was Zeug hält. Ein Vertreter der Jugend balgt sich mit einem sichtlich gut gelaunten Hunde, während ein Säugling, von seiner Mutter auf den Händen getragen, schreit und strampft – wir wissen nicht, ob sein Mangel an musikalischem Sinne oder seine Abneigung gegen das Priester- kleid ihn zu so demonstrativem Vorgehen veranlaßt. Der Leser wird sich diese Frage beantworten, je nachdem ihm ein Musikant oder ein Pfarrer lieber ist.
Aus die Brandstatt von Minna Kautsky 1889
Der St. Aloisiustag war gekommen, den die Bergleute als den ihres Patrons festlich begehen.
Schon vom frühen Morgen an war der Ort in Aufregung und Bewegung. Die Weiber und Kinder waren Sonntäglich geputzt und warteten auf der Straße, sich in Gruppen zusammenfindend, auf die Salzarbeiter, die, vom Sudhaus aus mit ihren Fahnen unter den Klängen der Musik, die ihre eigene Capelle aufführte, hier vorüber nach der Kirche zogen, wohin sie sämmtlich commandirt waren, und wo eine große Messe mit allem Gepränge celebrirt werden sollte.
Am Nachmittage gedachten die Arbeiter mit ihren Frauen und Mädchen im unteren Wirtshause sich zu einem Tänzchen zusammenzufinden.
Vroni durfte nicht fehlen und sie hatte versprochen Käthe mitzunehmen;
sie sollte tanzen, zum erstenmale in ihrem Leben. Mit keinem anderen als mit Willibald, dachte sie und dieser Gedanke hatte für sie etwas bängliches und frohes zugleich, das sie verwirrte.
Sie hatte ein einfaches nettes Dindlg’wand angelegt, das sie überaus nett und jungfräulich kleidete, und war nun beschäftigt, der Vroni den letzten Schmuck, die schweren silbernen Ohrgehänge in die zerrissenen und wieder durchstochenen Ohren zu hängen, als die Trompeten und Hörner einsetzten und der Zug herankam.
Sie traten auf die Stiege heraus, um ihn vorüberkommen zu sehen.
Der Michel war unter den Bläsern und er schritt so frisch und stramm einher und blies so kräftig und munter, dass der Vroni in Freude und Stolz die Augen leuchteten.
„Wie der Mann wieder beisammen ist“, sagte sie, „wer hätt’ denn das g’laubt, der Doctor hat mir neulich g’sagt, dass er keinen Heller mehr für ihn geben hätt‘!“
Jetzt kam ein Trupp der Jüngeren in geschlossenen Reihen mit der Bergwerksfahne heran. Sie trugen die schwarze enganliegende Bergtracht, mit Schurz und Grubenlicht, den Kragen, die Aermel, das kleine Käppchen mit den gekreuzten Hämmern, dem Embleme der Grubenarbeiter, geziert.
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